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Eine (fast) Vergessene Wallfahrt

Eine (fast) vergessene Wallfahrt

Die heute eher unbedeutende Loretokirche in der ,,Haller Au“ zählte im 17. und 18. Jahrhundert zu den beliebtesten Wallfahrtsorten in Nordtirol.

Anna Caterina Gonzaga (https://innsbruck-erinnert.at/anna-caterina-gonzaga-stifterin-mehrerer-kirchen-und-kloester/) – zweite Ehefrau von Erzherzog Ferdinand II. – bat 1583 während der Schwangerschaft mit ihrem ersten Kind um die Errichtung der Kapelle.

Loretokirchen orientieren sich an der Santa Casa im italienischen Ort Loreto, bei der es sich laut Legende um das originale Wohnhaus der Heiligen Familie aus Nazareth handelt. Dieses soll im 13. Jahrhundert im Zuge der voranschreitenden Ausbreitung des Osmanischen Reiches von zwei Engel gepackt worden sein und schließlich – nach mehreren Zwischenstationen – auf einem Hügel oberhalb der italienischen Ortschaft abgesetzt worden sein.

Die Santa Casa entwickelte sich bei adeligen Pilger:innen zu einem der beliebtesten Marienwallfahrtsorte und inspirierte diese nach ihrer Rückkehr in die Heimat zur Gründung eigener Loretokirchen.

Ob Anna Caterina Gonzaga je im italienischen Loreto war, ist nicht geklärt. Die Kirche in der ,,Haller Au“ wurde auf jeden Fall in einem sehr abgelegenen, sumpfigen Gebiet errichtet, das sich fernab der Hauptverkehrsroute, die durch die MARTHA-Dörfer führte, befand. Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert durften Fuhrleute im Winter, wenn der Boden gefroren war, allerdings einen Weg in der näheren Umgebung der späteren Loretokirche verwenden, um nach Hall zu gelangen. Diese neue Landstraße wurde von Erzherzog Ferdinand II. auch öfters verwendet, um seine Schwester Magdalena im Adeligen Damenstift in Hall zu besuchen. Es ist davon auszugehen, dass ihn seine Gemahlin dabei mehrmals begleitet hat.

1589 erfolgte die Einweihung der Loretokirche in der ,,Haller Au“, die sich zu einem äußerst lukrativen Wallfahrtsort entwickelte, der insbesondere bei Adeligen beliebt war. Diese stifteten prächtige Gewänder für die Marienstatue, kostbare Messgewänder, wertvolle Arbeiten aus Silber (Kelche, Kruzifixe, Leuchter ..) und zahlreiche gemalte Votivtafeln. Bald schon reichte ein Kaplan nicht mehr aus und weitere mussten eingestellt werden, die zusätzlich von Priestern aus dem Servitenkloster in Volders unterstützt wurden.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts ließ die Wertschätzung des Hofes für die Loretokirche nach und diese entwickelte sich zu einer Volkswallfahrt, wie zahlreiche Weihegaben aus Wachs belegen.

Maria Theresia befahl dann eine Kultivierung der ,,Haller Au“, in deren Zuge auch eine gut befestigte, mit Pappeln gesäumte Straße, die von Mühlau kam und direkt an der Kirche vorbeiführte, angelegt wurde.

1785 erlitt die Loretokirche ein bekanntes Schicksal, indem sie von Kaiser Joseph II. aufgehoben wurde. Die Weihegaben wurden verkauft, die Silberarbeiten in der Haller Münze eingeschmolzen und die Glocken entfernt. Auch die angrenzende Gastwirtschaft im Mesnerhaus wurde verboten.

Trotz großer Bemühungen konnte die Wallfahrt zur Loretokirche in der ,,Haller Au“ nach den Josephinischen Reformen nicht mehr an ihre alte Blütezeit anschließen. Das Einsetzen der Wallfahrt nach Absam (Marienerscheinung 1797) und die Inbetriebnahme der Dampfeisenbahn durchs Unterinntal (1858), die – neben dem Zusammenbruch des Handelsverkehrs auf dem Inn – eine starke Einschränkung des Fuhrverkehrs auf der Straße brachte, bildeten Gründe dafür.

Nach einem Brand der Kirche im Jahr 1900 wurde diese – wie auf dem Beitragsbild aus den 50er Jahren erkennbar – sowohl außen als auch innen grau verputzt. Heute ist die ursprüngliche Bemalung in rötlicher Farbe mit weißer Quadrierung, die Ziegelsteine imitiert, wiederhergestellt. Diese soll – wie die beinahe fensterlose Fassade – die Santa Casa imitieren.

Loretokirche mit Bemalung in Ziegelstein-Imitation, 2024

Autorin: Maria-Gracia Winkler

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck: KR-NE-1913, Sammlung Kreutz; Foto: Maria-Gracia Winkler)

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare
  1. Also, zur Kirche kann i nix sagen, aber im Loretto hams doch seinerzeit oan derschossen, oder ? Hermann…müsste doch in deine Dienstzeit gefallen sein, oder ?

    1. Ja Thomas der Mord und auch Suizid war in meiner Dienstzeit, fiel aber nicht in die Zuständigkeit der Polizei sondern in die
      der Gendarmerie.

  2. Ja ja, schon klar, dachte nur du wüsstest Näheres. Habe ja selbst schon mehr gewusst, nämlich als es damals passiert ist, aber mittlerweile breitet der Wind des Vegessens seinen Mantel über mein Erinnerungsvermögen…

    1. Mir ist der Name des Ermordeten nicht mehr in Erinnerung, es handelte sich um einen Rechtsanwalt.
      Der Täter beging anschließend Selbstmord.

  3. Um auf die Loretokapelle selbst zurückzugehen: Sie dürfte die älteste Loretowallfahrt nördlich des Brenners sein, denn sie wurde bereits 1589 errichtet.
    Die im „Dehio Tirol“ angeführten Loretokapellen und -Wegkapellen (z.B. Ried im Oberinntal Mitte des 17. Jhdts, oder die Kapelle in Kufstein Sparchen 1690) sind alle jünger.
    Im nahen bayerischen Raum gibt es ebenfalls einige „Loreto“-Kirchen oder Kapellen, z.B. in Rosenheim, oder in Birkenstein bei Fischbachau.
    Und wenn Sie rein zufällig in eine Folge der „Rosenheim-Cops“ hineinplumpsen, bei welcher gerade die obligate „Leich“ aus einem See gefischt wird – und linkerhand in einigem Abstand erhebt sich als einziges Bauwerk auf einem Hügel ein Klosterbau mit einem schlank emporragenden Zwiebelturm – das ist das Franziskanerinnenkloster REUTBERG. Der Altarraum der Klosterkirche ist ebenfalls der Casa Santa von Loreto nachgebildet- mit der heiteren Note, daß die Engelen oben am rundum laufenden Gesims das Kücheninventar der Gottesmutter in den Handelen halten…
    Und so wie früher neben der Loretokirche in Thaur hat es auch hier einen Gasthof (mit Brauerei) – oder „hatte“ (vor 18 Jahren)

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