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Jugendporträt Eines Bürgermeisters

Jugendporträt eines Bürgermeisters

Kürzlich gelangte dieses Portrait zu uns ins Archiv. Es zeigt den Innsbrucker Juristen Friedrich Mörz (1840-1903) in jungen Jahren. Wie es in einem Nachruf heißt, sollte er es zu einem „werktätigen, angesehen Bürger unserer Stadt“ bringen. Im Jänner 1871 wurde er „in die Liste der Advokaten mit dem Wohnsitze in Innsbruck eingetragen“ und trat nur wenige Wochen später in einem aufsehenerregenden Mordprozess als Verteidiger auf. Seine Kanzlei hatte er in der Erlerstraße.

In seiner Freizeit engagierte sich der begeistete Musiker im Musikverein (dessen Ehrenmitglied er im Jahr 1888 wurde) und als Leiter der Musikschule. In dem bereits zitierten Nachruf heißt es dazu u.a.: „Seit seiner Studienzeit war er als eifriger Musiker mit dem musikalischen Leben seiner Vaterstadt eng verbunden und ermöglichte später durch eine Reihe von Jahren das Zustandekommen von Kammerkonzerten.“

Friedrich Mörz auf einer undatierten Fotografie. StAI, Ph-8301.

Im Mai 1893 kandierte er für die „Deutschliberalen“ bei den Innsbrucker Gemeinderatswahlen und wurde prompt gewählt. Nur wenige Monate später, im November 1893, erfolgte seine Wahl zum Bürgermeister. Die Innsbrucker Nachrichteten berichteten ausführlich darüber:

In außerordentlicher Sitzung des Gemeinderathes wurde gestern mittags im Sitzungssaale des alten Rathhauses die Wahl des neuen Bürgermeisters vorgenommen. […] Abgegeben wurden 33 Stimmzettel, hievon entfielen 27 auf Dr. Friedrich Mörz, der somit als Bürgermeister gewählt erscheint, zwei Stimmzettel waren leer, 1 Stimme lautete aus „Dr. Schu­macher“ und je eine erhielten die Gemeinderäthe
Dannhauser, Schumacher und Dr. Wackernell. Das Ergebnis der Wahl wurde mit Bravorufen
zur Kenntnis genommen
Dr. Falk [der scheidende Bürgermeister] beglückwünscht Hrn. Dr. Mörz zu seiner Wahl und gibt dem Wunsche Ausdruck, dass ihn der Gemeinderath ebenso warm und einträchtig unterstützen möge. wie er es ihm (Falk) gegenüber ge­than: „Sie finden ein Gemeinwesen, das sowohl finanziell als administrativ vollständig geordnet ist. Eine Anzahl pflichttreuer, fleißiger Beamten steht Ihnen zur Seite, welche immer ihr bestes Wissen und Können zum Wohle der Stadt ein­ gesetzt haben, aber auch ein Gemeinderath, der pflichttreu und der Aufgaben bewusst ist, welche die Bevölkerung in seine Hand gelegt hat, und dessen Zusammenhalten, durch welches das Ge­deihen unserer Vaterstadt bedingt ist, nie durch po­litische Streitfragen gestört wurde. Ihnen Herr Bürgermeister, als einem Mann von großer Ge­setzeskenntnis und allgemein anerkannter Rechtlichkeit, wird es ein Leichtes sein, dieses Gemeinwesen auf seiner Blüte zu erhalten.“
Der neugewählte Bürgermeister erwiderte so­ dann: „Durch die Wahl meiner Person für das Bürgermeisteramt haben mir die Herren ein Ver­trauen geschenkt, dessen ich mich nicht würdig fühle.
Ich spreche Ihnen hiefür meinen verbindlichsten Dank aus und indem ich nach Vorschrift des Gemeindestatuts mich über die Annahme der Wahl erkläre, sage ich Ihnen ganz offen, dass ich die Wahl annehme, und zwar thue ich das aus Liebe zu meiner Vaterstadt, von dem Bewusstsein erfüllt, mit welchen Schwierigkeiten dieses Ehren­amt verbunden ist, und von Besorgnis, ob ich mit meinen schwachen Kräften im Stande sein werde, dieses Ehrenamt und diesen Vertrauensposten wür­dig zu bekleiden. Ich kann Ihnen nichts anderes entgegenbringen als das Versprechen, eifrig und unparteisch des Amtes zu walten u. meiner Vaterstadt zu dienen. Sie werden nicht verlangen, dass ich Ihnen heute ein Programm meiner Thätigkeit entwickle, doch könnte ich dieses in die wenigen Worte zusam­menfassen: Sparsamkeit im Haushalt, Sorge um Erhaltung der geordneten Finanzen und Streben nach stetem Fortschritt in geistiger und materieller Be­ziehung. Und um diesem Ziele möglichst nahe zu kommen, bitte ich um Ihre wohlwollende und freundliche Unterstützung, insbesondere möge Herr Dr. Falk mir mit seinen großen Kenntnissen, welche zur Führung des Amtes erforderlich sind, mit seiner reichen Erfahrung hilfreich zur Seite stehen; nur auf diese Weile könnte es sein, dass der Wechsel nicht allzuhart empfunden würde. Nur die Zuversicht und das Vertrauen darauf haben mich ermuthigt, dieses schwere Amt zu übernehmen und ich bitte nochmals um Ihre gütige Nachsicht und Ihr freundliches Wohlwollen.“
Vicebürgermeister Greil begrüßt den neuen Bürgermeister namens des Gemeinderathes aufs herzlichste und gibt der Ueberzeugung Ausdruck, dass er alle seine Kräfte aufwenden werde, um in die Fußstapfen unseres unvergesslichen Dr. Falk zu treten und unser Gemeindewesen so in tadelloser Weise und im Geiste des Fortschrittes weiter zu führen. Er versichert, dass der Ge­meinderath dem neuen Bürgermeister das vollste Vertrauen schenkt und mit vollster Kraft ihn wirk­samst unterstützen werde. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.

IN v. 24.11.1893, 5-6.

Nach dem Ablauf der dreijährigen Amtsperiode kandidierte Mörz „mit Rücksicht auf seine Kanzlei“ nicht mehr für das Bürgermeisteramt. Dem Innsbrucker Gemeinderat gehörte er aber bis zu seinem Tod im Juni 1903 an.

(StAI, Geschenk Hannes Höfer)

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