In Stein gemeißelt (V.)
Von der prekären Lage der österreichischen Erblande während Maximilians Zeit in Burgund und seiner Krönung zum römisch-deutschen König war bereits in einem vorigen Artikel die Rede. Matthias Corvinus hielt weite Teile des Herzogtums Österreich in seiner Hand und residierte sogar in Wien, während sich Friedrich III. nach Innsbruck geflüchtet hatte und von dort die Wahl seines Sohnes vorantrieb und versuchte, Hilfe aus dem Reich zu sammeln. Wie das dazugehörige Relief zeigte, war das erstere der Vorhaben erfolgreich, während letzteres am zähen Widerstand der Fürsten scheiterte. Der Kaiser hoffte daher, dass Maximilian als frisch gekrönter König Kräfte sammeln würde, um die Erblande zurückzugewinnen. Doch der junge König musste nach seiner Krönung wieder in die Niederlande eilen, um sich der dortigen Revolten anzunehmen und geriet in Brügge in Gefangenschaft. Der alte Kaiser zog mit einem Entsatzheer zu seinem Sohn, gezwungen, die östlichen Besitzungen zeitweise ganz im Stich zu lassen. Der ungarische König nutzte die Gelegenheit jedoch nicht, den umkreisten Habsburgern den Todesstoß zu geben, sondern verhielt sich ruhig. Möglicherweise hoffte er auf eine friedliche Übereinkunft mit dem Kaiser, u.a. um Rückhalt für die Nachfolge seines unehelichen Sohnes zu bekommen.
Mit Hilfe zahlreicher Vermittler wurde versucht, eine solche Einigung zu erreichen, doch der alte Kaiser weigerte sich, Matthias Corvinus entgegenzukommen. Maximilian selbst war verhandlungsbereiter, die Spannungen führten letztlich dazu, dass ihm von seinem Vater alle selbstständigen Verhandlungen untersagt wurden. Friedrich schickte ihn anschließend nach Tirol, wo er in Innsbruck die Landesherrschaft von dem zunehmen regierungsunfähigen Sigismund übernahm. Während Maximilian dann erneut in die burgundischen Angelegenheiten und den Konflikt mit Frankreich verwickelt war, traf das Ereignis ein, auf das der Kaiser schon seit längerem hoffte. Der ungarische König, der bereits lange krank gewesen war, verstarb im Alter von 47 Jahren in Wien. Das zähe Ausharren des Kaisers hatte sich bewährt und das Schicksal war ihm im rechten Augenblick scheinbar erneut zur Hilfe gekommen, wie schon bei den Konflikten mit seinem Bruder Albrecht und Karl dem Kühnen.
Sofort entbrannten die Konflikte um das Erbe des verstorbenen Königs – sein unehelicher Sohn war der von ihm bestimmte Nachfolger, seine Frau, Königin Beatrix versuchte selbst zu regieren und die Habsburger hatten nach dem Vertrag von Ödenburg Anspruch auf die Stephanskrone; hinzu kamen noch die Könige von Böhmen und Polen, die sich ebenfalls Hoffnungen auf die Krone machten.
Maximilian hielt sich in Innsbruck auf, als er seinen Gesandten Instruktionen erteilte, wie den ungarischen Ständen seine Wahl schmackhaft gemacht werden sollte. Indes war ihm bereits bewusst, dass es wohl letztlich keine rechtliche, sondern eine militärische Frage sein würde, wer in Ungarn die Nachfolge antrat. Die gebeutelten Besitzungen der Habsburger waren nicht sonderlich willig, Maximilian neue Mittel zu stellen, Tirol jedoch bewilligte freiwillig 50.000 Gulden für das Unternehmen. Nach langem Manövrieren fiel die Wahl auf Wladislaw von Böhmen, was Maximilian jedoch nicht bewog, von seinen Ansprüchen abzulassen. Von der Steiermark aus eroberte er die Erblande zurück, wo zahlreiche Städte bereits wieder zu ihm übergelaufen waren. Am 19. August 1490 zog er feierlich in Wien ein, das ebenfalls bereits von den Ungarn abgefallen war. So war es Maximilian gelungen, in zehn Wochen zurückzugewinnen, was der ungarische König in zehn Jahren erobert hatte.
Team Stadtarchiv (Ph-A-10171-006)