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Vom Rain In Die Au (Die Innsbrucker Botenzentrale II)

Vom Rain in die Au (Die Innsbrucker Botenzentrale II)

Die Aufnahme der „Botenzentrale“ als eigene Rubrik in den Adressbüchern ab 1938 hängt vermutlich ursächlich mit ihrer Umstrukturierung und Übersiedlung zusammen. Am 2. März 1937 berichteten die Innsbrucker Nachrichten über den “Neuaufbau des Botenwesens in Innsbruck“. Die Kirchmair’sche Botenzentrale an der Ecke Innrain/Bürgerstraße habe nämlich „wiederholt Anlaß zu Beschwerden und behördlichen Interventionen“ gegeben und durch die räumlichen Gegebenheiten „mitten in der Innenstadt“ waren hier keine Lösung möglich. Für das Blaas’sche Pendent dürfte das noch mehr gegolten haben, befand sich diese doch ‚mitten in der Altstadt‘ an der Ecke Herzog-Friedrich-Straße/Hofgasse.

Wie Gewerbeunterlagen aus dem Jahr 1938 zu entnehmen ist, hatte die Betriebsanlage in der Bürgerstraße „seit mehreren Jahren […] als Provisorium“ bestanden. Die Anrainereschwerden über übermäßige Lärm- und Abgasbelästigungen einerseits, kombiniert mit behördlichen Bedenken der Sicherheits-, Gesundheits-, Feuer- und Verkehrspolizei führten zunächst zu langwierigen Begutachtungen und Verhandlungen. Etwa ein Jahr nach Kirchmairs Genehmigungsantrag vom Februar 1937 wurde dieser im Februar 1938 abgewiesen und der Standort in der Folge geschlossen. (Zl. I-731/1938)

Zu diesem Zeitpunkt waren aber längst schon Alternativen gefunden. Noch vor Kirchmairs behördlichem Antrag schlossen sich im Jänner 1937 mehrere Geschäftsleute zu einer Kommanditgesellschaft zusammen, pachteten den aus Beton und Ziegel gebauten Flungerstadel in der Höttinger Au und funktionierten ihn zu einem „modernen Betrieb“ um, der im März 1937 unter der Adresse Höttinger Au 34 seine Arbeit aufnahm. Die vier Meter breite Einfahrts- und Ausfahrtsrampe sorgte für rasche Abwicklung, ein zweieinhalb Meter langes Vordach für Schutz bei schlechter Witterung.

Brieffächer und eine eigene Telefonanlage mit drei Telefonzellen wickelten die Kommunikation mit den Boten ab. Ein Inkassodienst sowie Fahrrad- und Eilbotendienste standen ebenfalls zur Verfügung. In der Stadt selbst waren fünf Paketsammelstellen eingerichtet: für die Altstadt Seilergasse 7; für Pradl die Pradler Straße 51; für den Saggen Schillerstraße 5; für Wilten Leopoldstraße 36 und für die Bahnhofsgegend Südtirolerplatz 4.

Um den Umstieg möglichst zu erleichtern, wurden sowohl die bisherigen Botennummern als auch die bisherigen Spesenbeiträge beibehalten. Apropos Zahlungen: die Lage an der Grenze zwischen der Gemeinde Hötting und der Stadt Innsbruck wurde dazu genutzt, auch die Bescheinigungen für die sogenannten Gefällsabgaben sowie Transitscheine über die Botenzentrale abzuwickeln.

Ein Jahr später hatte sich das mit den Abgaben zwischen Hötting und Innsbruck dann erledigt. Die Verlegung der Botenzentrale erwies sich dennoch als vorausschauender Schritt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat am 2. Juli 1938 eine neue Straßenverkehrsordnung in Kraft, die keine öffentlichen Standplätze für Lastwagen kannte, womit die Standorte am Innrain und in der Altstadt „notgedrungen aufgelassen werden“ mussten. (Zl. I-731/1938)

Die Botenzentrale in der Höttinger Au hatte über 30 Jahre lang bis 1969 Bestand, bevor der Betrieb in neuer Form an den Standort Neuhauserstraße (heute Duilestraße) übersiedelte. Schon 1957 war dort eine Außenstelle eröffnet wurden. Nicht nur die Kommentare zu vergangenen Beiträgen zeigen aber, dass die Höttinger Au „die einzig wahre Botenzentrale“ war. Noch 40 Jahre später war das Gelände unter diesem Namen bekannt, bevor es Anfang der 2000er-Jahre neu bebaut wurde.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, KR-NE-8076)

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Zwei Dinge wollen mir hier besonders auffallen:

    1) Das Etablissement „Rössl in der Au“, das im kollektivem Gedächtnis älterer Innsbrucker:innen ebenfalls bis heute überlebt zu haben scheint (wozu auch beitragen mag, dass das jetzt an dieser Stelle liegende Studierendenheim informell auch noch so genannt wird). Ich las den Namen zum ersten Mal in einem Übersichtsplan für den Umbau dieses Kreuzungskomplexes um 2007 herum. Endlich sehe ich davon ein Foto und wo es genau war.

    2) Die Haltestelle links im Bild. Zuerst glaubte ich einem Irrtum zu unterliegen, als ich die Form eines Haltestellenlöffels erkannte, wäre dieser doch riesig, wenn der Schilderbaum wie zuerst angenommen auf der anderen Straßenseite stünde. Aber das tut er gar nicht, er steht mitten in der Kreuzung, hat offenbar auch einen winzigen Bussteig und zwei Fahrgäste warten dort. Ein gutes Beispiel für eine nach alter IVB-Tradition jegliche bauliche Infrastruktur vermissen lassende Verknüpfungshaltestelle. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sich das Warten dort bei feuchtkaltem Wetter und auf allen Seiten vorbeitosendem Berufsverkehr angefühlt haben mag.

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