Eine bedeutende Tiroler Persönlichkeit
Am 18. Dezember 1860 erblickte Franz Kranewitter in Nassereith das Licht der Welt. Nach dem Besuch des Franziskanergymnasiums in Hall zog er nach Innsbruck, um Germanistik zu studieren. Er begann seine literarische Laufbahn mit Texten und Erzählungen in Zeitungen und Zeitschriften. Im Jahr 1888 veröffentlichte er einen ersten Gedichtband, das erste Drama Um Haus und Hof erschien im Jahr 1895. In seiner weiteren Laufbahn betätigte sich Kranewitter vornehmlich als Dramatiker. Um die Jahrhundertwende verfasste er Dramen zu Michael Gaismair und Andreas Hofer. Später folgte mit dem Dramenzyklus Die Sieben Todsünden (1905-1925) sein wohl bedeutendstes Werk. Die Aufführungen seiner Werke, die auch über die Grenzen Tirols hinaus Anklang fanden, waren meist große Publikumserfolge, doch erregten sie auch immer wieder einigen Anstoß, sowohl aufgrund inhaltlicher, als auch sprachlicher Begebenheiten in den Dramen. So schrieb etwa der Tiroler Historiker und „Volkskundler“ Anton Dörrer im Nachruf auf Franz Kranewitter in den Innsbrucker Nachrichten vom 7. Jänner 1938:
„Nach langem Hin und Her erklärte sich der Bühnenvolksbund in Berlin bereit, alle Dramen Kranewitters in Druck, Verlag und Bühnenvertrieb zu übernehmen, wogegen der Dichter und seine Gattin auf Lebensdauer eine Rente und dazu noch Gewinnanteile beziehen sollten. Statt mit beiden Händen zuzugreifen, studierte Kranewitter unter dem Vertrag die Vorstandsliste des Bühnenvolksbundes und brachte heraus: „Da ist ja kein Jude dabei! Ohne Juden geht im Theater nun mal nichts!“ Und der ganze Vertrag war für ihn abgetan. ‚Michael Gaismayr‘ hatte Anstoß bei einzelnen jüdischen Literaten erregt, und darauf führte Kranewitter den Mißerfolg des Stückes und Buches zurück. […] Hätte Kranewitter gewusst, daß noch etliche Kraftausdrücke in seiner „Eav“ [i.e. Wollust, Teil des Dramenzyklus Die sieben Todsünden, Anm.] als zu derb für Berliner Ohren, ja als Zeichen von Unvollendetheit beanstandet worden waren, hätte ich zu allem einen schönen Sturm erleben können.“
Kranewitter lebte aufgrund solcher und ähnlicher Vorkommnisse in relativ bescheidenen Verhältnissen in der Anatomiestraße, der späteren Peter-Mayr-Straße. Hinter dem „harten Oberländer Schädel“ ortete Dörrer ein umso „kindlicheres Herz“, welches beim Erzählen von Geschichten zum Vorschein kam. Vom Tod seiner Frau Marie wurde der damals 74-jährige stark getroffen. Einen kurzen Lichtblick brachten die Ehrungen, die er von Stadt und Land erhielt, etwa den Ehrenring der Stadt Innsbruck. Dann erkrankte Kranewitter schwer an einer Darmkrankheit und zog für letzten Jahre seines Lebens in sein Elternhaus nach Nassereith. Er erhielt schließlich ein Ehrengrab der Stadt Innsbruck am Westfriedhof.
Auf dem Titelbild ist er mit seiner Frau Marie am Hafelekar zu sehen. Das Foto muss also zwischen Juli 1928 (Eröffnung der Nordkettenbahn auf das Hafelekar) und Juni 1935 (Tod der Marie Kranewitter) entstanden sein. In Innsbruck erinnert heute noch die Kranewitterstraße in Pradl/Amras an Franz Kranewitter.
(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-1557)