Paulus Rusch
Paulus Rusch (1903 – 1986) wurde 1933 in Innsbruck zum Priester geweiht. Danach war er Regens des Priesterseminars in Innsbruck. Bereits 1938 wurde er zum Apostolischen Administrator von Innsbruck-Feldkirch ernannt. Seine Ernennung zum Titularbischof von Lycopolis erfolgt kurz später. Ein Titularbischof ist einer, der keine reale Diözese leitet, sondern durch die Fiktion einer historischen, meist nicht existierenden Diözese, lediglich den Titel führt.
Am 26. September 1964 wurde Paulus Rusch zum ersten Diözesanbischof der gerade erst gegründeten Diözese Innsbruck ernannt. Diese Funktion behielt er bis 1980.
In seine Amtszeit fiel der Wiederaufbau. Durch seinen Einsatz für den sozialen Wohnbau wurde er im schwarzen Tirol bald zum „Roten Bischof“.
Gleichzeitig war er aber auch in Konfrontation mit Sigmund Kripp, einem der bedeutendsten Pädagogen/Jugendzentrumsleiter/Bauherrn/Visionärs/etc.etc., den es in Innsbruck je gegeben hat. Am Ende wurde Sigmund Kripp abgesetzt.
Es steht mir nicht zu, hier irgendwelche Wertungen abzugeben. Die Zeit habe ich in Innsbruck nicht miterlebt. Aber Kommentare sind immer willkommen.
Lieber Lukas, du wirfst da gerade ein rotes Tuch (für mich). Ich war/BIN MK-ler der alten Zeit und was dieser „Kirchenpatron“ in dn 70, 80er- Jahren geliefert hat bringt mein Blut noch heute in Wallung! Er hat die damals größte Jugendorganisation Europas torpädiert. Alle Nicht-1900-Kultureinrichtungn Innsbrucks gehen irgendwie auf die MK von damals zurück. Ich höre hier auf. Dieser Mensch war erzkonservartiv und das er sich auch irgendwo/wie sozial gezeigt hat kann ich nicht wirklich glauben.
Bravo Ritze ! (Als ebenfalls Alt-MKler darf i di doch so nennen ?)
Hier findet sich der offizielle Nachruf in den Innsbrucker Stadtnachrichten von 1986. Bischof Stecher charakterisierte seinen Vorgänger im Bischofsamt u.a. als einen Fels
im Strom der Zeit sowie als einsamen Wanderer und einfachen Menschen:
http://amtsblatt.stadtarchiv-innsbruck.at/bild.php?id=6948&suchtext=paulus%20rusch
Ich mochte sie beide nicht besonders.
Der erzkonservative Bischof Rusch war für die jungen Menschen nichtssagend und mir dem Pater Kripp SJ bin ich persönlich zusammengekracht, was mein Urteil natürlich der Befangenheit zeiht.
Der Gymnasialwelt unter Direktor Auer war die MK natürlich ein Dorn im Auge. Da gab es moderne Ideen, und wer weiß, was das Revoluzzerblättchen „Wir diskutieren“ (MK-Hauspostille) in der nächsten Ausgabe für Gedanken zur Diskussion zu stellen wagte. Zum Schluß rüttelte man noch an den Säulen des Gymnasiums.
Mein Einritt in die MK erfolgte wahrscheinlich aus Gründen der Mitmacherei. Der und der war dabei, da zog man eben mit. Es war nicht das Konzept von Pater Kripp, welches mich zum Beitritt bewog. Man kannte es garnicht.
Leider hat sich Kripp, ein kleiner Zornbinkel, wohl auf Grund einer simplen Verwechslung, bei einem Telefant mit meiner Mutter, die mich wegen einer nicht simulierten Grippe für das Fernbleiben von der Gruppenstunde entschuldigen wollte, völlig im Ton vergriffen und meine Mutter regelrecht beschimpft. Er glaubte, sie wolle mich nicht in die MK gehen lassen… Was hat er sich wohl schon von anderen Eltern anhören müssen?
Ich war aber beleidigt und ging nie mehr hin. Hinterher besehen auch nicht ganz schlau. Aber ich hatte lustige gute Freunde und ein nicht restriktives Elternhaus, ich brauchte die MK nicht. Viellaicht hatte ich mich auch schon innerlich verabschiedet.
Im Blick zurück war der Fall Kripp eigentlich vorprogrammiert. Der leicht zu Temperamentausbrüchen neigende P. Kripp war beim Ausloten seiner Grenzen gegen eine nicht wegzudiskutierende Mauer gerannt. Er hätte eben das „Marianische“ der Kongregation nicht in die Abkürzung verdrängen dürfen. Aber dann hätte er das für ihn falsche Publikum gehabt. Es ging einfach nicht.
