Ein – für mich – unlösbares Rätsel
Schon mehrfach hat mich die Frage der Motivauswahl durch den Postkartenverlag umgetrieben. Von manchen Kirchen gibt es relativ wenige Ansichtskarten. Vom Dom oder der Spitalskirche zum Beispiel. Ich meine natürlich nicht, dass nicht in jeder besseren Sammlung einen Stapel davon gibt, aber verglichen mit anderen Motiven sind es eher wenig.
Natürlich war es in der Hochzeit der Ansichtskarte ab ca. 1895 üblich, täglich auch mehrfach Karten zu versenden. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass in Wien die Post bis zu fünf Mal täglich zugestellt wurde. Da können die „schönen“ Postkarten schon einmal ausgehen.
Aber muss es gleich dieses Motiv sein? Es sind eigentlich nur Dächer und Rückseiten zu sehen. Es stört mich ja nicht, ich wundere mich einfach, was man sich hier kaufmännisch gedacht hat. Da würde ich doch lieber die x-tausendste Karte von der Annasäule auflegen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Slg. Sommer)
Ich finde das Bild mit seiner ‚Hinterhof-Perspektive‘ eigentlich nicht unhübsch. Darüber hinaus ist es trotz dem Hintergrund auch eine meisterhafte Architekturfitografie ohne stürzende Linien trotz jeder Menge Ecken und Kanten, wofür (ohne Korrektursoftware) ein ganz bestimmten Standort wohl Voraussetzung war.
Die Vordeseite der Jesuitenkirche ist kaum einmal ohne Gegenlicht zu fotografieren. Und – unisono mit Herrn Pechlaner – so sieht sie im Verein mit unserer wirklich eindrucksvollen Bergwelt im Hintergrund doch recht stattlich aus.
Links sieht man noch das ziemlich neu wirkende Gymnasium in der Angerzellgasse, im rechten Winkel der mir als Schüler noch bekannte Turnsaal. Rechts setzt sich die Dachlandschaft mit der alten MK und dem Ausläufer des Palais Pfeiffersberg fort, hinten noch Teile der alten Uni mit dem Jesuitenkolleg.
Standort des Fotografen muß das damals auch neue und jetzt abgerissene Sillgassengymnasium gewesen sein, man befindet sich mit dem vierten Stock des Angerzellgassengymnasiums auf Augenhöhe.
Die Postkarte gibts auch bei Delcampe und ebay um 4 Euro. Auf der Rückseite wird ein Liebes Mariechen mit „Endlich habe ich diese Karte aufgtrieben, war in unseren Läden bis ich sie gefunden habe“. Auch 3 moderne Ansichtskarten gibt es auch, zweimal einen Stock tiefer angesetzt und einmal vom Dach der Jesuiten mit dem Schatten der Hauskapelle.
…und die Aufnahme ist um – oder kurz nach – 1900 entstanden. Lt. Dehio Fassadentürme von 1900, Volutengiebel mit Steinplastik Hl. Dreifaltigkeit (Franz Baumgartner) 1901
Ist die Hauskapelle der Jesuiten – von deren Schatten Sie sprachen – jene hinter der Sillgasse mit dem markanten kurzen achteckigen Turm?
Mir fiel der Turm vor vielen Jahren erstmals auf, als ich auf einer sonnigen Bank unterhalb der Villa Blanka saß und aus Langeweile versuchte alle Türme der Stadt richtig zuzuordnen.
Dieser besagten Turm wehrte sich lange Zeit erfolgreich gegen meine Zuordnung, er ist von den Straßen der Stadt aus nämlich nicht zu entdecken. Vom Hof der Schule aus beim Durchgang neben der Jesuitenkirche hatte ich ihn dann endlich entdeckt. Ich denke es ist jener Hof den man am obigen Bild erahnen kann. Erst dachte ich schon, dass die Aufnahme von dort gemacht wurde, aber das passt nicht. Mit dem Sillgassengym liegt Herr Hirsch sicher richtig.
https://innsbruck-erinnert.at/wir-hatten-einen-dienstgang-ii/
Herzlichen Dank Herr Roilo für den Link. Der Artikel bestätigt meine Erfahrung mit der Betrachtung. Sein Baustil erinnert mich übrigens an den Turm der Kriegergedächtnis Kapelle am Pradler Friedhof. Lt.Wiki ein Prachensky Bau von 1916 im byzantinisierend-romanisierenden Stil Kann ‚unser‘ Turm hier da zeitlich mithalten ?
Jedenfalls gibt es bei diesem Beitrag „unseren“ Turm noch nicht https://innsbruck-erinnert.at/ein-schoenes-panorama/.
Wie Sie die Querverbindungen immer wieder aus dem Hut zaubern erstaunt mich sehr und ringt mir Respekt ab.
Musste mal gesagt werden.
Aber nun zur interessanten Aufnahme. Da bewahrheiten sich einmal mehr die Worte des großen Goethe: „Man sieht nur, was man weiß“.
Das Mosaik in der Hauskapelle der Jesuiten scheint aus 1914 zu stammen. Die Kapelle selbst samt besagten Turm wird dann wohl ebenfalls in dieser Zeit entstanden sein. Sie ist damit ähnlich alt wie die Kriegergedächtnis Kapelle am Pradler Friedhof, was die auffälligen Parallelen im Baustil erklären würde.
Die Aufnahme im verlinkten Beitrag ist, wie ich sehe noch nicht datiert. Geht man von einer 2 jährigen Bauzeit der Kapelle aus (auch das Haus an dem sie angebaut ist, hat seine volle Länge noch nicht erreicht), muss sie vor 1912 entstanden sein.
Vielen Dank, Herr Pechlaner!