Kletterfürst gegen Dichterfürst*
Gestern vor 70 Jahren hat der gebürtige Innsbrucker Hermann Buhl erstmals den Nanga Parbat erklommen – viele von Ihnen werden die entsprechenden Zeitungsmeldungen verfolgt haben. Nach einem ungeheuren Kraftakt und angetrieben vom Methamphetamin Pervitin stand Buhl am 3. Juli 1953 auf dem neunthöchsten Gipfel der Erde und trug sich damit in die Geschichtsbücher ein. Schon davor hatte er zahlreiche Gipfel über teils schwerste Routen im heimatlichen Karwendel und in den Alpen bestiegen und sich damit einen Namen gemacht, nun war er auch über Alpinkreise hinaus eine Berühmtheit.
Wenige Jahre nach seiner Erstbesteigung des Nanga Parbat kehrte er zu den höchsten Bergen der Welt zurück und bestieg mit einer österreichischen Expedition den Broad Peak. Damit war er zum damaligen Zeitpunkt gemeinsam mit Sherpa Gyaltsen Norbu der einzige Mensch der zwei Achttausender erstbestiegen hatte – später sollte noch Kurt Diemberger in diesen erlauchten Kreis eintreten. Wenige Wochen später stürzte Buhl an der Chologisa mit einer Wechte ab. Sein Leichnam wurde nie gefunden.
Für mich als Nachgeborenen waren die Geschichten über Buhl stetige Begleiter und seine veröffentlichten Tagebücher fesselnde Lektüre. Besonders fasziniert hat mich immer die Geschichte von seiner Fahrt mit dem Fahrrad von Landeck zum Piz Badile, die anschließende Alleinbegehung der Nordostwand dieses Granitgiganten und die Rückfahrt nach Innsbruck ohne größere Pause – und am Ende so übermüdet, dass er am Fahrrad eingeschlafen und in den Inn gestürzt ist.
In Innsbruck erinnert seit einigen Jahren der Platz vor der Bergstation der Hungerburgbahn an den Sohn der Stadt. Bis dahin war er mit dem Hermann-Buhl-Weg geehrt worden, der vom Hafelekar in die Pfeis führte. Ebendieser Weg hatte bis 1977 den Namen Goetheweg getragen und war dann nach dem Alpinisten benannt worden. In Anbetracht dessen, dass der Charakter des Weges allerdings wenig dem Vermächtnis Buhls entsprach, entschloss man sich kurz nach der Jahrtausendwende doch wieder, dem Weg seinen ursprünglichen Namen wiederzugeben. Buhl erhielt stattdessen eine Gedenktafel auf der Hungerburg und die genannte Namensbenennung des Platzes vor der Station.
Im heutigen Titelbild sehen Sie eine augenzwinkernde Erinnerung an den seinerzeitigen Sturz des Dichterfürsten und die damals nicht unumstrittene Umbenennung. Während die Befürworter*innen in erster Linie mit den Leistungen Buhls und damit argumentierten, dass nach Goethe bereits eine Straße benannt sei, konterten die Gegner*innen, dass der Name Goetheweg tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sei und eine Umbenennung auch stets ein Werturteil enthalte. Die Kritik richtete sich im Übrigen vor allem gegen die Umbenennung, eine Anerkennung der Leistungen Buhls, etwa durch die Benennung einer Straße, stand weitgehend außer Frage. Diejenigen Gemeinderäte, die die Entscheidung nicht mittragen wollten, schlugen daher vor einen „extremen Weg“, etwa den Brandjoch-Südgrat nach Buhl zu benennen und nicht den „Patschenweg zur Pfeis“. Schließlich wurde der Antrag des Stadtsenats aber doch angenommen, nachdem Bürgermeister Lugger an den Gemeinderat appelliert hatte, bei „voller Wertschätzung für Goethe trotzdem diesem Antrag die Zustimmung zu geben.“
* Das Wortspiel im Titel entstammt einer Wortmeldung von Gemeinderat Walter Ebenberger, anlässlich der Diskussion um die Benennung des Goethewegs in Hermann-Buhl-Weg auf der Nordkette am 16. Juni 1977.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Bi-0197)
Und ich dachte immer der Gleirschjöchlsteig https://www.openstreetmap.org/relation/3157346 heißt Hermann Buhl Weg (dort gab es zumindest einmal ein solchen Wegweiser). Er wäre zumindest etwas exponierter.
Den Goetheweg kannte ich immer nur unter diesen Namen.
Jedenfalls fallen mir dazu zwei eher despektierliche Gedichte mir Alpinismusbezug ein, die wohl im Forum bekannt sein dürften:
Einerseits: Am Nanga Parbat liegen ganz cool….
Anderseits: Wassermaus und Kröte stiegen eines Abends spöte…