Zu Rusch weiß ich nicht mehr als das eingangs erwähnte. Unser Religionslehrer traute sich sogar, eine seiner Äußerungen zu kritisieren. Es ging um die standesamtliche Ehe, in Ruschs Augen eine glatte Todsünde. „Ein Standesbeamter kann kein Sakrament spenden“. Das Sakrament der Ehe spenden sich aber die Eheleute. Und jeder Christ darf in Todesgefahr die Nottaufe erteilen. Der Bischof irrt 🙂 . Und er erzählte auch von einem Eklat bei der Einweihung der Piuskirche. Ein Bild erregte den Oberhirten derart, daß er es mit einem „Non dignum est!“ von der Zelebration ausklammerte.
Irgendwo habe ich auch ein exemplarisches Exemplar einer Rusch’schen Fastenordnung von 1948 gepostet. Da wehte ein anderer Wind.
OFF THread: Weiß wer, wo in Terlago das Ferienlager war? Ich habs vergessen.
Bei der Einweihung
Bezüglich See kann ich vielleicht aushelfen:
Zu TERLAGO gehören, wie schon der Name sagt, natürlich drei Seen:
Der Lago di Terlàgo,1,6km lang, an der breitesten Stelle 330m, 9.30m tief (wenns noch stimmt, er hat in der Zwischenzeit einmal zu stinken begonnen und ich weiß nicht, ob sie das wieder hinbekommen haben,) dann:
.Der Lago Santo auf 713m Seehöhe, 78m lang, 13m tief ,
und 150 m entfernt dann:
Der Lago Lamàr. 714,m Seehöhe, 43m lang, 16m tief.
Und? Ja, ich weiß (aus der TT natürlich) daß die MK unter Kripp da bei Terlago waren – und ich rechne es allen „von“s und „zu“s hoch an, daß für sie noch die alte Verbundenheit mit der gesamten Grafschaft Tirol gilt.
Und die „Ora“, den Wind vom Gardasee- ab Punkt 2h nachmittags? Oder hat man sie bei diesen Seen – ein bißl „ums Eck“, gar nicht gespürt?
Siehe Beitrag „Im Valle dei Laghi“ !
Ja, ja, schon wieder die alte Stepanek!
Wissen Sie, ich habs lustig gefunden, daß beim „Valle dei Laghi“ Bild vom Herrn p.t.Brunner sofort die Ferienlagererinnerungen der MK dahergepurzelt sind – die aber mit dem Foto aus dem 1. Weltkrieg eigentlich nichts zu tun haben.
Das Foto von Herrn Brunner dürfte nämlich die Verteidigungslinie am Dos della Bastia zeigen, knapp südlich (südwestlich) des Marktortes V e z z a n o ., von wo es dann hinabgeht zum Lago di Sta. Massenza,
der mit dem Toblinosee verbunden ist.
Im Buch 60° anniversario Cassa Rurale di Vezzano finden sich 2 Fotos, auf welchen man noch die Mauerreste der Verteidigungslinie des 1. Weltkriegs sieht.
Der Verfasser des Buches, der Lehrer Cesare Garbari, war nämlich ein ganz „naher Verwandter“ – und zwar war er der Großneffe meiner Stiefurgroßmutter.
(Meine Großmutter war froh, in Innsbruck doch ein gutes Stück weg gewesen zu sein von zuhause)
So! Und da die einen beim Brunnerschen Kriegsbild sofort vom Ferienlager geschrieben haben, darf ich wohl beim Paulus Rusch (und den MK-Erinnerungen) etwas vom Standort des Brunner-Fotos schreiben
und sagen „Schuld ist schon wieder dieser Fink! Der hat mi einig’rittn mit sein Stichwort „Valle dei Laghi“
Frau Stepanek ! I reit Sie ja gern eini – warum ? Ein unglaubliches Wissen und dabei immer wieder luschtig. Eigentlich solltens a Buch schreiben mit all diesen Erinnerungen ?
Grad lies i in der TT, daß der Kripp – der „Lieblingsfeind“ vom Bischof Rusch – jetzt Innsbrucker Ehrenbürger worden isch . bin g’spannt, ob sich a paar MK-ler melden…
Aber gell! – die Mentalitätsunterschiede! Der Rusch war halt, obwohl (glab i) in München geboren, eben „alemannischen“ Stammes – und bei „echten Tirolern“….(denen’s da glei scho die Haar aufstellt) nit unbedingt der 100% Richtige….
