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Fleischbeschau

Fleischbeschau

Wenn heute Mittag wie jeden Sonntag die Fleischklopfer auf die Schnitzel der Österreicher*innen niedergehen, dann wurde dieses Stück Kalb, Schwein oder Pute in praktisch allen Fällen aus einer Styroportasse im Supermarkt genommen und nicht selten fehlt den Zubereitenden der Bezug zum Weg des Produkts von der blühenden Almwiese in den heimischen Kühlschrank. Heute wird dieser Transformationsprozess heimlich und hinter hohen Mauern durchgeführt, um die empfindlichen Augen der Konsument*innen nicht mit realistischen Bildern zu irritieren, auf denen gelegentlich auch die Almwiese völlig fehlt.

Den Schweinehälften, die in unserem Beitragsbild für den Abtransport hergerichtet werden, ist das nur ein schwacher Trost, dass sie im Innsbrucker Schachthof noch so etwas wie einen organischen letzten Weg beschritten haben. In den Beständen des Stadtarchivs finden sich nicht besonders viele Bilder des Geschehens, aber eine Reihe von Verordnungen und Regulatorien. Zudem eine ganze Reihe von Gewerbeanmeldungen, deren Berufe heute eher selten geworden sind: So wird es keinen selbstständigen Dienstmann mehr geben, dessen Gewerbeschein auf das Tragen von Fleisch im Schlachthofareal beschränkt ist. Es gibt auch keinen Darmwäscher mehr (ich will niemandem das Grillwürstel aus der Hofer-Packung madig machen aber ohne Darm kein echtes Saucisserl), keinen Kommissionshandel mit Tiermägen, Fetten, Häuten oder Fellen. Was übrig bliebt musste der Wasenmeister verräumen. Unter diesem Artikel für Vielleser*innen ein Dreiteiler aus dem Amtsblatt 1935, in dem Veterinärdirektor Zoller sowohl zur Geschichte des Schlachthofes als auch zur Statistik der ersten 25 Jahre der Einrichtung viele interessante Dinge zu berichten hat.

Zum letzten Mal umgebaut 1971 verschwand der Schlachthof Mitte der 1990er Jahre aus der nach ihm benannten Gasse, vorgeblich aus hygienischen Gründen. Gegen diese kommt man mit den besten Argumenten nicht an, sie haben alle eine Berechtigung und sind zum Schutz der Bevölkerung unerlässlich. Trotzdem sagen alle Züchter und Schlächter, dass man eigentlich jedes Tier auf der Wiese in einem unstressigen Moment töten sollte, um einerseits nicht noch die Viecherl in unnötige Todesangst zu versetzen und genau diese Stresshormone dann im Schnitzel breit zu klopfen. Ich geh jetzt kochen!

(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-A-24643_2465_0034)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. In den Innsbrucker Nachrichten vom 14.06.1939 findet sich diesbezüglich ein interessanter Artikel zur Geschichte des Städtischen Schlachthofs inkl. Fotoreportage.
    Die Fotos passen sehr gut zu diesem Beitrag und zeigen:
    – die Entnahme von Fleischproben zur Untersuchung
    – flinke Hände besorgen das Abborsten
    – schmackhafte Braten in appetitlicher Reihe
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19390614&seite=5&zoom=33&query=%22schlachthof%22&ref=anno-search

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