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Eine Unerwartete Reise (Abessinien Teil 1)

Eine unerwartete Reise (Abessinien Teil 1)

„[…] man kommt z. B. an eine Anhöhe und sieht plötzlich durch einen verborgenen Einschnit etwa einem ausgesprochenen Kessel mit Steilrändern ringsum statt des ehedem rauch-, feuer- und lavaspeienden Vulkans einen friedlichen See oder wohl bestellte Acker liegen.[…] Aber unser Ziel war der als der schönste bekannte [See] , an dessem weitgestreckem Ufer wir hier in flacher Bucht unser Zeltlager aufgeschlagen haben. […] noch kurz vor Sonnenuntergang angekommen […] konnten [wir] als erstes Getier seltene Gäste aus der Heimat begrüssen: die Störche. Am nächsten Morgen sah man überdies, wie am nahen Ufer ganze Scharen Flamingos gravitätisch in ihrem prächtig weiss-roten Gefieder herumstolzierten und auf langen, dünnen, roten Beinen im seichten Seeufer futterten, ihren langgeschnäbelten Kopf auf dem beweglichen schlanken Hals ab und zu nach Beute haschend ins Wasser stecken. Ab und zu suchen sie auch schwanengleich tieferes Wasser auf, dann und wann tauchend, dass nur die Beine und Schwanzfedern in die Luft ragen. […]“

Dies ist ein Auszug aus den Karten, Briefen und Tagebucheinträgen, die Erwin Albert Stefan Hammerle während seiner ersten Reise nach Abessinien (dem heutigen Äthiopien) verfasst hat.

Drei Männer mit Flamingo (Ph-Pl-3152)

Erwin Hammerle wurde 1902 in Bludenz geboren und wuchs in Innsbruck auf. Er besuchte die Volksschule in Dreiheiligen und die Staatsoberrealschule in Innsbruck. Die Reifeprüfung legte er 1920 ab. Die darauffolgenden vier Jahre verbrachte er an der Monastischen Hochschule in Leoben, wo er die Fachrichtungen Bergbau und Markscheide- (Vermessung-)wesen belegte. Von der Hochschule erhielt er sein Ingenieursdiplom mit Auszeichnung.
Bereits während des Studiums absolvierte er Praktika in Untertagebetrieben in Essen und Schwaz. In Schwaz wurde er nach der absolvierten Hochschule auch wieder angestellt, ehe er ein knappes Jahr später von der TIWAG abgeworben wurde. Bei der TIWAG war er bis 1928 in verschiedenen Funktionen am Bau des Achensee-Großkraftwerks beteiligt.
Nach Abschluss der Bauarbeiten und einem kurzen Familienurlaub trat er im Juni 1928 in die Photogrammetrie GmbH München ein. Er wurde direkt in den Außendienst nach Untergreinau bei Garmisch geschickt, um dort die photogrammetrischen Aufnahmen des Zugspitzmassivs für das Bauvorhaben der Bayerischen Zugspitzbahn anzufertigen. Bereits im Oktober desselben Jahres wurde er nach Athen, Distomon und Aspra Spitia entsandt, um dort im Auftrag der Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft (Berlin) allein die terrestrisch-photogrammetrische Geländeaufnahme durchzuführen.


Nach weiteren Aufträgen in Meran-Laas sowie in Grainau für die Zugspitzbahn, wurde er während seiner Tätigkeit im Kaprunertal überraschend von der Otavi-Gesellschaft zur Teilnahme an einer Studienexpedition nach Abessinien eingeladen. Um an der Reise teilzunehmen wurde er von seinem damaligen Arbeitgeber, der Photorammetrie GmbH München, beurlaubt.

Bereits wenige Tage nach der Einladung starteten die Reisevorbereitung für die Abreise nach Abessinien.

Es waren intensive Tage, welche Erwin Hammerle bevorstanden. Am 28.09.1929 reiste er von Kaprun nach Innsbruck. Am Tag darauf (29.09.), einem Sonntag, ging es von Innsbruck nach München und von dort wiederum am 30.09. direkt für die Besprechung der Reise nach Berlin.

Von Berlin schrieb er eine Postkarte nach Hause:
Vom 1-tägigen ersten Besuch dieser Grosstadt [sic!] recht herzliche Grüsse! Am 10. ds. geht bereits der Dampfer ab Marseille, also höchste Zeit! Hoffentlich kann ich noch auf 1 Tag nach Innsbruck kommen. Expedition dürfte sehr günstig werden. Wenn irgend möglich, Näheres mündlich. Euer Erwin.

Nach einigen Vorbereitungen in München, schaffte er es wohl tatsächlich noch am 05.10. für einen Tag nach Innsbruck.

Am 07.10. schrieb er erneut in die Heimat, diesmal aus Stuttgart:
Mittags hier planmäßig angekommen geht’s nun um 2h nachts weiter nach Marseille (zu viert). Gestern hatte ich noch eine schöne Motorradfahrt von Innsbruck nach München, weniger schön war das Kofferpacken (bis 12h nachts). – Recht herzliche Grüße aus dieser sauberen Stadt! Erwin

Marseille 09.10.1929, Von Notre Dame de la Garde auf Marseille (Ph-Pl-5052)

Nach zwei Tagen Aufenthalt in Marseille legte am 10.10.1929 gegen 16:00 Uhr der Dampfer „Bernadin de St. Pierre“ nach Afrika ab.

Unser Dampfer (Bernardi de St. Pierre) nimmt im Hafen die letzen Gepäckstücke an Bord 10.10.1929 (Ph-Pl-2992)

Die Hoffnung „wenn wir nur schönes Wetter zur Seefahrt bekommen“ (entnommen einer Karte aus Marseille vom 09.10.1929) wurde jedoch nicht ganz erfüllt.

Lesen Sie nächsten Mittwoch mehr über die Reise eines Innsbruckers nach Afrika.

Amelie Sturm (SammelA-501; SammelA-501-20-002)

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