Wer auswandert, sollte einen Priester mitbringen
– so lässt sich der Rat eines deutschen Pfarrers in Südbrasilien zusammenfassen. In seinem 24-seitigen Bericht darüber, warum man besser nicht auswandern sollte, warnt er eindringlich vor den Schattenseiten des tropischen Lebens: Mais (Milreis) als eintönige Hauptnahrung, gefährliche Krankheiten wie Elephantiasis, ein beschwerliches Dasein ohne Winterpause, da das Land das ganze Jahr über bewirtschaftet werden kann – und Schlangenbisse, die quasi zum Alltag gehören sollen.

Dabei klang das Ziel der Auswanderung durchaus idyllisch: Die Siedlung Tirol im Bundesstaat Espírito Santo wurde 1859 von Tiroler und Vorarlberger Familien (hauptsächlich aus dem Stubai- und Inntal) gegründet. Das Dorf liegt inmitten von atlantischem Regenwald, etwa 80 km von Vitória entfernt, und war ursprünglich als landwirtschaftliche Kolonie gedacht. Heute erinnert Tirol eher an eine Mischung aus Alpendorf und Tropenidyll – mit katholischer Kirche, traditionellem Handwerk und deutsch-österreichischem Erbe, das sich in Kultur und Architektur widerspiegelt. Wie es Ihnen erging lesen wir hier in einem Bericht.
Und der Pfarrer vom Anfang? Der räumt zum Schluss ein: Wer mit einem Geistlichen auswandert, erhält Sonderkonditionen – nicht nur bei der Landvergabe. Seine düstere Warnung wirkt am Ende eher wie ein moralischer Hinweis: Nur wer nicht allein an gutes Klima und wirtschaftliche Chancen denkt, sondern auch für das Seelenheil sorgt, hat eine echte Perspektive in der Neuen Welt.

(Barbara Jell, Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, B-13359)