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Ein Prachtbau Im Saggen, Teil 2

Ein Prachtbau im Saggen, Teil 2

Doch wie genau sollte der neue Gebäudekomplex aussehen? Im Tiroler Anzeiger vom 21. Juni 1910 wurde eine recht ausführliche Projektbeschreibung veröffentlicht: „Der Haupttrakt des neuen Theologenheimes liegt an der Tschurtschenthalerstraße und hat eine Länge von beinahe 100 Metern. Im Westen, also zunächst der Villa Müller, springt ein Flügel bis zu fünf Meter an die Tschurtschenthalerstraße vor, wäh­rend der mittlere Teil dieses Haupttraktes mehr als 12 Meter von der Straße absteht und Raum für einen Blumengarten bietet. Mehr gegen Osten hin liegt der Haupteingang des künftigen Konviktes, der sich als gebauter Risalit mit einer Vorhalle präsentiert. Den Abschluß dieses Haupttraktes gegen Osten hin bilden der Erholungssaal, der durch zwei Geschosse geht, und die darüber befindliche Kapelle mit einer Länge von etwa 30 Metern, einer Breite von 13 Metern und einer Höhe von rund 8 Metern. Auf der Nordseite dieses Haupttraktes befindet sich die Küche mit ihren Nebenräumen, der Speisesaal und das Treppenhaus. Senkrecht zu diesem Haupttrakt im Süden steht der Osttrakt, der von dem Treppenhause bis hinaus zur Akademiestraße sich ausdehnt und auf beiden Seiten Zim­mer hat, die durch einen fast 3 Meter breiten Gang voneinander geschieden sind. Dieser Osttrakt, der also von der Tschurtschenthalerstraße bis hinab zur Akademiestraße verläuft, erweitert sich an der Akademiestraße entlang wieder zu einem etwa 50 Meter langen Gebäudeflügel. Der Osttrakt steht von den drei früher erwähnten Villen so weit ab, daß auch an dieser Stelle Gar­tenanlagen möglich sind. Der Hauptgarten des neuen Konviktes erstreckt sich aber längs der Akademiestraße bis hinab zur Ferdinands-Allee in einer Länge von 150 Metern und einer Breite von rund 70 Metern.“

Der erste Spatenstich erfolgte am 1. Juni 1910, die Feier zur Grundsteinlegung erfolgte am 21. Juni 1910 und am 15. Oktober 1910 konnte die Firstfeier abgehalten werden. Während des Winters wurde fleißig an der Innenausstattung gearbeitet und bereits im August 1911 wurden die Bauarbeiten vollendet.

Das Titelbild zeigt den Eingang zum Haupttrakt. Über der Vorhalle befindet sich ein Balkon. Unter dem geschwungenen Giebel wurde ein von der Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt angefertigtes, 4,8 Meter hohes und 9,8 Meter breites Mosaik, das den Heiligen Petrus Canisius beim Katechismusunterricht zeigt, angebracht. Auf dem zweiten Foto ist der schön ausgestaltete Speisesaal, der sich im Erdgeschossbereich westlich des Treppenhauses befindet, zu sehen. Die Wandvertäfelung wurde aus Zirbelholz gefertigt, die Decke und der Bereich über den Fenstern mit Stuckdekorationen versehen. An der Ostwand wurde zwischen den Eingängen ein großes Kruzifix angebracht.

Der dritte Teil des Artikels wird am 6. November 2023 erscheinen.

(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-31705, Ph-27029)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Wie oft kommt man denn durch die Tschurtschentalerstraße – und wann nimmt man sich denn schon die Zeit, dieses Canisianum länger und genauer anzuschauen? Bestenfalls „aha, ja, ein buntes Mosaik…“ – aber sonst halt ein grauer Klotz, so wie sie halt seit 1900 im Saggen herumstehen….
    Genauer betrachtet tastet sich der Historismus zaghaft gegen den Jugendstil Münchner Prägung vor – sage ich als blutiger Laie. Fachleute mögen mir bitte ungeniert widersprechen!
    Und dieser hohe Turm? Hat der einmal ein Geläute beherbergt? War er überhaupt dafür bestimmt? Wozu sollte er dann dienen? Und wozu hat er gedient? Fragen über Fragen.
    Der Speisesaal – hinaus mit den Tischen und Stühlen – und ein Ballsaal ist fertig!
    Die zugrunde liegenden Gedanken der kirchlichen Auftraggeber und der weltlichen Baumeister kennenzulernen, wäre wohl nicht uninteressant.
    (Warum habe ich schon wieder den Vers von Erich Kästner im Hinterkopf? „Was man auch baut – es werden stets Kasernen“)
    (Und noch eine Frage: Gabs hier auch einen Karzer für eventuell „aufmüpfige“ Seminaristen? Wir werdens nie erfahren, denn wenn ja, so wird es wohl ein ewiges Geheimnis bleiben)

  2. Am 15. Oktober 1911 wurde das neue Haus sogar durch zwei Bischöfe feierlich eingeweiht. Das Salzburger Kirchenblatt vom 19.10.1911 berichtet:

    „Die Einweihung des neuen Konviktes in Innsbruck fand
    am 15. d. Mts. (Kirchweihsonntag) statt und
    wurde durch Fürsterzbischof Dr. Altenweisel und Bischof Dr.
    Belopotoczky vorgenommen. In dem aus diesem Anlaß reich
    geschmückten, prächtigen Theologenheim am Saggen herrschte schon
    seit den frühen Morgenstunden bewegtes Leben. Gegen halb 5 Uhr
    früh begann Bischof Dr. Belopotoczky als Innsbrucker Altkonviktor
    mit der Konsekration der vier Seitenaltäre in der im ersten Stock­-
    werke an der Ostseite gelegenen Kapelle. Gegen halb 8 Uhr vor­-
    mittags erschien Fürstbischof Altenweisel und vollzog die Segnung
    der Kapelle von außen und im Innern sowie die Konsekration des
    Hochaltares, der dem göttlichen Herzen Jesu geweiht wurde. Hierauf
    las der hochwürdigste Fürstbischof eine stille heilige Messe, wobei
    die deutsche Schubertmesse durch den Konviktschor „Cäcilia“ zur
    Aufführung gelangte. Erst kurz vor 12 Uhr fand die kirchliche
    Feier ihren Abschluß. Bei dem nachher im großen Speisesaal des
    Hauses abgehaltenen Festmahl brachte Bischof Dr. Belopotoczky den
    ersten Toast auf Papst und Kaiser aus. Hierauf nahm Fürstbischof
    Altenweisel das Wort, pries den seligen Petrus Canisius, von dem
    das Konvikt den Namen trage, als leuchtendes Vorbild und Muster
    echter kirchlicher Gesinnung und sprach den hochwürdigen PP.
    Jesuiten als den vieljährigen erprobten Leitern des Konviktes den
    Dank aus. Es sprachen ferner noch Ordensprovinzial P. Wimmer,
    Baumeister Retter, Regens P. Hofmann und der Konviktor
    P. Fidel Varkonyi.— Abends um 5 Uhr fand eine Segen-
    andacht mit Tedeum statt, daran reihte sich eine Festvorstellung der
    Herren Konviktoren.“

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