Ein undatierter Stadtplan
Der hier zu sehende Stadtplan wurde leider von seinem Verlag nicht mit einem Datum versehen. Aber natürlich enthält er auch so einige Informationen, anhand sich seine Entstehungszeit dennoch einschränken lasst. Es gibt einmal schon einen Südtirolerplatz und noch einen Bismarckplatz. Gibt es noch andere Indizien, die uns erlauben, diese Plan genauer zu datieren?
(Signatur Ka-457)
Steht nicht rechts unten eine Jahreszahl?
Aber Rennweg???
Der Pradler Saggen (Prinz-Eugen-Straße) dürfte mit 1940 passen – oder?
Es ist leider kein hundertprozentig verlässlicher Indikator, aber die eingezeichneten Öffis zeigen die Situation zwischen 11.7.1939 (Schienenstrecke Tramlinien 2 und 4 Marktgraben – Herzog-Otto-Ufer – Saggen aufgelassen) und 1.10.1941 (Tramlinie 3 von Endstelle Dr.-Glatz-Straße zu ersten Wendeschleife im Netz, Rudolf-Greinz-Straße, verlängert). Von der Busliniennetzreform vom 15. September 1941 ist ebenfalls noch nichts zu sehen.
Alles zusammen würde die von Herrn Roilo geäußerte Vermutung „1940“ vollkommen stützen.
(Wie schon so oft: danke, Walter Kreutz, für die genauen Zeitdaten!)
Herr Schneiderbauer, Sie als Experte haben das sicher im Kopf oder zumindest schnell bei der Hand: Wie ist das mit der noch eingezeichneten Buslinie durch die ganze Pradlerstraße?
Es ist leider nicht alles ganz eindeutig und der „Kreutz“ als einzige Literatur dazu liefert auch nur fragmantarische Angaben und keinerlei Netzpläne zu Innsbrucks Buslinien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – ich gehe davon aus, dass keine weiteren Unterlagen mehr existierten, als Kreutz für sein Biuch recherchierte -, aber das war wohl die hier bereits in verschiedenen Diskussionen erwähnte KVI-Buslinie 6, direkte Konkurrenz zur 3er-Tram der LBIHiT, hier in der Pradler Straße auf einer bereits gezeigten Bearbeitung einer Fotokarte: https://postimg.cc/p5KTf1cS
So wie ich das verstehe, befuhr die KVI-Buslinie 2 ebenfalls zeitenweise einen Teil der Pradler Straße, aber die ganze Pradler entlang und dann weiter zur Lindengasse fuhr nur die Buslinie 6, nach Gründung der IVB als Zusammenschluss der bisher konkurrierenden Verkehrsunternehmen mit 15. September 1941 mit der Buslinie 1 vereinigt zur Durchmesserlinie A Hötting – Innenstadt – Pradl – Amras, die dann wiederum ab 1944 zur Obuslinie Hötting – Pradl wurde (der Streckenteil der Obuslinie nach Amras wurde gebaut, aber nie in Betrieb genommen, wie auch schon an anderer Stelle hier diskutiert).
Danke, Herr Scneiderbauer – auf Sie ist wirklich Verlass.
Ich kann mich noch erinnern, dass mir als Bub mein Onkel Vinzenz erzählte, dass man sogar eine Straßenbahnline durch die Pradlerstraße an unserem Haus vorbei errichten wollte. Unser Haus und die alte Pradlerkirche inklusive der Mariahilf Kapelle stand dem im Wege und auch die Pradlerbrücke war zu schwach dafür.
Das ist sehr interessant, Herr Roilo, denn eine der zahlreichen nicht verwirklichten Straßenbahnplanungen sah schon sehr früh eine Linie durch Pradl nach Dreiheiligen vor. Es kann eigentlich nur diese gewesen sein. Dass Ihr Onkel davon wusste, interpretiere ich so, dass das politisch und in den damaligen Lokalmedien auch später noch Thema war. — Die erste Erwähnung in der Kreutz-Chronik findet sich 1910, als ein Aktionär der LBIHiT eine neue Linie vorschlug, ausgehend von der Museumstraße und über die Gaswerkbrücke bis zur Pradler Straße, dort hätte das Scharfe Eck die Gleise aber nach Norden geführt statt nach Süden, bei Ihnen vorbei und weiter über die Sill mit Endstation in Dreiheiligen „beim Bahnviadukt“. Daraus wurde zwei Jahre später die Linie 3, die sich in der Pradler Straße aber der zu erwartenden Siedlungsentwicklung folgend nach Süden und Richtung Amras wenden sollte. Dennoch wurde die Idee 1911 zunächst als Zweiglinie der 3er geplant mit folgendem Verlauf, ich zitiere aus dem „Kreutz“: „(Abzweigung von der Linie 3 an der) Ecke Pradler Straße/Defreggerstraße, km 0,4 Hst. Schmiedgasse, km 0,6 Hst. Zeughausplatz, km 0,9 End-Hst. Dreiheiligen (vor der Kirche)“.
