Handgreiflichkeiten im Hotel Heimgartl
Im Mühlau am Hohen Weg 12, gefühlt drei Meter über dem Tuffbach, der alten Stadtgrenze, errichtete sich der pensionierte städtische Sicherheitsbeamte Franz Pedit in den Lehmhang ein Haus, in dem er 1906 die Konzession für ein Gasthaus anmeldete und dies sogleich inserierte. Er nannte es Heimgarten, heute oft als Heimgartl geschrieben, ursprünglich eine Bezeichnung für musikalische Veranstaltungen mit mehreren Interpreten, die sich in Tirol speziell im dialektalen Hoangascht/Huangart/etc. als Synonym für einen entspannten Ratscher weiter entwickelt hat.
Kurze Zeit später wurde in dem Haus auch gleich der erste Verein für Polizeibeamte gegründet. Pedit war ein illustrer Geselle, der wie sein jüngerer Polizei Kollege Rudolf Brix Stücke für die Innsbrucker Bühnen schrieb, hier eine kurze Besprechung des Stücks „unterm Betläuten“, dem attestiert wird dass es zwar „nichts Neues“ brächte, es jedoch „Erdgeruch, vermischt mit Tannenharzduft und Gebirgsluft durchwehe“.
Die Tochter des schreibenden Sicherheitsmann-Wirtes wurde später als Fanny Wibmer-Pedit eine bekanntere Tiroler Dichterin, die es zu einem Wikipedia-Eintrag gebracht hat.
Schon 1910 ging Pedit mit Familie nach Osttirol, wo die Familie seiner Frau Therese lebte. Das Gasthaus hatte im Laufe der nächsten Jahrzehnte eine Vielzahl von Besitzern und Pächtern, darunter auch Namen bekannter Innsbrucker Gastronomen.
Das Mühlauer und jenseits des Inn wohnende Publikum, noch nicht in den Residenzen der Anton-Rauch-Straße und der Holzgasse bzw des Villensaggens zu besten Umgangsformen erzogen, bescherte den Wirten immer wieder Probleme. Mindestens zwei Vorfälle mit Stichwaffen sind dokumentiert, einer davon ging gerade noch glimpflich aus, als ein nicht genannter unguter Patron mit Hausverbot nach erhaltener Ordnungs-Ohrfeige dem Wirt Johann Oblinger drohte die gesamte „Bude in die Luft“ fliegen zu lassen.
Im Jahr 1927 fand wieder einmal ein Übergabe statt. Josef und Philomena Kirchner gingen nach Egerdach und inserierten mit Adolf und Olga Streicher, die sie ihren Gästen anempfahlen.
Im Jahr 1932, der Wirt hieß nun Rudolf Hochreiter, kam es zur Bluttat auf der Kettenbrücke. Der 20jährige Metzgerlehling Josef Saurwein hatte sich nach dem Kartenspiel, bei dem er erstens verloren und auch sechs oder sieben Bier, zwei Schnäpse und einen Wermut getrunken hatte, vom Heimgartl auf den Heimweg gemacht und war auf der Brücke mit dem ihm unbekannten Monteur Josef Garber aneinandergeraten. Es entstand eine Rauferei, Saurwein zog sein zweites Messer (eines war ihm schon vorher im Gashaus abgenommen worden) und erstach den Kontrahenten. Der ausführliche Prozessbericht lässt viele Zeugen zu Wort kommen, Saurweins Rechtsanwalt Dr. Klepp plädierte auf Notwehr, aber die Geschworenen sahen es anders und er wurde wegen Totschlags zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.
In den Zeitungen ist es sonst recht still um das Heimgartl. Wenn, dann sind es die Auto-Raser, die dort regelmäßig für Probleme und Unfälle sorgen, oder eine Jugend-Diebesbande entwendet ein Licht von einem abgestellten Fahrrad. Seit mehreren Jahrzehnten ist das Heimgartl nun im Eigentum der Familie Saska.