Kann eine Tankstelle romantisch sein?
Für einen Menschen, der nicht Autofahren kann, stellt sich diese Frage normalerweise nicht. Wie das bei Automobilisten ist, weiß ich nicht.
Diese Esso-Tankstelle scheint ja direkt unter göttlichem Schutz zu stehen. Bis heute hat sich an der Konstellation nicht so viel verändert. Zumindest sind die Preise himmelhoch. Aber dass jemand deswegen weniger fährt, habe ich auch noch nicht gehört.
Auf dem Transparent links hinten steht übrigens nicht „Gutschein“ sondern „Glysantin“. Was auch immer das ist.
Vermutlich scheint der Motor des Fahrzeuges zu laufen, wenn ich die Abgaswolke richtig deute. Auch wenn weit und breit kein Mensch zu sehen ist. Die Identifikation des Automodells ist für die Kenner sicher wieder einmal kein sonderliches Problem. Ich finde die Position der Türgriffe interessant. Keine Ahnung, warum sich das nicht durchgesetzt hat.
Müsste hier nicht auch eine Zapfsäule für Mopeds zu sehen sein? Das waren doch so Glaszylinder, in die man die Mischung (in meiner Kindheit) zuerst auswählen und dann mit einem Hebel hinaufpumpen musste. Ich höre schon die Mopedler lachen.
Doch nun zurück zu unserer Ausgangsfrage: Ist das ein romantisches Foto oder einfach eine beinahe-Gegenlicht-Aufnahme ohne Menschen, bei der dem Modernismus gehuldigt wird? Bitte entscheiden Sie selbst.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck – Slg. Kreutz)
Bevor Herr Auer es entdeckt: https://innsbruck-erinnert.at/bitte-volltanken-teil-7/
Kommentar siehe Link von Herrn Roilo :-).
Zusatz: Zweitakthandpumpen gab es damals nicht, sondern richtige Zapfsäulen mit Einstellmöglichkeit des Mischungsverhältnisses von Öl und Benzin. Es gab damals noch viele Autos mit Zweitaktmotor, hauptsächlich DKW, deren 40 Litertank händisch recht mühsam zu füllen gewesen wäre, abgesehen davon, daß man seinerseits auch die kleinvolumige Handpumpe zwischenzeitlich wieder auffüllen hätte müssen.
Die „Abgaswolke“ ist übrigens schlichter an der kalten Luft kondensierter Wasserdampf, die Benzinabgase sind unsichtbar. Immer, wenn „erschütternde“ Klimafotos gezeigt werden, sieht man diese Dampfwolken abgebildet. Wobei der Wasserdampf in der Atmosphäre der bei Weitem größte Treibhausfaktor ist. Seit Urzeiten.
Laut dem Amtsblatt Jg.1954 / Nr.10 – S.7 wurde die Esso-Tankstelle an der Ecke Rennweg / Kaiserjägerstraße am 19. September 1954 eröffnet:
https://amtsblatt.stadtarchiv-innsbruck.at/bild.php?id=1832
Ich merke grade, die Titelfrage ist noch immer unbeantwortet.
Nach meiner Erfahrung und Erinnerung; Nein! Es hat nach allem möglichen gestunken, die Treibstoffpreise waren gemessen am Einkommen gesalzen, erst recht Ölwechsel, Abschmieren und Glysantin, der Tankwart (mit Selbstbedienung wurde es noch nüchterner) erwartete für Seine Dienste Betankung, Öl und Wasser nachschauen (Enttäuschung, wenn nein) und zum Schluß die Scheiben zu putzen und zugleich mit einem unvermeidlichen Siliconschleier zu versorgen, den irgendein Vorgänger auf seiner Scheibe hinterlassen hat. Vielleicht gabs Kundinnen, die den einen oder anderen Benzinaio fesch fanden? Dann doch Romantik. Tankwartinnen, gewohnt, Trucker in ihre Schranken zu weisen, waren hingegen erstens sehr selten und dann eher etwas resch.
Romantisch war noch vor Kurzem das original 50er Jahre Tankstellenhäusel in Wilten gegenüber der Basilika. Ich glaub, das war das letzte seiner Art in Innsbruck.
Das Auto ist ein FIAT 1100 Nuova, Bauzeit 1953 bis 1956, die Stoppleuchten unterscheiden ihn von der Seite vom Nachfolgermodell