Hätten Sie es sofort erkannt?
Ich nicht. Mir sind die drei bekannten Herren an der Fassade in Innsbruck nirgends in dieser Form begegnet. Das Dach ist auch untypisch flach. Dann das überdimensionierte „Eis“-Schild. Dann noch die junge Mutter mit dem relativ kurzen Rock. All das lenkt einen (männlichen) Betrachter von der Lösung ab.
Erst das Martini-Schild lenkt das Auge auf die Lösung. Was bewerben eigentlich die anderen Schilder? Das Adam-Bräu in der Raute. Den Rest erkenne ich nicht. Der Eingang ist überaus schmal. Auch wenn ich das Gasthaus nie von innen gesehen habe, so stelle ich mir Holztische vor, auf denen Salz und Pfeffer in Holzimitat mit dem obligatorischen Maggi-Flascherl in der Mitte steht. Die Ecken und Kanten dieser unheiligen Allianz sind aus einer Mischung von Salz, Pfeffer, Maggi und ein bisschen Ablagerungen vom schmierigen Putzfetzen abgerundet. In den grob gehäkelten Vorhängen hängt der kalte Rauch von tausenden Zigaretten und dem ein oder anderem „krummen Hund“. Vermutlich stehen die Vorhänge von allein, zu viele Jahre sind seit der Montage ins Land gezogen. Gewaschen wurden diese prinzipiell in keinem Gasthaus, was etwas auf sich hält. Gleiches gilt für die Fenster. Auf den tiefen Fensterbänken vertrocknen seit Jahrzehnten eine traurige Aloe und ein Bogenhanf oder ein anderes botanisches Opfer.
Was wäre noch zu sagen? Sparvereinswand mit zahlreichen Facheln, der Ständer für die Salzbrezeln vom letztem Monat. Eine auf dem Kopf stehende Flasche Aspach Uralt in einem stählernen Korsett, daneben ein Schild von Underberg…
Und dann war noch was: Wenn nach zwei, drei Bier die Blase vehement auf Entleerung drängt, dann treten wir einen schweren Gang an: Raus aus der Gaststube, meist einen langen, kalten Gang entlang, dann eine quietschende Tür öffnen und dann – kurz vor der Erlösung – eine tödliche Wolke aus WC-Steinen, verbrannten Zigarettenfiltern, kalter Luft und vor allem Unmengen von Urin in verschiedenen Zersetzungsstadien. Wochen, Monate…
Hier ist das Gasthaus Hallenbad zu sehen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Ph-3984)
Danke für diese schauerlich detailreiche Beschreibung eines ultimativ versifften Gastlokals. Noch in den 1990ern entsprach das Gasthaus Bretterkeller ganz gut dieser Beschreibung, das ich nach Mountainbike-Touren in die Sillschlucht ab und zu aufsuchte. Vermutlich gab es da noch viele solche Orte in der Stadt.
…..falls das Gasthaus Hallenbad nicht schon vor der Erfindung von WC-Steinen abgerissen worden ist…..
Auch das neulich Opel-nichtCoupe beparkte Cafe Mittenwald 🙂 und die hier oft erwähnte Wiltener Weinstube, oder das Urbanistüberl, oder das Gasthaus Hatzl, sogar das Lewisch. Und erst recht der alte(!) Haymon. Auch das Innrain und weit draußen im Parterre des Hauses meiner Kindheit als frühe Konfrontation mit der Realwelt das Gasthaus Niedermayr, Pächter Franz Kotek-
Zwei Dinge fallen mir bei Herrn Morschers trefflicher Schilderung auf: Nirgends ein Aschenbecher, und nirgends ein Mensch. Bis auf einen, der ist aber grade am Klo. Kein Wunder, dass diese Gasthäuser ausgestorben sind.
Wenn es wirklich ein gutes Gasthaus war, stand auf einigen Tischen ein Brezenständer, Brezen mit Zigarettengeschmack. Und wehe es waren ungenießbare Huaber-Brezen.
Ein weiteres Accessoir war manchmal ein Weinheber mit dem geschmiedeten Weinrankengestell.
Bei vielen Gasthäusern gab es noch die Einrichtung der „Schwemme“, der Gastraum für das Proletariat, dort stand auch der oder die „Schank“ mit dem Bierzapfgerät. Getrennt davon dann „der richtige Gastraum“ für den Bürger. Dort gabs sogar eine weiße Tischdecke. War sie bunt kariert war es schon wieder nimmer so vornehm.
Anschauungsmaterial:
https://postimg.cc/gw9N3X0W und mit Weinheber: https://postimg.cc/yDrzKTnT
Bitte vergesst bei euren SUPER GH Beschreibungen den STENEK in der Lepolstrasse nicht.
