Eine Rennstrecke mit Schlaglöchern seit 1466?
Viele werden ihn wiedererkennen: den charakteristischen Blick auf die Haarnadelkurve der Zirlerbergstraße, jener zentralen Verkehrsader zwischen Garmisch und Innsbruck. Auch wenn sich die Bebauung auf dem Zwischenplateau seit den 1950er Jahren (?) ein wenig verändert hat, besitzt der Zirler Berg sowohl für Urlauber als auch für Einheimische einen gewissen Kultstatus. Das mag nicht zuletzt an seiner Steigung von bis zu 16% liegen, die für so manchen Motor eine echte Herausforderung darstellt! Ein Blick gut 500 Jahre zurück zeigt, dass dieser Bergübergang schon Jahrhunderte zuvor von großer verkehrstechnischer Bedeutung war – noch lange bevor sich motorisierte Blechlawinen dort bergauf kämpften!

Bereits im Jahre 1466 richtete Herzog Sigmund von Österreich, der Münzreiche, seinen Blick auf diesen, damals natürlich noch unasphaltierten Verkehrsweg – allerdings aus einem ganz anderen Grund. Laut einer überlieferten Urkunde vom 28. Juni 1466 trug er „seinem Rat und Hauskämmerer Reichart Klieber und seinem Diener Peter Melawer in Petnaw [auf] die Mängel auf den Straßen über den Zirlerberg und nach Telfs zu beschauen, die Mängel mit dem Küchenmeister Conrad, den Bürgern von Insprugk und allen anderen, die Zoll- oder Weglohn an diesen Straßen haben, zu besprechen und dann die Straßen auszubessern.“
Man kann nur spekulieren, welche Rolle ausgerechnet der Küchenmeister bei diesem Unterfangen gespielt haben mag, aber eines zeigt dieses Schriftstück ganz deutlich: Wenn sich schon Herzog Sigmund höchstpersönlich Gedanken über den Zustand der Zirlerbergstraße machte, kann das als Hinweis auf die Bedeutung der Straße (und ihre baulichen Mängel) gelesen werden. Es wird kein Zufall gewesen sein, dass Sigmund ausgerechnet in diesem Jahr einen Landtag nach Innsbruck einberief, um Geldhilfe für „seiner und seiner Lande und Leute merklich Notdurft“ zu verlangen.1 Dass jedoch ausgerechnet diese Straße Jahrhunderte später Austragungsort eines Motorsportwettbewerbs werden würde, hätte sich der münzreiche Herzog wohl kaum vorstellen können!

Doch genau dies wurde für die TeilnehmerInnen des Internationalen Zirlerbergrennens im Jahr 1925 Realität. Die Strecke des beliebten Straßenrennens führte vom Zirler Ortsausgang über Leithen hinauf bis nach Reith – eine durchaus anspruchsvolle Bergfahrt, die in sechs verschiedenen Kategorien ausgetragen wurde.

Wie es sich wohl für die Fahrerin dieses Motorrads angefühlt haben muss, die bekannte Haarnadelkurve mit ihrer Imperia inklusive Beiwagen in rasantem Tempo zu durchfahren? „Fräulein Lore Keller“ aus München, die auf diesem Schnappschuss mit der Startnummer 24 zu sehen ist, konnte sich jedenfalls an diesem 11. Oktober 1925 in der „Beiwagenklasse bis 350ccm“ den Sieg sichern und damit auch „den von der Tiroler Landesregierung gestifteten Damenpreis“, wie in der Zeitschrift Das Motorrad zu lesen ist!2 Zu diesem Erfolg hätte sicherlich auch der Herzog gratuliert!
Autorin: Flora Kaserer
Titelbild: StAI Ph-Pl-13345