Keine Fische für Herrn Spörr
Hand aufs Herz: Wer von Ihnen, insbesondere von der jüngeren Generation, hält noch die Fastenzeit ein? Mit Ausnahme vom Aschermittwoch und Karfreitag vielleicht? Wobei ersterer ja auch zum Teil vom Fastentag zur Fischschlemmerei verkommen ist. Und wer weiß überhaupt noch, dass eigentlich auch der Advent eine Fastenzeit ist? Dass „die Sonntage der Fastenzeit aber grundsätzlich vom Fasten ausgenommen sind“, das so muss ich gestehen, war mir auch nicht mehr so präsent.
In früheren Zeiten, das ist den Älteren und den einschlägig Belesenen von Ihnen sicher bekannt, waren sowohl die kirchlichen Regeln an sich als auch Ihre Befolgung noch deutlich strikter. Und so ließ sich Martin Spörr, seines Zeichens „Musikdirektor in Innsbruck“, 1894 aus medizinischen Gründen ausdrücklich vom Fasten dispensieren. Mit Ausnahme von Weihnachtsabend, Aschermittwoch, Gründonnerstag und Karfreitag. Wie der Vordruck betonnt, ist „dabei zu beobachten, sich vom gleichzeitigen Genusse von Fischen an gebotenen Fasttagen zu enthalten“. Und Spörr wurde angewiesen, als kleinen Ausgleich „ein anderes gutes Werk zu verrichten“.
Dem Fasten abgeneigte Leserinnen und Leser könnten an dieser Stelle mit spitzer Zunge anmerken, dass die Dispens, beziehungsweise der handschriftliche Zusatz, bereits als gutes Werk gelten könne: „An dieser Dispens können auch dessen Frau u. die jeweiligen Dienstboten partizipiren“, heißt es hier nämlich. Frau Spörr und dem Küchenpersonal blieb es somit erspart, den Dispensierten in der Fastenzeit mit üppigen Fleischspeisen zu bekochen, während sie selbst sich mit den Beilagen – oder anderen Gerichten – begnügen mussten.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, VO-1910)
Auch 1948 wehte noch ein anderer Wind:
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Zu meiner Zeit, etwas später, sage ich nur Stockfisch.