Das WC oder besser gesagt der Abort war direkt neben der Kücke……………
Der FECHTEL Wirt am Marktplatrz mit seiner lgendären Sauren Suppe ghört auch dazu.
Auch die legendären Bierwärmer welche mit heissem Wasser gefüllt waren gehörten zur Standart Ausrüstung dieser sog. innsbrucker BOAZEN
Die reschen und feschen Kellnerinnen hamma vergessen. Die, das leere Glas zack! vom Tisch klaubend, mit einem feengelächelten „No a Bier da Herr?“ jeglichen Widerstand zwecklos machten. Und sich mit einem „A Körbl Ohrwaschln isch glei geklaubt!“ Respekt verschaffen konnten Und den wahnsinnig witzigen Bestellungszusatz „Hin und her grennt!“ mit einem lässigen Deuter auf ihr Schuhwerk „Woasch eh wo’s Ventil isch!“ konterten.
Nit zu vergessen die Anni in der „Grauen Katz“. Ein sich in meine Erinnerung auf Lebenszeit eingebranntes Original mit einer Goschn wia a Schwert. Was hamma mit dir glacht, liebe Anni !
Ich setze ihr hiermit ein Denkmal.
Die Graue Katz, da war mei Papa jeden Tag nach der Arbeit! Da Günther Kuen, vielleicht haben’s den noch gekannt, Herr Fink? Tischlerei in der Dreiheiligenstrasse 1a.
Mei Bruder hat den Papa immer zum Abendessen holen müssen, weil er sich ständig verspätet hat, der Schwerenöter! Dürften ein gutes Bier gehabt haben.
Ein Günther ist mir durchaus in Erinnerung, Nachname allerdings nicht und zudem ist das so lang her, aber unvergesslich. Und sie haben recht, es war so ein richtiges „Verhockergasthaus“. Manchmal kam es vor, dass ich den halben Nachmittag dort verbracht habe, dann schnell heim nach Pradl zum Abendessen und anschließend wieder möglichst schnell schnell rein in die Katz, wo die Kollegen noch in fröhlicher Runde beisammen saßen… Und über allem wachte die Anni, so ein Original wie diese habe ich in meinem ganzen Leben nicht mehr getroffen.
Ja die Anni Jabinger war ein Original zu dieser Zeit, sowas gibt es heute nicht mehr. LEIDER.
Frage an die hier schreibenden Experten:innen – wo befand sich eigentlich das GH Hallenbad?
Mir ist der Standort nicht in Erinnerung.
Den Gasthof Linde und das scharfe Eck in „Pradulien“ kenne ich sehr wohl.
Kreuzung Amraserstraße/Hunoldstraße.
Der genaue Standort ist heute mitten auf der Amraserstraße genau vor dem Friseur Degler.
Hier sieht man die Lage des Gasthauses https://innsbruck-erinnert.at/ein-wintertag-in-pradl/
https://innsbruck-erinnert.at/es-faehrt-eine-bahn-nach-wilten/
Links
Herr Hofinger hat uns im Beitrag https://innsbruck-erinnert.at/ich-geh-ins-hallenbad/ aus dem Jahre 2021 allerhand über die Geschichte des Gasthauses erzählt. Kommentare hat es interessanterweise keine dazu gegeben
Auch vom Endes des Gasthauses lasen wir schon viel: https://innsbruck-erinnert.at/zum-ausbau-der-amraser-strasse-iii/
Hoppla, zu schnell gewesen! *vom Ende des!
Wer die drei Herren an der Fassade sind, wissen wir. Von welchem Künstler diese Bilder stammen, hoffentlich auch – oder?
Jeder Zoll ein echter Raffael – oder?
Hoppala, Frau Stepanek, wie schaffen Sie es, immer so exakt ins Schwarze zu treffen ?
Altersweisheit!
Der Raffl ist doch garnicht abgebildet?
Darf ich daran erinnern, daß Herr Roilo nicht nach den abgebildeten „Helden von 1809“ gefragt hat, sondern danach, ob jemand den Künstler kennt….
Dieser wurde nämlich in früheren Beiträgen Herrn Roilos bereits mit Vor- und Zunamen erwähnt…..
Danke, Frau Stepanek – wobei man nie weiß, soll man Rafael, Raphael oder Raffael schreiben
Danke Hernn Roilo und Herrn Hirsch für die Bilder. Das war alles vo meiner Zeit. Ich kann mich nur an die neueren Häuser erinnern. So auch an das, wo der Uhrmacher Zeitspecht beheimatet war.
