Der große Brand in Zirl
Am 21. Juni 1908 brach in Zirl ein verheerender Brand aus, der große Teile des Ortes in Schutt und Asche legte. Bereits am nächsten Tag erschien auf der Titelseite und den nächsten zwei Seiten der Innsbrucker Nachrichten ein umfangreicher Artikel mit dem Titel „Zirl ein Raub der Flammen“. Unter anderem wurde darin Folgendes berichtet: „Gestern mittag gegen halb 1 Uhr verbreitete sich in Innsbruck plötzlich das Gerücht, daß die altehrwürdige, durch Kaiser Maximilians Erlebnis auf der Martinswand bekannte Ortschaft Zirl in Flammen stehe. Jene, welche den Inn aufwärts eilten, um Nachschau zu halten, konnten sich alsbald überzeugen, daß man es leider mit trauriger Wirklichkeit zu tun habe, und wer den ins Oberinntal fahrenden Zug benützte, sah alsbald ein Rauchmeer vor sich, von dem sich nur die ziemlich unversehrt gebliebene Kirche und die gespenstisch in die Höhe ragenden Schornsteine der abgebrannten Häuser abhoben. […] Menschenhilfe vermochte gegen eine solche Katastrophe nichts auszurichten. Zwar rückten von allen Seiten Feuerwehren an, aber sie konnten sich vorerst nur auf den Schutz der an der Peripherie liegenden Häuser beschränken. […] Durch das Unglück wurden 164 Wohnhäuser, die Nebengebäude mitgerechnet vielleicht 250 bis 300 Firste, zerstört. Es verbrannten unter anderem das Post- und Telegraphenamt, fünf Gasthöfe, mehrere Branntweinschenken, die Gemeindekanzlei, die Kanzlei der Raiffeisenkasse, der Widum, die Gendarmeriekaserne und das Lehrerhaus. 1300 Personen wurden obdachlos.“
Wie durch ein Wunder blieb die Zirler Pfarrkirche fast unbeschädigt. Dies war dem beherzten Eingreifen des Zirler Bürgers Josef Plattner und einiger anderer Unerschrockener zu verdanken. Der Allgemeine Tiroler Anzeiger vom 24. Juni 1908 berichtete über die Rettung der Kirche: „Unser Korrespondent, dem leider das Haus über dem Haupte zusammenbrannte, schreibt uns: Noch hat das Feuer nicht alles verzehrt; an mehreren Stellen der Brandstätte glüht es noch immer und nach Verlauf von drei Tagen wirbelt der Rauch auf. Daß unsere Pfarrkirche vom Brande verschont geblieben ist, haben wir hauptsächlich dem wackeren Josef Plattner, Maurer in Zirl, zu verdanken, der, als er sah, daß am Turme die Kuppel zu brennen anfing, voran mit Hilfe von anderen wackeren Männern, speziell der Benediktiner von Martinsbühel, die Türen des Turmes sprengte, da dieselben verschlossen waren, und in den Turm hinaufstieg, nicht achtend seines Lebens, und trotzdem daß das Haus seiner Eltern bereits anfing zu brennen. Er klomm bis zur brennenden Stelle empor, hieb von innen die glühenden Schindeln weg und stieg frei auf die Kuppel heraus, währenddem seine Helfer Wasser nachbrachten, um von oben herab die erhitzten Stellen zu begießen. Durch diese mutige Tat wurde die Kirche gerettet.“
Das Titelbild zeigt eine am 4. Juli 1908 gelaufene Postkarte mit dem Titel „Brand in Zirl“. Aufgenommen wurde das Bild von dem Innsbrucker Fotografen Karl Dornach. In Zeiten in denen es keine bebilderten Massenmedien gab, war es nicht unüblich Fotografien von Unglücken als Postkartenmotive zu verwenden. Auf der Karte ist der Dorfkern von Zirl nach dem Brand vom 21. Juni 1908 zu sehen: Von den Häusern stehen nur noch die Fassaden und die Kamine. Die Pfarrkirche und einige Häuser am Ortsrand sind noch intakt.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sommer 4-75)