Hört hört, eine Straße erzählt ihre Geschichte Teil II: Die Landesberufsschule
In der Filmbranche kommt die Ankündigung einer Fortsetzung von einem Film oftmals nicht so gut beim Publikum an, da die Qualität bekanntlich mit jeder Neuverfilmung abnimmt. Doch bei uns werdet ihr garantiert nicht enttäuscht. Die Tour durch die Mandelsbergerstraße geht in die nächste Runde und diesmal widmen wir uns einem ganz besonderen Schmuckstück, nämlich der Landesberufsschule.
Die Landesberufsschule ist das größte Gebäude in der Straße und trägt die Hausnummer zwölf. Mit seinen verwinkelten Ecken, dem erweiterten Gebäudekomplex und dem Innenhof war es für uns Kinder wahrlich ein Paradies dort mit den Fahrrädern Wettrennen zu veranstalten, zu spielen oder sonstigen Blödsinn anzustellen und auch wenn wir nie etwas kaputt gemacht haben, war der Hausmeister gar nicht begeistert darüber uns auf dem Gelände zu sehen. Nicht selten hätten sich daher unsere Zusammenkünfte mit ihm auch sehr gut als Szenen für den Film „catch me if you can“ mit Leonardo DiCaprio geeignet. Hach, die guten alten Zeiten, aber ich merke schon, dass ich nostalgisch werde und abschweife, kommen wir zum eigentlichen Thema.
Seit den späten 1950er-Jahren fungiert das Gebäude als Berufsschule, doch was stand dort davor und wurde das Gebäude früher anderweitig genutzt? Zugegeben, die Suche war etwas umständlich und gar nicht so leicht wie vermutet, aber ich konnte einige interessante Erkenntnisse für euch ans Tageslicht bringen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Mandelsbergerstraße recht kurz und ein Großteil des heute bebauten Gebietes bestand damals noch überwiegend aus Feldern. Das erste Mal erscheint die Landesberufsschule auf Luftbildern und in Adressbüchern aus dem Jahre 1944, allerdings noch unter dem Namen Doppelhauptschule Wilten-West. Erbaut wurde die Bildungseinrichtung von Wilhelm Stigler (1903-1976), einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts in Tirol. Wann der Bau begann, ist unklar, man vermutet jedoch um 1938. Es folgte eine intensive Bauphase am Gebäude im Jahr 1941, die bis 1943 andauerte und anschließend frühzeitig beendet wurde. Vermutlich waren die Ressourcen zu knapp und man versuchte sich auf wichtigere Projekte zu konzentrieren, da ja eigentlich genug Schulen im Stadtteil Wilten vorhanden waren. Das Haus wurde also als Rohbau zurückgelassen, was eigentlich schade ist, denn der Plan von Stigler sah optisch sehr ansprechend aus. Vor allem die Tür, die mit barockisierenden Schmuck-Motiven verziert werden sollte, war ein richtiger Hingucker. Erst nach dem Krieg wurde das Gebäude von der Stadtgemeinde Innsbruck fertiggestellt, aber anstatt den Schulbetrieb dort aufzunehmen wurde es den französischen Besatzungstruppen als Quartier zugeteilt. Direkt nach der Besatzungszeit wurde die eigentliche Doppelhauptschule Wilten-West umstrukturiert und als Landesberufsschule weitergeführt, es hatte also eine ganze Weile gedauert bis das Gebäude für seinen ursprünglichen Zweck eingesetzt wurde. Auch das Aussehen der Schule wurde nochmal verändert. Statt einer Tür errichtete man einen Laubengang, in dem jeweils links und rechts die neuen Eingänge platziert wurden, dazwischen befindet sich ein Sgraffito von Fritz Berger (1916-2002), der im Übrigen auch für das Mosaik, das die rechte Hauswand ziert, kreiert hatte. Beide Kunstwerke zeigen, passend zur Nutzung des Gebäudes, Menschen mit Werkzeugen, die bestimmten Berufen nachgehen. Um Baukosten zu sparen, beteiligten sich vor allem Lehrer und Schüler an den Renovierungsarbeiten. Im Jahre 2002 wurde die Berufsschule mit einem weiteren Gebäudekomplex ausgestattet. Darin befinden sich Werkstätten für Installations- und Blech- sowie für Kraftfahrzeugtechnik. Vor der Schule trifft man noch auf den Mandelsbergerpark mit dem Maienflötenspieler, eine Skulptur von Josef Bachlechner dem Jüngeren (1921-1979) aus dem Jahre 1962.
Das ist alles, was ich über die Landesberufsschule in der Mandelsbergerstraße in Erfahrung bringen konnte. Jedoch kann ich jedem nur empfehlen sich das Gebäude einmal selbst anzusehen. Vor allem für jene, die an der Tiroler Kunstszene interessiert sind, gibt es dort einiges zu entdecken.
(Verena Kaiser)