Ich bins, Dein Föhn.
Ältere Semester werden sich noch an den Sketch von Otto Waalkes erinnern, dessen Dialog-Transkript zwischen einer Susi Sorglos und ihrem Haartrockner natürlich korrekt lauten sollte: „Ich bins, Dein Fön“.
Einige der mit Kamera ausgerüsteten Innsbruck-Flaneure der 1950er und 1960er Jahre haben gelegentlich auch einfach Druckwerke abfotografiert. Das konnten gewagte Filmplakate mit Hollywood-Schönheiten sein, Konzertankündigungen oder, wie hier, eine Landkarte der Volksplage Föhn. Generationen von Meteorologen, darunter auch der Ur-Urgroßvater des Autors dieses Beitrags Josef Maria Pernter, haben ihn beobachtet, gemessen und gelegentlich auch die Häufigkeit von Verkehrsunfällen an diesen Tagen statistisch errechnet. Als Inhaber eines Taxiführerscheins kann ich in aller Entspanntheit auf empirischen Basis behaupten: Die gefährlichsten (und gefährdetsten) Verkehrsteilnehmer*innen an Föhntagen sind die zu-Fuß-Gehenden. Es ist wirklich schwer, an solchen Tagen niemandem über die Zehen zu fahren.
Ein Allheilmittel schien da das Pulverl Migränin zu sein, das Föhngeplagten in den auf der Karte markierten Gebieten angepriesen wurde. Es war ein 1896 erfundener Mix aus Aminophenazon und Koffein; seit 1978 ist das Mittel wegen seiner karzinogenen Eigenschaften nur mehr für Hunde und Katzen zugelassen.
Die Innsbrucker Nachrichten vom 18. März 1901 berichten zu diesem damals wie heute aktuellen Thema:
“ In klimatischer Hinsicht jedoch spielt der Föhn
eine hervorragende Rolle. Orte, wo der Föhn häufig
und ausgiebig weht, haben eine relativ milde Herbst-
und Wintertemperatur. Wie Professor Dr. J.
Pernter in einer umfassenden Arbeit über den
Innsbrucker Föhn gezeigt hat, erhöhen die durch-
schnittlich 30 bis 40 Föhntage im Jahre, die mitt-
lere Temperatur im Winter und Friihling um 0.8,
im Sommer um kaum 0.2 und im Herbste mn
0.7 Grade. Das Jahresmittel von Innsbruck wird
so um 0.6 Grade erhöht, was einer um einen
Breitengrad südlicheren Lage entspricht. Seine Rolle
als Traubenkocher und bei uns als Türkenreifer
ist auch bekannt und wie oft schon hat er uns in
wohlthuender Weise über manche strenge Winter-
tage hinweggeholfen. Viele Föhnthäler bilden so
förmlich pflanzengeographische Inseln, so dass man
bis auf die Elementarschäden und die unangenehmen
Gefühle einiger Nervöser, eigentlich sagen muss,
dass die guten Eigenschaften des Föhn seine schlechten
wesentlich übertreffen.“
Ein lokales Föhnpulver entwickelte auch MAg. Breuer, der Pharmazeut der Saggenapotheke. Viele Leute schworen darauf. Ob es das Pulver jetzt noch gibt, weiß ich nicht.