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Sonne Im Schatten

Sonne im Schatten

Ein farbiges Diapositiv aus der NS-Zeit zeigt den Südtiroler Platz an einem strahlenden Wintertag. Es ist – wohl der neuen Technik geschuldet – nicht ganz scharf; dennoch kann man die Hotelaufschriften Europa und Tyrol entziffern. An der Haltestelle steht eine Reihe Busse, die Aufschrift „Stubaital“ lässt sich nur mit viel gutem Willen erahnen. Ein potemkinscher Obelisk, flankiert von zwei Hakenkreuzfahnen, bewirbt das Winterhilfswerk. Die Uhrzeit kann nicht abgelesen aber geschätzt werden, es dürfte dem Stelen Einfallswinkel der Sonne aus der Salurner Straße nach späterer Nachmittag sein.

Das Hotel Goldene Sonne ist zu diesem Zeitpunkt schon zum Polizei-Hauptquartier mit angeschlossenem Gefängnis umgebaut; nach dem Verbot der NSDAP 1933 und den Februar-Unruhen 1934 hatte man die stolze Innsbrucker Stadtpolizei der neuen Bundespolizei einverleibt. Das Gebäude Südtiroler Platz 16 / Salurner Straße 2 war aus dem Eigentum des sozialdemokratischen Vereines „Arbeiterheim“ Ende März 1934 zwangsweise in staatlichen Besitz gelangt. Bis 1945 sind hier tausende Menschen kurzzeitig inhaftiert worden; auch Transporte in KZs wurden im Polizeigefängnis zusammengestellt.

Der Umstand, dass die Innsbrucker Stadtpolizei „dem Bund“ unterstellt wurde, hat heute auch viele praktische Folgen für die Archive der Region. So wandern alle Polizeiakten, auch jene aus der NS-zeit, die gerade in aller Munde sind, per Definitionem ins Wiener Staatsarchiv. Nur wenn dieses, was in der Regel bei klarem Lokalbezug geschieht, darauf verzichtet, kommen die Sachen ins Landesarchiv (Ausnahme bleiben die Personalakten). Auch bei den Innsbrucker Meldeunterlagen ist es so: Meldebücher und ganze Meldezettelgenerationen, die bis 1935 ausschließlich von Innsbrucker magistratischen Stellen erstellt und bearbeitet worden sind, liegen deshalb im Landesarchiv. Abhilfe können da nur groß angelegte Digitalisierungsmaßnahmen schaffen, die diese wichtigen Quellen auch für Recherchen im Stadtarchiv zur Verfügung stellen. Glücklicherweise herrscht zwischen den lokalen Archiven bis in höchste Ebenen Harmonie und Einigkeit darüber, dass das alles trotz der gigantischen Mengen an Zetteln und Daten passieren muss. Allein schon deshalb, weil das verwendete Papier der Meldezettel teilweise so schlecht war, dass diese nun nach 100 Jahren bei jeder forscherischen Berührung zu zerfallen drohen.

(Archiv Wilhem/Hofinger, ohne Sign.)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Diese Farbdias sind wirklich der Hammer. Unglaublich wertvolle (auch im materiellen Sinn) Zeitdokumente.
    Natürlich fällt mein Blick auch und gerade auf die Linienbusse, die da stehen. Von Stubaital sehe ich da nichts, das dürften alles Stadtlinienbusse des KVI (Kraftverkehr Innsbruck) sein, der 1941 mit der LBIHiT zu den Innsbrucker Verkehrsbetrieben fusionierte. Jedenfalls trugen diese Busse im offenbar goldenen Seitenband die Aufschrift „KRAFTVERKEHR INNSBRUCK“ und hatten am Dach das Liniensignal mit einer Nummer von 1 bis 7. Man sieht hier auch, dass die Busse dunkelblau waren. Dunkelblau-gold. Wie schade, dass davon keiner mehr erhalten ist! Bis zur Fusionierung waren sie die ärgste Konkurrenz zu den Straßenbahn- und Buslinien der LBIHiT, doch ich glaube, darüber habe ich hier schon mal geschrieben. Für mich ist das das erste Farbfoto von Innsbrucker Linienbussen dieser Generation, das ich sehe. Toll!

    Das Vorhandensein des Haltestellenschildes am Querspanner des Fahrdrahts der Straßenbahn (direkt über dem Uhrturm) legt eine Datierung von „vor 19. Juli 1939“ nahe, da mit diesem Datum im ganzen „Reich“ das heute noch vorhandene grüne „H“ auf gelbem Grund als Haltestellenzeichen eingeführt wurde.

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