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Vom Durchgang, Der Ein Platz Werden Wollte

Vom Durchgang, der ein Platz werden wollte

Wenn Sie in den letzten Wochen versucht haben, auf der Terrasse des Café Central ein Gespräch zu führen, werden Sie gelegentlich von den kreischenden und stampfenden Geräuschen des nahen Bankenviertels daran gehindert worden sein. Geübte Stadtbewohner*innen kennen das schon: Der Sparkassenplatz wird wieder einmal generalbehübscht und saniert. Seit 1974 trägt der ehemalige Sparkassendurchgang diesen Namen und gefühlt alle 10 Jahre, manchmal auch in kürzeren Abständen, wird nach den neuesten städtebaulichen Erkenntnissen ein revolutionäres Konzept vorgestellt, dem manchmal auch nachgesagt wurde, dass es die Gesichtswäsche eines neuen Direktors oder Vorstandes gewesen sein könnte. Brunnen wurden errichtet, getauscht und entfernt, Bänke aufgestellt und als dort auch für das Stadtbild nicht repräsentative Personen gesichtet wurden, abgebaut, dekorative Gestaltungselemente hinzugefügt, die dann unpraktischerweise von lauten Skateboardern für Turnübungen genützt wurden und sicher in der neuen Fassung fehlen werden… es bleibt ein Spiel der Bank mit der Stadt und ein Spiel der Stadt mit der Bank.

Unsere beiden alten Fotos sind nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, die zeitliche Reihenfolge der Bilder kann man am einmal vorhandenen und einmal recht frisch entfernten Baum ersehen. Ob sich vor dessen Entfernung eine Bürgerinitiative zur Erhaltung gegründet hat oder sich ein arbophiler Arzt sich wochenlang in der Krone aufgehalten hat wie bei vergleichbaren stadtgärtnerischen Eingriffen, ist nicht überliefert.

(Stadtarchiv Innsbruck, Sammlung Kreutz, KR-NE-1306 und 1318)

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare
  1. Herrlich, dieses Bildmaterial abseits der Postkartenidylle ist wieder einmal absolut faszinierend.

    Ein höchst interessanter Anblick ist das kleine Gebäude mitten im Sparkassendurchgang. Man konnte es in einem früheren Beitrag bereits in Farbe bewundern.

    Es handelt sich um eine Bedürfnisanstalt, wie der Schriftzug „Öffentlicher Abort“ auf der Fassade den Passantinnen und Passanten offenbarte:
    https://innsbruck-erinnert.at/hoechstens-ein-halbes-raetsel/

  2. Ein besonderes Highlight ist auch der Obst- und Gemüsestand mit seiner schönen Waage. Solche Waagen sieht man heute nur noch sehr selten.

  3. Zur Geschichte des Sparkassendurchgangs ist vielleicht noch interessant, dass dieser erst seit seiner Verbreiterung im Jahre 1933 so heißt.
    Vorher hieß er Brix-Durchgang. Der Durchgang existiert mindestens seit 1909.

    Der Name „Brixdurchgang“ stammt möglicherweise von einer Familie Brix.

  4. Das Obststandl war vielleicht der mobile Vorläufer des seit Bau der südseitigen Geschäftszeile bestehenden Obstgeschäftes, dzt, oder schon damals Clementi.

    Ich hab ein schönes Farbfoto vom Sparkassenplatz in seiner ersten Fassung nach Abräumen der Kriegsspuren. Rasen, Blumen, ein netter Brunnen in der Mitte – es erhebt sich die leise Frage, warum man es nicht dabei belassen konnte- Achso, die Garage, wieder einmal.
    Apropos Parkplatz: Der Sparkassenparkplatz war einst eine kleine Kurzparkzone unter den übriggebliebenen Bäumen hinter der Westmauer der Bank, also am unteren Bild rechts neben dem Baum.. Noch Ende der 60er konnte man fast sicher sein, daß dort etwas frei war.

  5. Ein ausgewachsener Stadtbaum ist ein wahrer Segen für die Stadtbewohner:
    Ein großer Baum spendet viel Schatten, kühlt seine Umgebung im Sommer um bis zu 3 Grad und verdunstet mehrere hundert Liter Wasser pro Tag.
    Weiters dämpft er Lärm und bindet Feinstaub.

