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Tagebuch Einer Reise (I)

Tagebuch einer Reise (I)

Vor einiger Zeit schenkte uns eine ältere Dame eine Handschrift, die nach ihrer Auskunft von Johanna von Wallpach verfasst worden war. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass es sich um das Reisetagebuch eines gewissen Joseph Jaud handelt, der wohl in München gelebt hat und sich am 1. August 1868 gemeinsam mit Johann Baptist Trappentreu (vermutlich ident mit dem gleichnamigen Münchner Wirt, Bierbrauer und Mäzen) und Karl Sickl auf eine größere Reise begeben hat. Auch wenn es somit keinen unmittelbaren Bezug zu Innsbruck (oder Tirol) gibt, handelt es sich doch um ein besonderes Zeitdokument, das interessante Einblicke in Reiseerfahrungen des 19. Jahrhunderts eröffnet. Wenn Sie nun neugierig geworden sind, so packen Sie schnell Ihren Koffer, lösen eine Fahrkarte 2. Klasse und los geht’s!

I. Tag
Samstag am 1. Aug. 1868 tratten [sic] Herr Johann Baptist Trappentreu, Herr Karl Sickl und ich mit Namen Joseph Jaud, die vielbesprochene Reise an. Die drei Fahrbillet II. Clss. kosteten 65 fl. 48 xr. Wir fuhren mit dem Schnellzuge um 7 1/2 Uhr Morgens nach Wien. Es war regnerische Witterung, um desto mehr freute und überraschte uns die freundliche Begrüßung an der Station Bergen, bedauerten nur, daß unser Zug hier nicht anhielt, und gar so schnell vorbeifuhr. Um 12 Uhr Mittag trafen wir in Salzburg ein, die erste unangenehme Gepäckvisitation fand hier statt. Das Wetter hatte sich jetzt aufgeheitert, die Sonne schien mild und freundlich auf den Schloß- und den Kapuzinerberg. Ein Mittagsmahl wurde eingenommen, welches 3 fl. kostete und es mußte schnell genossen werden; zwar [Textverlust] passend zu dem jetzigen rasend schnellen Reisen. Nachdem viele Städtchen und Dörfer den Tag über, gleich Nebelbilder, an uns vorüberschwanden, kamen wir Abends 9 Uhr am Westbahnhof in Wien an; bestiegen einen Omnibus für 36 xr., welche geschmackvoll gebaut sind, und mußten zum Überfluß noch eine ganze Stunde durch viele brillant beleuchtete Strassen und Plätze fahren, bis wir am äußersten Ende der Praterstraße in der schönen Leopold-Vorstadt im Hotel Norbahn abstiegen. Wegen dem Schützenfest mußten wir uns mit einem förmlichen Botenzimmer begnügen. Um desto angenehmer war es in dem kleinen [Textverlust] Gärtchen, welches verschwenderisch mit …gas [? Textverlust] beleuchtet war, und man delikat aß und trank [?]. Nach eingenommenen Nachtmahle, legten wir unsere steifen Glieder zur Ruhe.

Reistetagebuch von Joseph Jaud
Auszug aus der Fremden-Liste, publiziert in: Neues Fremden-Blatt, 4. August 1868.

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