I kannt Ihnen a Postgschichtl erzählen – von an Innschbrugger (in der Höttinger Au aufg’wachsn) und oan „vom Gestade des Bodensees“ – und grad dee zwoa sein sich gegenüberg’sessn…..
Und obwohl boade regelmäßig wegen dem andern seiner Sturheit und dem oan seiner lockern Auffassung am Rand von an Nervnzusammenbruch gwesn sein – moanens, oaner hatt nachgebn?
Nitt um die Burg!
In der Österreichischen Mediathek kann man ein interessantes Interview mit dem Diözesanbischof Paulus Rusch nachhören. Das Interview ist von 1968. Darin berichtet der Bischof u.a. über seine Erfahrungen in der NS-Zeit:
https://www.mediathek.at/katalogsuche/suche/detail/atom/01782AD5-38A-00C18-00000BEC-01772EE2/pool/BWEB/
Interessant ist auch die Stimme des Bischofs zu hören, der eine ganz charakteristische Sprechweise hatte.
Auf den Fremdenverkehr in Tirol angesprochen, spricht der Bischof u.a. folgende Worte:
„Wer hat Euch denn dieses Land mit seinen hochragenden Bergen geschenkt? Das ist Gott, der Schöpfer der Welt. So seid Ihr auf Ihn angewiesen. Seid ihm dankbar, dass er Euch dieses schöne Land mit seinen Bergen und Flüssen und grünen Tälern geschenkt hat, wohin die Fremden so gerne kommen.“
In diesem Interview kommen sein Weltbild und seine Denkweise wohl ganz gut zum Ausdruck.
Danke für den interessanten Link!
Die Mk – das war ja nicht nur der Pater Kripp. Das war: Treffen und Austausch mit (Schul)freunden, Veranstaltungen (sehr gefragt, wenn Mitgliederinnen aus der Mädchen-MK herüberströmten), Kino, Senfbrot- oder Würschtelessen, Tischtennis, Journaldienst, Turnsaal, Nachhilfe (wenn man´s braucht hat), Freitagmorgenmesse mit anschließendem Tee und Schwarzbrotessen, Terlago, Zenzenhof, Kühtai, usw. usw.usw. Ein echt tolles, modernes, aufgeschlossenes Jugendzentrum. Und was uns am Meisten geeint hat, war die Musik – hallo, die Sixties !!! – Beatles (ich weiß noch gut, wie einer meiner Schulfreunde mit dem brandneuen weißen Beatles-Album aufgetaucht ist – „Was ? Der hat das WEISSE Beatles-Album schon ?“), Rolling Stones, (damals schon die Rivalitäten Beatles- gegen Stones-Fans), Cream, Jimi Hendrix, Manfred Mann, Troggs, Kinks, Who usw. usw. usw., und dann als Krönung Woodstock. Unglaubliche und bis heute unvergeßliche Erlebnisse.
Zum Rusch fällt mir nur eins ein: De mortuis nil nisi bene. Mehr nicht
Als MK-Urgestein (Gruppenführer, Gipfelkreuz Kemmacher, Zeltlager Terlago, Mittergrathütte, Kennedyhaus) habe ich viel fürs Leben gelernt und möchte diese Zeit auch nicht missen.
Eine Episode die zeigt wie unleidlich und unehrlich das Klima damals war: Probst Huber als Fachinspektor für den Religionsunterricht berichtet in einem Brief an Bischhof Rusch, Landeshauptleute und 10 Schuldirektoren über die Empörung und Entrüstung und bezichtigt Kripp des völligen Libertinismus (S. Kripp, Abschied von Morgen S.162ff). Wissende kennen aber den weiteren Weg von Probst Huber.
Der riesige Erfolg der Jugendarbeit war sicher auch auf die damalige Wirtschaftslage und das Aufbegehren der Jugend zurückzuführen. Jahre vor der 68er Revolution hat es Pater Kripp verstanden, uns im positiven Sinne zu verändern aber auch alles zu hinterfragen und Autoritäten nicht von vorneherein als gegeben hinzunehmen. Das Wir stand immer über dem Ich.
Heute ist die Ausgangslage wegen der medialen Globalisierung und des technischen Nachrichtenpotenzials auch für den Einzelnen eine wesentlich schwierigere – ich bin mir aber sicher, dass unser jüngster Ehrenbürger Innsbrucks dank seiner Persönlichkeit und cleverness Erfolge aufweisen könnte.