    Zeitweise musste die Abortfrau sogar in der abgebildeten Bedürfnisanstalt schlafen, weil sie keine Wohnung hatte und eine unvorstellbare Wohnungsnot herrschte. Am 31. Jänner 1928 veröffentlichten die Innsbrucker Nachrichten eine Sozial-Reportage mit dem Titel „Die Eingeengten. Besuch in Innsbrucker Elendsquartieren“, welche die Wohnverhältnisse der damaligen Zeit beleuchtet:
    Die damalige Abortfrau hieß demnach Frau Straner, war 69 Jahre alt und stammte aus Kärnten.
    Seit 8 Monaten wohnte sie schon in der Bedürfnisanstalt. Hier eine Beschreibung:
    „Rechts ist das Herren-Klosett, von dort geht eine
    Tür hinein.- Links führt eine Schiebetür zum Vorraum
    des Damenklosetts. Dazwischen wohnt sie. Und wie!
    Es ist ein geradezu grotesker Anblick, den diese
    „Wohnung“ bietet. Rechts in der Ecke steht ein Eisen-
    öfchen, dann kommt die schon erwähnte Tür; im Win-­
    kel steht ein kleines Tischchen, vis-a-vis ein ehemaliger
    Lehnstuhl. -Daneben ein Sessel, damit ist der Raum
    erschöpft. Ja doch, eine Kiste steht noch da. Da hat sie
    ihre Sachen drin.
    Bett hat sie keines. Es wäre auch zwecklos, wenn
    sie eines hätte; es hätte doch keinen Platz. Sie schläft
    im „Fauteuil“, wie sie sagt; dort kauert sie die ganze
    Nacht und versucht zu schlafen,-so gut es geht.‘ Das
    achte Monat schon! Und wäre gar nicht so unzufrieden
    damit, wenn es bloß nicht so kalt wäre. Sie hat nur
    eine einzige Wolldecke zum Zudecken. Das ist zu wenig
    in diesem feuchten Raum, an dessen Wänden Eis-
    kristalle glitzern und dessen Fußboden gemauert ist.
    Ich habe den quadratischen Fußboden abgeschritten; er
    mißt, nicht ganz zwei Schritte. Ein Meter vierzig viel-
    leicht eine Seite. Ein Bodenraum also von 1.96 qm
    als Wohnfläche.
    An der Wand hängt neben Pfanne und Topf ein
    mit Papier verhülltes Etwas. Es ist der Sonntagshut.“

  6. wie recht meine beiden Vorschreiber bezüglich grün am Sparkassenplatz haben. Dieser wurde ja jetzt um zig-Millionen neu umgestaltet, nur ich kann keinen Unterschied zu vorher erkennen: der ganze Platz komplett zugepflastert, kein schattenspendendes Bäumchen, kein Graserl, keine Blumenbeete, kein Brunnen (der ehemalige „Harfenbrunnen“ soll am städtischen Bauhof verrotten…).

    Dafür 5 Eisenstangen, die an heissen Sommertagen NEBEL versprühen sollen!! (wohin wird sich dieser Nebel wohl an unseren zahlreichen Föhntagen verziehen??).

    Man muss sich schon fragen, ob den Platzgestaltern das Wort KLIMAERWÄRMUNG schon mal untergekommen ist, und wer diesen das Hirn derart vernebelt hat, um dem Spaziergänger so etwas zuzumuten (Tiefgarage hin oder her)!

    Aber im Zubetonieren sind wir Innsbrucker wohl Weltmeister! Der Platz vor dem Cafe CENTRAL, der LANDHAUSPLATZ, RATHAUSPASSAGE, WIENERWALDAREAL, der Platz vor der HOFBURG bzw. rund ums Landestheater, der Platz vor der INNSBRUCKER MESSE, der MARKTPLATZ, die MARIA- THERESIENSTRASSE, WILTENER PLATZL, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und dies alles unter einer grünen Stadtregierung!!!

    Andere Weltstädte zeigen uns bereits, wies anders geht, bitte nachmachen!!

    1. Den Bozner Platz hätten wir auch noch zum Versiegeln. Obwohl mir aus Erfahrung Schlimmes schwant und ich ein nicht mehr und nicht weniger als ein Superschanigartl für die am Eck angesiedelte Gastwirtschaft befürchte, hoffe ich dochblauäugig auf die ungefähre Umsetzung eines mir bekannten Entwurfs mit jeder Menge Grün am Platz. Man könnts auch dort so lassen wie es ist, vielleicht die seit den strengeren Zebrastreifenregeln unnötigen Ampeln stillegen.

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