Ein großer Tag…
… für die VI. Kompanie (Wilten) der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck war der 1. September 1929. An diesem Tag fand unter reger Anteilnahme der Bevölkerung am Kirchplatz vor der Wiltener Stiftskirche die feierliche Segnung ihrer neuen Automobilspritze (aufgebaut von der renommierten Fa. Rosenbauer in Linz) statt. Deren Bauart stellte für Tirol – wenn man den Zeitungsberichten glauben darf – ein Novum dar:
„Die Anordnung der Sitze in und gegen die Fahrtrichtung fällt besonders auf, da man bisher mit wenigen Ausnahmen gewohnt war, diese seitlich angeordnet zu sehen. Dadurch ist es ermöglicht, die ausrückende Mannschaft – Besatzung 8 bis 9 Mann – einigermaßen gegen die Witterungsunbilden zu schützen. Besonders wichtig ist dies bei Ueberlandfahrten. Hier bietet überdies noch ein aufklappbares Dach ausreichenden Schutz gegen Niederschläge, was bei der bisherigen Ausführungsart nirgends berücksichtig war. Die vorne eingebaute Pumpe bietet in ihrer Art verschiedene Vorteile, als leichtere Anfahrtsmöglichkeit zur Wasserquelle, insbesondere in der Nacht, wo die Scheinwerfer naturgemäß die notwendige Beleuchtung ergeben, um Unfälle vermeiden zu können. Am rückwärtigen Teil des Automobiles bietet ein kastenartiger Aufbau Platz für die Unterbringung einer abzuprotzenden, tragbaren Kleinmotorspritze im Gewichte von zirka 170 Kilogramm. Diese bietet die Möglichkeit, auch an solche Wasserbezugsstellen heranzukommen, die mit dem automobilen Gerät nicht angefahren werden können. Auf der Autospritze sind selbstverständlich auch die übrigen, notwendigen Gerätschaften und Ausrüstungsgegenstände untergebracht. Das neue Gerät ist auch mit einem Zeiß-Scheinwerfer neuester Ausführung, mit einem Spiegeldurchmesser von 380 Millimeter, ausgerüstet. Ein Gelbfilter ermöglicht in allen Fällen auch die wesentlich bessere Durchdringung von Nebel- und Rauchschwaden. Die Speisung des Scheinwerfers kann sowohl von der Lichtmaschine des Autos, als auch durch ein beliebiges Lichtstromnetz unter Verwendung des entsprechenden Leuchtkörpers erfolgen. Die Freiwillige Feuerwehr Innsbruck ist damit dank der Erkenntnis des Nutzens einer gutausgerüsteten Feuerwehr in ihrer neuzeitlichen Ausrüstung wieder ein großes Stück vorwärts gekommen. Es ist nur zu wünschen, daß die Modernisierung unserer jederzeit hilfsbereiten Wehr, so wie es der aufstrebenden Stadt Innsbruck gebührt, weiter eingehalten wird“, so der Berichterstatter der Innsbrucker Nachrichten (4. September 1929).
Zu ergänzen wäre an dieser Stelle mit Blick auf die Bestückung der neuen Autospritze noch, dass sie auch über „2 Schlauchmulden mit je 120 Meter Normalschläuchen, 2 Haspeln mit je 80 Metern und eine fahrbare Haspel mit 150 Meter Schläuche[n]“ verfügte – mithin also insgesamt beachtliche 550 Meter Schlauch mit sich führte. Auf unserem Foto erkennt man zudem ein Standrohr und zwei Saugschläuche (es ist anzunehmen, dass sich zwei weitere Saugschläuche auf der Beifahrerseite befanden).
Festlich geschmückt stand das neue Löschfahrzeug der VI. Kompanie an jenem 1. September am Kirchplatz in Wilten. Abt Heinrich Schuler zelebrierte um 9 Uhr morgens die Feldmesse und nahm im Anschluss die Segnung vor. Darauf folgten die bei solchen Anlässen obligatorischen Ansprachen, ein Frühschoppenkonzert der Wiltener beim Bierstindl und um 14 Uhr eine Schauübung, bei der die VI. Kompanie ihre Schlagkraft und die Leistungsfähigkeit ihres neuen Fahrzeugs unter Beweis stellte.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-12774)