Ehre – Freiheit – Vaterland?
An diesem Denkmal bin ich bestimmt schon um die hundertmal vorbeigelaufen. Es sieht mittlerweile anders aus und doch ist der große Adler das, was wohl zuerst ins Auge sticht. Am Anfang bin ich wirklich einfach nur daran vorbeigelaufen, ohne mich weiter damit zu beschäftigen. Meistens war ich auf dem Weg in die Uni oder mit Freund*innen verabredet.
Erst als wir im Studium ein bisschen darüber sprachen, begann ich mich mit der Geschichte dieses Denkmals und der Umgestaltung dessen zu beschäftigen.
Das Denkmal wurde am 3. Juli 1926 enthüllt und erinnert an die Universitätsangehörigen, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind und wurde von dem Tiroler Architekten Lois Welzenbacher gestaltet. Auf dem dreieckigen Sockel stehen die Worte „Ehre – Freiheit – Vaterland“
In diesem Denkmal wird die deutschnationale Gesinnung deutlich. So betonte der Prorektor Theodor Rittler in seiner Rede: „Für Deutschlands Größe, Österreichs Ehre und die Einheit Tirols sind sie in den Kampf gezogen. Im Anblick des Adlers wollen wir uns der Kraft und Stärke unseres Volkstums getrösten und gläubig sprechen: Deutschland, Dein Reich komme!“ (Der Adler – Universität Innsbruck)
Vor allem nach 1945, dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Stimmen gegen das Denkmal lauter und ein Denkprozess wird angestoßen…
Wenn ich also heute an dem Denkmal vorbeigehe, blicke ich anders drauf, als noch vor zweieinhalb Jahren als ich es das erste Mal gesehen habe. Das ehemalige Kriegerdenkmal, das ursprünglich gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs gewidmet war, ist längst nicht mehr nur Ort des stillen Gedenkens. Es ist zum Schauplatz einer Auseinandersetzung geworden: mit Geschichte, mit Erinnerung und mit der Frage, wem Ehre, Freiheit und Vaterland eigentlich gilt.

Die Umgestaltung des Denkmals kam nicht plötzlich. Sie ist Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses. Lehrende, Künstler*innen und Studierende setzen sich kritisch mit dem Denkmal auseinander. Es wurden Gedenktafeln beigefügt, die an unter anderem Christoph Probst, einem Widerstandskämpfer der Weißen Rose, erinnern. Ab den 2000ern nahmen Protestaktionen gegen das Kriegerdenkmal stetig zu und so ließ es sich nicht vermeiden, einen Umgang damit zu finden. Kritiker*innen bezeichneten das Denkmal als kriegsverherrlichend und so stand in einem Flugblatt von Studierenden: „Ein düsterer Adler breitet bedrohlich seine Schwingen vor der Hauptuni aus. Er kam, um den Krieg zu verherrlichen und der Anschluss-Sehnsucht nach Deutschland Ausdruck zu geben“
Die Umgestaltung des Denkmals wirkt unbequem und genau das möchte sie sein. Über die Innschriften „Ehre – Freiheit – Vaterland“ wird jeweils ein blutrotes „welche(s)“ gesetzt. Es wird also konkret gefragt, um welche Ehre, um welche Freiheit geht es und welches Vaterland ist gemeint? Wem gebühren all diese Dinge? Außerdem liegt zu Füßen des Adlers eine Weiße Rose. Ein klares Symbol gegen den Nationalsozialismus und ein Zeichen des Gedenkens an Christoph Probst, der einst an der Universität Innsbruck inskribiert war.
Das Denkmal wurde nicht abgerissen. Es wurde auch nicht unreflektiert stehen gelassen. Es wurde zum Sprechen gebracht. Vom Zustand des Stummen Gedenkens wurde es in einen Dialog überführt – mit der Vergangenheit, mit der Gegenwart und mit uns, die wir täglich daran vorbeigehen.
Ein Denkmal ist nie nur Stein und Bronze – es ist immer auch Spiegel dessen, was eine Gesellschaft erinnert, verdrängt oder neu verhandelt. Das Denkmal darf unbequem sein, Fragen stellen und uns auffordern, Haltung zu zeigen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum PH-14124)
Text: Julie von Raußendorf
Diese Ergänzung in blutroter Schrift hat mir imponiert. Ein Hoffnungsschimmer. Aber nichts kann so gut sein, dass es fleißige Dumme nicht kaputt machen können, indem sie diese überdimensionale Rose noch draufklatschen müssen. Paßt – Symbolwert hin oder her . überhaupt nicht zusammen und zerstört die thematische Geschlossenheit des Ensembles komplett. Ich hab immer befürchtet, dass diese Schriftzüge mit Sprayaktionen verunziert werden. Es geht besser.
Es wäre schön, wenn man auch einmal mit dem Heldenfriedhof abfahren würde. Das sind Opfer. Opfer eines grausamen dummen Regimes, dem Menschenleben nicht gegolten haben. Nicht nur im KZ. Soldaten, Bombenopfer und rassisch Verfolgten, alles Opfer einer Gesinnung, die man jetzt wieder verehrt und mit dem adolphinischen Autobahnbau entschuldigt.