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Rechnen Mit Hausnummern

Rechnen mit Hausnummern

Warum es gerade in der niederen Mathematik ausgerechnet die sprichwörtlichen Hausnummern sein müssen, die als beliebig und unpräzise herhalten müssen, könnte einem Adressenforscher zweiten Ranges (der erste Rang bleibt immer für Peter Helfer reserviert) sauer aufstoßen. Aber den langmütigen Hausnummern ist auch das einerlei. Sie wurden von Kaiserin Maria Theresia vergeben, um die Steuerpflichtigen besser ihrem Besitz zuordnen zu können und wurden in Innsbruck vor ziemlich genau 150 Jahren abgeschafft, als auf Initiative des pragmatisch-liberalen Wilhelm Dannhauser die nicht nur im Sinne der Essenszusteller-, Postler- und Taxifahrerzunft bedeutend fortschrittlicheren Straßennamen eingeführt wurden.

Vorher waren die Innsbrucker Hausnummern für Außenstehende tatsächlich etwas undurchschaubar. In manchen Orten nach der Reihenfolge ihrer Errichtung vergeben, wurden die vorher in Innsbruck so chaotisch angeordneten Nummern ab den 1780er-Jahren halbsystematisch neu vergeben. Jede*r Stadtplanfanatische wird sich bei gemütlichem Studium des 1812er Planes (dessen geradezu astronomische Exaktheit und Vermessungsgenauigkeit ohne Satellitenbild den guten alten Brunnengucker Eratosthenes noch vor Neid erblassen lassen würde) ein Bild davon machen können, wie das ausgehend von der Innbrücke (und nicht von der Pfarrkirche wohlgemerkt) gewollte Nummernsystem abgelaufen ist. Trotzdem sieht der Plan aus wie ein Zeit-Raum-Innsbruck Beitrag nachdem ihn Kollege Matthias Egger das erste Mal korrekturgelesen hat. Rote Streichungen und Ersetzungen, verlangte Präzisierungen, enttarnte Ziffernwiederholungen, gerügte Unglaubwürdigkeiten. Denen man sich als Stadtvermesser natürlich stellen muss. Im Adressbuch von 1896 wurde eine nach Straßenzügen geordnete Umrechnungstabelle vorangestellt, in die von Auskennern auch wieder fleißig hineinkorrigiert wurde. Diese Tabelle ist die Grundlage der in Peter Helfers Häusermeer verwendeten Zuordnungen. Um die schnelle Umrrechnung der immerhin 780 Nummern in heutige Adressen übersichtlich darzustellen, gibt es im Häusermeer jetzt die Liste der Katasternummern. Die höchste Nummer ist 690, mit den vielen Zusätzen von a-h, ½, ¼ bleibt das Konzept ganz schön verwirrend. Anfang Juni 1874 war es dann so weit und die ersten Häuser der Altstadt bekamen ihre großteils heute noch verwendeten Straßennamen mit dem System der gerade Zahlen rechts und der ungeraden Zahlen links, Plätze wurden im Uhrzeigersinn nummeriert. Dazu ist auch exakt heute vor 150 Jahren ein Artikel in den Innsbrucker Nachrichten erschienen.

Vor 100 Jahren erschien in Innsbruck für kurze Zeit eine originelle Zeitung, die sich der Wohnungsmisere widmete („Der Obdachlose und Wohnungssuchende“). Darin wetterte der Chefredakteur und Herausgeber Alfons Dragoni mit Vorliebe gegen das hiesige Wohnungsamt. In einem Fiction-Artikel, in dem er sich 1923 ausdachte, wie das Wohnungsamt 1933 arbeiten würde, steht folgender originelle Absatz:

Wem das noch nicht genug magistratische Zahlenakrobatik war: Im Ortschaftsbuch, einem quasi-Volkszählungsbestand aus den mittleren 1780ern ist eine Vergleichstabelle abgedruckt, wie man auf die davor üblichen Häusernummern zurückrechnen kann (die praktischerweise beidseits des Inn doppelt ausgegeben worden waren). Das Ortschaftsbuch ist eine tolle Quelle, liegt als Scans vor und soll auch bald digital publiziert werden.

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