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Sommer 1914 (II)

Sommer 1914 (II)

In den Tagen nach dem 5. Juli 1914 finden sich in Margarethe von Zepharovichs Tagebuch keinen Bezüge mehr auf die Ereignisse von Sarajevo. Der Sommer hatte vorerst eine Pause eingelegt: am 8. Juli 1914 notierte sie: „Heute 7h auf, waren aber nicht in der Kirche, da es in Strömen goß.“ Und tags darauf vermerkte sie: „Heute goß es fast ununterbrochen, ich stand spät auf, die Buben frühstückten bei mir und wir plauderten bis 11. Dann Wirtschaft etc.“ Am 10. Juli hatte sich das Wetter immerhin wieder soweit gebessert, dass Margarethe mit ihren Söhnen am Nachmittag nach Hall fahren konnte, um von dort zum Volderwaldhof zu spazieren. Gelegentlich gingen die Zepharovichs auch ins Triumph-Kino, so etwa am 13. Juli: „Nach der Jause gingen wir ins Kino, wo wir ‚Wilhelm Tell‘ u. noch anderes sahen, es war sehr hübsch.“ Drei Tage später feierte Karl von Zepharovich seinen 14. Geburtstag. Draußen regnete es wieder, daher verbrachten die drei – abgesehen vom morgendlichen Kirchgang – den Tag zuhause: „Abends zusammen gespielt, nach dem Essen wieder mit Carl bisl musiciert u. um 1/2 11 [Uhr] schlafen.“

Marie Freifrau Matz von Spiegelfeld (1831–1902), geborene de Mignot Gräfin von Bussy, verheiratet mit Franz Xaver Freiherr Matz von Spiegelfeld (1802–1885) k. k. Statthalter in Oberösterreich, mit ihren Töchtern Josephine (verheiratete Csávossy de Csávos), Franziska (verheiratete Gudenus) und Margarethe (verheiratete Zepharovich). StAI, Ph-A-24589-8.

In den 20. Juli startete Margarethe gemütlich: „Vm. im Bett gelesen, stand erst um 11 auf. […] Karl übte Geige. Nm. erweiterte ich Karls Hemden beim Kragen. 1/2 4 fuhren wir spazieren über Völs nach Kranebitten, goutirten dort u. kamen eben um 6 heim. Ich wollte erst weiter fahren, doch gaben wir es auf, da Zana etwas Bauchweh hatte, so daß ich schon fürchtete, es könne … [?] vom Blinddarm sein.“ Zum Glück erwies sich diese Befürchtung als unbegründet. Zuhause angekommen, erholte sich Alexander rasch …

Indessen standen die Zeichen längst auf Krieg. Am 14. Juli war in Wien der Beschluss gefasst worden, ein Ultimatum an Serbien zu richten. Fünf Tage später wurde in einer Sitzung des Gemeinsamen Ministerrates die weitere Vorgehensweise fixiert. Im Protokoll heißt es dazu:

Bevor der gemeinsame Ministerrat sich konstituiert und der Vorsitzende die Sitzung eröffnet, findet eine formlose Besprechung über die Redaktion der an Serbien zu richtenden Note statt und wird deren definitiver Text festgestellt.

Der Vorsitzende [Leopold Graf Berchtold] eröffnet hierauf den Ministerrat und beantragt, daß die Note der königlich serbischen Regierung am Donnerstag, den 23. Juli, um 5 Uhr nachmittags überreicht werde so daß die 48 stündige Frist am Samstag, den 25.1. M., um 5 Uhr nachmittags ablaufe und die Mobilisierungsverordnung noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag hinausgegeben werden könne. Nach Ansicht des Grafen Berchtold ist es nicht wahrscheinlich, daß unser Schritt noch vor der Abreise des Präsidenten der französischen Republik von Petersburg bekannt werden wird, aber selbst wenn dies der Fall wäre, würde er hierin keinen großen Nachteil erblicken, nachdem wir den Courtoisierücksichten genügt hätten, indem wir das Ende des Besuches abgewartet hätten. Dagegen würde er sich aus diplomatischen Gründen entschieden gegen eine weitere Verschiebung aussprechen müssen, da man schon jetzt beginne, in Berlin nervös zu werden, und Nachrichten über unsere Intentionen schon nach Rom durchgesickert seien, so daß er nicht für unerwünschte Zwischenfälle gutstehen könne, wenn man die Sache noch hinausschieben würde.

Mit Rücksicht auf diese Erklärung des Vorsitzenden wird einstimmig beschlossen, daß die Note am 23. um 5 Uhr nachmittags zu übergeben sein wird.

[…]

Der gemeinsame Ministerrat beschließt auf Antrag des königlich ungarischen Ministerpräsidenten, daß sofort bei Beginn des Krieges den fremden Mächten erklärt werde, daß die Monarchie keinen Eroberungskrieg führt und nicht die Einverleibung des Königreiches beabsichtigt. Natürlich sollen strategisch notwendige Grenzberichtigungen sowie die Verkleinerung Serbiens zugunsten anderer Staaten sowie eventuell notwendige vorübergehende Besetzungen serbischer Gebietsteile durch diesen Beschluß nicht ausgeschlossen werden.

Der  V o r s i t z e n d e  konstatiert hierauf, daß erfreulicherweise in allen Fragen vollständige Einmütigkeit erzielt worden sei und hebt hierauf den Ministerrat auf.

http://www.forost.ungarisches-institut.de/pdf/19140719-1.pdf

(Titelbild: Innsbrucker Nachrichten, 11.07.1914 / TB Margarethe von Zepharovich, Privatbesitz)

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