Grüße aus Japan (I.)
Hier zu sehen ist ein japanischer Holzschnitt, der wohl als Geschenk für den Bürgermeister nach Innsbruck gekommen ist. Das Werk stammt von Utagawa Hiroshige (1797–1858), einem der bedeutendsten Künstler Japans aus der späten Edo-Zeit.
Diese Epoche, die fast zweieinhalb Jahrhunderte der japanischen Geschichte umfasst, begann mit der Herrschaft Tokugawa Ieyasus (1543–1616), der nach der Schlacht von Segikahara im Jahr 1600 de facto ganz Japan unter seine Herrschaft brachte. Während der Kaiser, der Tennō (dt. himmlischer Herrscher), formal der Souverän war, lag die Herrschergewalt beim Shogun. Das Tokugawa Shogunat sollte das Land bis 1868 regieren.
(Liebig-Sammelkarte; Tokugawa Ieyasu vor der Schlacht von Segikahara – die Dose mit Fleischextrakt im japanischen Feldlager ist möglicherweise nicht historisch; Signatur sommer26_259a)
Nach dem langen Bürgerkrieg war die neue Herrscherdynastie besonders auf Stabilität bedacht. Zu diesem Zweck begann sich Japan in den folgenden Jahrzehnten von der Außenwelt abzuschotten. Das Christentum wurden verfolgt, europäische Händler vertrieben. Jeglicher Außenhandel wurde streng reglementiert, nur die Holländer, über eine kleine Niederlassung in Nagasaki, und die Chinesen durften Handel mit Japan treiben. Auch im Inneren versuchte sie, alles daran zu setzen, die bestehende Gesellschaftsordnung zu ossifizieren. Das Klassensystem, Shinokosho, stand dabei im Zentrum. In der konfuzianisch geprägten Ordnung standen die Shi, der Adel, an der Spitze, ihm folgten die Bauern (No), dann die Handwerker (Ko) und am untersten Ende standen die Kaufleute (Sho), die nach der Lehrmeinung des Konfuzianismus selbst nichts produzierten, sondern lediglich parasitär von der Arbeit der anderen Klassen Profit schöpften.
Der Frieden, den das Land nach den langen Bürgerkriegen nun genießen konnte, führte zu einem langanhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Die Landwirtschaft wurde intensiviert, der Überschuss ermöglichte die fortschreitende Urbanisierung. Edo, das heutige Tokio, wurde zu einer der größten Städte der Welt, mit beinahe einer Million Einwohner. Die Stadt, in welcher der Shogun residierte wurde nicht nur zu einem wirtschaftlichen, sondern auch kulturellen Zentrum. Die Familien der Daimyos, der regionalen Fürsten, mussten dort residieren, um die Loyalität ihrer Oberhäupter zu garantieren. Die Daimyos selbst waren verpflichtet, ein Jahr in Edo zu verbringen, bevor sie für ein Jahr in ihre Provinz zurückkehren durften. Der wirtschaftliche Aufschwung konzentrierte immer größeren Reichtum in der Klasse der Sho, die aber am unteren Ende der sozialen Hierarchie standen. Gleichzeitig geriet der Adel nicht zuletzt aufgrund des ständigen Wechsels zwischen Provinz und Hauptstadt, der aus Repräsentationsgründen immer mit aufwendigen Prozessionen einherging, immer stärker in finanzielle Schwierigkeiten.
(Holzstich von Hiroshige, Signatur Bi-g-723)