Ein Prachtbau im Saggen, Teil 3
Die Vorgabe zu Baubeginn war, dass das Collegium Canisianum im Wintersemester 1911/12 bezugsfertig sein musste. Bereits im August 1911 war das Gebäude – nach etwas über einem Jahr Bauzeit – tatsächlich fertiggestellt. Am 14. und 15. Oktober 1911 fanden die Eröffnungsfeierlichkeiten statt. Der Fürstbischof von Brixen, Dr. Altenweisel, segnete die Räumlichkeiten und weihte am nächsten Tag auch die hauseigene Kapelle ein. In einem ausführlichen Artikel, der am 17. Oktober 1911 im Tiroler Anzeiger erschien, wurde ausführlich über das Ereignis berichtet:
„Das neue theologische Konvikt, Kollegium Canisianum im Saggen, wurde am 14. und 15. Oktober feierlich eingeweiht. Zu diesem Zwecke hatte das imposante Gebäude Flaggenschmuck angelegt. Die Farben und Embleme der verschiedenen Länder, denen die aus allen Weltgegenden zusammenströmenden Konviktoren angehören, waren vertreten. Die Brüstung der Portalterrasse war mit den päpstlichen Farben drapiert und überdies noch mit Tannengewinden geschmückt. Am Samstag traf Fürstbischof von Brixen, Dr. Altenweisel, gegen halb 5 Uhr abends beim Konvikte ein und schritt, vom Theologenchor „Cäcilia“ mit dem feierlichen Gesange „Ecce sacerdos magnus“ empfangen, sogleich zur Segnung des Hauses. Nach Eintritt der Dunkelheit erstrahlte der mächtige Turm in bengalischem und elektrischem Lichte. Am Kirchweihsonntag begann schon um halb 5 Uhr früh der Bischof von Tricala und Dompropst von Großwardein, Dr. BeIopotoczky. welcher als Altkonviktor im Hause selbst Wohnung genommen hatte, mit der Konsekration der vier Seitenaltäre in der im ersten Stockwerke an der Ostseite gelegenen Kapelle. Der Hochaltar und die Kapelle wurden dem göttlichen Herzen Jesu geweiht, dessen Schutz auch das ganze Konvikt unterstellt ist. […] Um halb 8 Uhr nahm der Fürstbischof Josef von Brixen zuerst die Segnung der Kapelle von außen am Eingang im ersten Stock, dann die Segnung im Innern vor. […] Vor dem neuerlichen Eintritt in die Kapelle hielt der Oberhirte eine lateinische Ansprache an die Theologen, worin er auf die Heiligkeit des Gotteshauses hinwies. Dann folgte die Vollendung der Kapellenweihe durch die Salbung der Apostelzeichen an den Wänden. […] Nach Vollendung der Konsekration las Fürstbischof Josef eine stille, hl. Messe, wobei der Chor „Cäcilia“ die deutsche Schubertmesse und andere deutsche Gesänge aufführte. Gegen 3/ 4 12 Uhr fand die denkwürdige kirchliche Feier ihren Abschluß. Um halb 1 Uhr vereinigten sich die zahlreichen geladenen Gäste mit den Vätern der Gesellschaft Jesu und den Konviktoren zum Festmahle im großen Speisesaale des Hauses. Ueber 30 Theologen machten hiebei den wohl über 300 zählenden Teilnehmern die Aufwartung.„
In dem oben genannten Artikel wurde auch die Inneneinrichtung der Kirche – von der wir im Stadtarchiv leider keine einziges Foto besitzen – genauer beschrieben. „Eine überlebensgroße Herz Jesu-Statue an der Stirnseite der Portalhalle, geschaffen von Meister Alois Winkler hier, weist auf den höchsten Patron des Hauses hin. Auf dem Hochaltare, der schon die vollständige Ausstattung erfahren hat, gibt eine herrliche, tiefempfundene, alten Mustern nachgeahmte Darstellung des gekreuzigten Heilandes mit dem dorngekrönten Herzen vor der Brust, beredtes Zeugnis von der Weihe der Kapelle und des Hauptaltars an das heiligste Erlöserherz. Eine ebenso schöne und andachterweckende Abendmahlgruppe unter dem großen Kreuze bildet den weiteren Schmuck des Altars, deren architektonischer Teil vom Altarbauer Pezzey in Salzburg stammt, während die wahrhaft künstlerische, in Holz ausgeführte Bildhauerarbeit von der Meisterhand des Herrn Josef Bachlechner in Hall geschaffen wurde. Außerdem weist die Kirche prächtige Glasgemälde der hiesigen Tiroler Glasmalerei und eine schöne Orgel von der Augsburger Firma Koulen auf.„
Im Jahr 1938 – nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich – wurde die Katholisch-Theologische Fakultät in Innsbruck geschlossen. Übergangsweise wurde im Canisianum eine Päpstliche Theologische Fakultät eingerichtet, doch Ende 1938 musste diese sich ins Exil in die Schweiz begeben. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten die Jesuiten das Canisianum erneut beziehen. Im Jahr 1957 ging das Gebäude wieder vollständig in den Besitz des Jesuitenordens über. Im Sommer 2013 übersiedelte das Collegium Canisianum in Räumlichkeiten des Jesuitenkollegs in der Sillgasse. Seither befindet sich im Gebäude in der Tschurtschenthalerstaße 7 ein Studentenheim der Akademikerhilfe.
Die beiden Abbildungen in diesem Beitrag zeigen Baupläne aus dem Jahr 1910, auf denen einmal die Ost- und einmal die Nordansicht des Canisianums abgebildet ist.
(Stadtarchiv Innsbruck, Pl-513-1, Pl-513-2)
Das ist sehr interessant, vielen Dank für diese aufschlussreiche Dokumentation!
Die Kapelle des Canisianums wurde im Jahr 1970 vom bekannten Architekten Josef Lackner im Stil der Zeit modernisiert und neu eingerichtet.
In der, zum 90sten „Geburtstag“ ergänzten, Baugeschichte mit Beschreibung gibt es auf den Seiten 14 und 16 ein paar Bilder der Kapelle – sowohl Altbestand als auch modernisiert (aka verschandelt)
https://www.canisianum.at/wp-content/uploads/baugeschichte.pdf
Mit Verlaub, aber die Jesuiten geizen sehr, ihre Kostbarkeiten auch einem breiteren Publikum zu zeigen: sowohl die (laut Fotos) sehr schöne Kapelle in neuromanischem/Nazarenerstil, als auch die grosse Kapelle des Canisianums sind offensichtlich hermetisch abgeriegelt!
Mehrere Versuche zur Besichtigung scheiterten, sehr schade!!