Weshalb nichts daraus geworden ist, darüber schweigt sich die Chronik aus; von den von Ihnen genannten Gründen höre bzw. lese ich zum ersten Mal; wie die alte Pradler Kirche genau positioniert war, weiß ich nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass weder sie noch die Kapelle diese Linie verhindert haben; die natürlich völlig ungeeignete damalige Sillbrücke und die mit ihrem straßenbahntauglichen Neubau verbundenen Kosten wäre jedoch ein sehr plausibler Grund.
Danach finde ich bei Kreutz keine Erwähnung mehr, das muss aber nicht heißen, dass das nicht noch weiterhin diskutiert wurde oder wieder auftauchte. Wahrscheinlich müsste man nur mal die „Innsbrucker Nachrichten“ in issuu ein bisschen durchforsten.
Aber daß da ordentlich „geschlampt“ wurde, haben Sie, Hr Roilo, sicher auch schon festgestellt: Das Haus Pradlerstraße 7 steht noch (und zur Zeit der Erbauung der Südtiroler Häuser war es doch längst nicht mehr vorhanden – oder? )
Und was mich besonders erheitert: Die „Straßen- Seil – und Seilschwebebahnlinie durch die Maximilianstraße von der Bürgerstraße zur Triumphpforte…
Ich getraue mich fast zu wetten, daß Fachleute noch einige Anachronismen auf diesem Stadtplan finden….
Das in der Maximilianstraße war die 1936 aufgelassene Strecke der Linie 5, zuvor bis 1926 genutzt von den Linien 3 und dann 0. Da die Haltestelle beim heutigen Landesgericht nicht mehr eingezeichnet ist, nehme ich an dass diese Strecke erst nach dem 2. Weltkrieg überteert wurde, denn die Schienen wurden damals nicht herausgerissen, sondern lagen noch bis Oktober 1974 unter dem Asphalt. Das würde vielleicht erklären, dass die Strecke hier noch eingezeichnet ist.
Ich glaube mich dunkel zu erinnern, daß meine Mutter angesichts der trotz der Asphaltierung sichtbaren Schienen -schon in meiner Kindheit, also vor dem 15.12.43, erzählt hat, hier sei einmal die Linie 2 gefahren, damit man vom Bahnhof schneller und bequemer in die Klinik komme – und rascher gesund werde und wieder zum Bahnhof zurückfahren könne… Aber mit den Autos gehe das noch schneller…
Da hat Ihre Mutter, wenn es so war, die Erinnerung an die Liniennummer getäuscht, denn die Linie 2 fuhr von 1909 bis 1920 ausgehend von ihrer Endstation Fischergasse Eck Andreas-Hofer-Straße durch die Fischergasse (später Fischerstraße – warum auch immer) zum Wiltener Platz, die Leopoldstraße, die Maria-Theresien-Straße, Marktgraben, Herzog-Otto-Ufer und durch den Villensaggen zu ihrer anderen Endstation beim GH Dollinger in Mühlau, aber niemals durch die Maximilianstraße (und kehrte 1926 nochmals kurz wieder, aber nur zwischen Maria-Theresien-Straße und Mühlau). Durch die Max fuhr von 1925 bis 36 die „Bahnhoflinie“ 5, hier etwa in tiefwinterlicher Pracht gemeinsam mit dem Schneebürsterl Nr. 200: https://postimg.cc/K3Ngx5g7 (Foto: unbek., eigene Slg., eigene Bearbeitung, könnte auch in der Slg. Kreutz sein).
Zuvor 1923-24 die Linie 0 und gegenläufig seit 1912 die Linie 3, davor seit 1910 die nummernlose Verbindungslinie Hauptpostamt – Bahnpostamt.
Richtung Westfriedhof und Klinik war ab 1925 tatsächlich eine Straßenbahnlinie geplant, aber in Verlängerung der 2er-Strecke aus der Fischergasse kommend und die Linie 1 kreuzend. Leider wurde sie nie realisiert.
Den letzten Kilometer zur Klinik musste Ihre Mutter also immer zu Fuß gehen, egal mit welcher dieser Linien sie dorthin gelangen wollte. Der Fußmarsch war es dann wohl, der sie gesund hielt. 🙂
Oh, da hat schon eher mich die Erinnerung an die Liniennummer getäuscht! Meine Mutter war ja schließlich „Anrainerin“ dieser Linie (Jg. 1916). Sie wohnte ab 1918 bis zum Angriff 15.12.43 an der Adresse Maximilianstraße 2 (ihrem lebenslangen „Heimwehort“). Nein, so hat sie nur mir, dem kleinen Kind, die im Asphalt der Fahrbahn der Maximilianstraße zwischen Gh Krone und Papier-Schmid-Auslagen deutlich erkennbar hervortretenden Tramwaygeleise erklärt.
