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Kaiserliche Post (III.)

Kaiserliche Post (III.)

Otto von Habsburg tat nicht viel um Sorgen vor einer Rückkehr der Monarchie zu zerstreuen. Während er in Paris an seiner Doktorarbeit schrieb, sinnierte er über die künftige Regierungsform Österreichs und tat seine Ansichten in einem Interview der Pariser Zeitung Le Petit Journal kund:

Die Mehrheit des österreichischen Volkes ist bereit, die Monarchie wiederherzustellen. In den Verträgen gibt es nichts, was es ihm verbietet, sich die Regierungsform zu geben, die es wünscht. Das österreichische Volk erwartet von der Monarchie vor allem eine dauerhafte Stabilisierung des inneren Friedens, was zur Folge haben wird, die freundschaftlichen Beziehungen zu den Nachbarn zu stärken, eine Voraussetzung für jede wirtschaftliche Erholung.

Freilich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, für die Restauration einer Monarchie von Gottes Gnaden den Volkswillen ins Feld zu führen. Sein Wunsch, friedliche Beziehungen mit den Nachbarn pflegen, mag natürlich löblich erscheinen, allerdings machten mehrere Nachfolgestaaten der Donaumonarchie später klar, dass sie eine Rückkehr der Habsburger nach Österreich als Casus Belli ansehen würden – somit war ein Aufblühen der Beziehungen mit einem Habsburger am Steuer wenig wahrscheinlich.

Der Kaiser, oder Herr Habsburg-Lothringen, je nachdem wen man fragte, war in jenen Tagen ein Anhänger des Korporatismus, dessen Ziel es war, den Klassenkampf zu überwinden, indem Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gemeinsamen Organisationen zusammengefasst werden sollten. Mit dieser Idee war er nicht alleine, ähnliche Vorstellungen hatte Papst Pius XI. (1857–1939) in seiner Bulle Quadragesimo anno dargelegt. Auch auf säkularer Seite gab es in Italien solche Ansätze, verfolgt vom Regime Mussolinis, wie Otto im bereits zitierten Interview selbst hervorhob:

Vor allem muss die Reform des Staates verwirklicht werden […] Die großen Linien der modernen Lösung wurden uns vom Genie Mussolinis gezeigt, und zwar in Richtung Korporatismus, […] die Vereinigung aller Personen, die letztlich dieselben wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen haben […]

Der korporative Staat vereint Arbeitgeber und Arbeiter derselben Korporation und zwingt sie, die Schwierigkeiten zu lösen, die sie trennen. Durch die Praxis werden sie von erzwungener Zusammenarbeit zu freundlicher Zusammenarbeit übergehen […]

Man kann sich denken, dass die sozialistische Presse nicht zuletzt aufgrund des positiven Verweises auf Italien Zeter und Mordio schrie – die Arbeiter Zeitung beendete ihren diesbezüglichen Bericht:

Daher können denkende Sozialisten […] den Anbiederungen der Lakaien Habsburgs nur eine Antwort geben: einen Tritt in den Hintern!

(Titelbild: Otto von Habsburg in einer k.u.k. Uniform, 30er Jahre, Signatur Bi-3833)

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