Was die Strassenbahn betrifft: Diese fuhr lange Zeit von Wilten bis zur Umkehrschleife bei der Conradkaserene. Am Wiltener Platz’l musste mangels einer Umkehrschleife umrangiert werden.
Ach, was waren das damals für gemütliche Zeiten als in den Gasthäusern in langstieligen Pfeifen mit Porzelankopf selbst gepflanzter Tabak geraucht wurde und dabei die Bierwärmer bedächtig im Glas versenkt wurden. Das Bier wurde aus Holzfässern ausgeschenkt und eine resche Kellnerin mit viel Holz vor der Hütte im weissen Schurz mit schön gebundener Schleife brachte es an den Tisch.
Als Begleitmusik fuhr quietschend beim Scharfen Eck die Straßenbahn um die Kurve.
Auch dazu gab es einen Beitrag: https://innsbruck-erinnert.at/wie-kann-ein-eck-rund-sein/
Vom Uhrmacher Zeitspecht kann man im Beitrag
https://innsbruck-erinnert.at/wer-erkennt-ein-potpourri-aus-den-stadtteilen_teil-19/ lesen
Eine Frage an Sie?
Sind Sie mit der Bäckerei Roilo in Altpradl am Brunnenplatzl verwandt?
Dort gab es die besten Weinbeerweckerl von der ganzen Stadt. Noch Ofenwarm und mit Butter einfach köstlich.
Auch das restliche Gebäck war solides Bäckerhandwerk welches man heute kaum noch wo findet.
Grüß Gott, Herr Schneider! Ich bin erst jetzt über Ihren Beitrag gestolpert! Wenn man nicht ständig in „innsbruck-erinnert“ hineinschaut, ist man schnell weg vom Fenster – man fällt aus den letzten zehn Einträgen in „Neueste Kommentare“ heraus und dann wird’s mühsam! Vielleicht liest das Herr Hofinger, vielleicht könnte man es ähnlich wie bei „Archiv“ machen, also ein Aufklappfenster (ebenso bei „Kategorien“).
Aber nun zu Ihrer Frage, Herr Schneider. Ja, ich bin ein Spross dieser Bäckerfamilie am Pradlerbrunnenplatzl. Mein Großvater war Ladiner, er erlernte in Brixen das Bäckerhandwerk, seine Wanderjahre verbrachte er in verschiedenen Bäckereien in Südtirol und Vorarlberg, 1898 kam er nach Innsbruck zum Zach in der Altstadt (Vierviechereck), er machte die Meisterprüfung und pachtete die Bäckerei im Glockengießerhaus in Hötting. Im Jahre 1908 ergab sich die Gelegenheit, den „Pradlerbäck“ zu kaufen, bisheriger Besitzer war die Rauchmühle. Leider verstarb schon 1921 seine Frau (sie war eine Brixnerin) und hinterließ ihm sechs Kinder, davon sechs Buben! Vier von ihnen erlernten das Bäckerhandwerk, so auch mein Vater. Nach dem Tode des Großvaters im Jahre 1942 übernahm der jüngste Sohn Karl die Bäckerei und führte sie bis zum Jahre 1979. Mangels Nachfolger (Karls Sohn wurde Rechtsanwalt, mich schickte man „auf den Bau“) wurde damals zugesperrt.
Schade, dass Karls Frau Elsa Roilo im letzten Jahr als letzte ihrer Generation und als älteste Innsbruckerin mit 107 Jahren verstorben ist, sie würde sich sehr über Ihr Lob freuen. Und ja, ich freue mich ebenso (ich war ja immerhin jahrelang Hilfs-Brotausträger) und trauere auch den legendären Roilo-Semmelen nach!
Grüß Gott Herr Roilo,
anfangs der 1970er war meine damalige Freundin Sylvia Vonmetz und später ab 1974 meine Frau, noch Lehrling beim Lamprechter in der Padler Straße. Als Lehrling mußte sie natürlich auch die Jause für die Büroleute kaufen. Der
Auftrag lautete immer “ kafsch die Semmelen und Sazlstangelen oba beim Roilo und nit beim Thöni oben.“
Ja das Gebäck vom Roilo war schon etwas ganz besonderes.
S.g. Herr Roilo, vielen herzlichen Dank für Ihre Ausführlliche Beschreibung vom Werdegang der Bäckerei Roilo am Altpradler Brunnenplatzl. Wirklich sehr informativ und hochinterresant was mache Innsbrucker Familien für eine bewegte Geschichte bzw. Historie haben.
Übrings zur Info, die Brunnenfigur – Hl. St.Florian – wird zur Zeit im Auftrag vom IVV restauriert. Bei der Wiederaufstellung soll es ein kleines Fescht’l geben.