Ja, Frau Stepanek, im Beitrag https://innsbruck-erinnert.at/etwas-verloren/comment-page-1/#comment-1726 erfuhren wir durch Herrn Egger, dass Pradlerstraße 7 bereits 1935 abgerissen wurde!
Ziemlich sicher hat jedenfalls mein Vater solch einen Stadtplan in Stadteile zerschnitten und seine drei Bombenschäden-Photoalben damit mit Ortsbezügen eränzt.
Ich besitze solch einen Rottensteinerplan der Wagnerschen auf dem rechts unten 19 R 38 steht. Diesen Stadtplan (und drei weitere Ausgaben anderer Jahre) habe ich Herrn Schönegger zur Verfügung gestellt und er wurde unter https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&scale=18055.954822¢erx=1270670.2929506355¢ery=5982532.660162261¢erspatial=102100&category=Detailkarten_georef&map=462
in den historischen Karten Tirols aufgenommen.
Interessanterweise kann man hierin den oberen Rennweg bereits als Adolf-Hitler-Platz und die Fallmerayerstraße als Wurnigstraße entdecken. Dafür gibt es die Prinz-Eugen-Straße noch nicht.
Für Frau Stepanek: Pradlerstraße 7 ist auch in diesem Plan noch vorhanden! Ungereimtheiten gibt es auch bei unserem ehemaligen Häusern Pradlerstraße 15 und Egerdachstraße 6 und beim Furterzaunweg (Zufahrt zur Rhomberg-Brücke)
Was mir auffällt, ist der fehlende Reichenauer Flugplatz trotz vorhandener, nach dem Flugplatz errichteter Lodenfabrik.
Unter der Stadtplansammlung des landes findet sich ein Rottensteiner Plan aus dem Jahr 1946, deutlich signiert mit 19 R 40 –
https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&scale=18055.954822¢erx=1270489.5724116182¢ery=5986342.161757422¢erspatial=102100&category=Detailkarten_georef&map=487
Vermutlich eine schnelle Entnazifizierung mit Korrektur der wichtigsten baulichen Veränderungen. Die zerbombten Objekte am Hbf wie Südbahndirektion und das Lagerhaus sind vergessen worden,
In diesem „1946er“ Plan (der übrigens auch von mir zur Verfügung gestellt wurde) gibt es auch noch die alte Pradlerkirche und das alte Feuerwehrhaus! Beides wurde schon 1941 von französischen Kriegsgefangenen abgerissen!
Von diesem 1946er Stadtplan besitze ich zwei Exemplare, je einen mit englischem bzw. französischem Begleitheft. Er war also für die Besatzungssoldaten gedacht und da war es wohl das Wichtigste, dass der eine Name nicht mehr aufscheint
Auch das öffentliche Verkehrsnetz wurde darin nicht aktualisiert, das Obusnetz fehlt noch vollständig.
Roilos Innsbruck-Plan von 1946 ist übrigens als sauberer Scan und georeferenziert im HIK abrufbar:
https://hik.tirol.gv.at/?scale=62433.2898773246¢erx=1267270.7558038912¢ery=5987047.12359222¢erspatial=102100&map=487
Wie sich manchmal die Links gleichen 🙂 .
Nebenbei: Außer dem anerzogenen Blick nach der Flughafengegend und dem damit verbundenen entdecken eines Unterschieds hab ich – ohne jetzt alles vollständig durchackert zu haben – keine weiteren Unterschiede zum Vorgänger von 1940 entdecken können.
Aufgefallen ist mir lediglich, dass häufig keine Einzelgebäude, sondern die ganze Bauparzelle eingefärbt ist. Auffällig z.B. in der mir wohlbekannten Gegend um den Bereich Mandelsberger/ Völserstraße. Die dort befindliche, zur Caserné française umgewandelte Schule ist nicht zu sehen. Die Franzosen werden schon heimfinden, einfach der Oberleitung des C nachfahren. Umgekehrt schien man Wert darauf zu legen, dass keiner mehr an das falsche Ende der Stadt fährt um in der Reichenau den Flughafen zu suchen.
Korrekt erscheint mir erst der Stadtplan von 1958, obwohl auch dort noch das „Prübgelbauufer“ als Sackgasse von der Karwendelbrücke stadteinwärts auftaucht, hat es aber bis zur Innpromenade dort nie gegeben. Imma dat jenaue.