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Fünf Spatzen Pro Untertan

Fünf Spatzen pro Untertan

Um die Produktion seiner eigenen Nahrung sicherzustellen, geht der Mensch zuweilen sehr rabiat zu Werke und greift entsprechend in die Natur ein, um Schädlinge oder Unkraut zu vernichten. Heute sind es vor allem Pestizide, die dafür eingesetzt werden, aber auch in der Vergangenheit wurden unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um Ernten zu sichern. Zu diesen Maßnahmen gehörte etwa die Anordnung von Maria Theresia die Zahl der Spatzen drastisch zu reduzieren. Der Spatz galt nämlich als Schädling, der in großen Schwärmen auftretend die Getreideernte gefährden konnte.

Daher ordnete Maria Theresia im Jahr 1749 an, dass ein „jeder Unterthan“ jährlich im Frühling fünf Spatzen fangen sollte. Als Beweis sollten die Untertanen die Köpfe der Vögel der jeweiligen Obrigkeit oder dem Magistrat vorlegen. Erfolgte dies nicht, so musste für jeden nicht gelieferten Spatz ein Groschen Strafe berappt werden. Bevor diese Maßnahme allgemein bekannt gemacht wurde, forderte Maria Theresia in ihrer „allermildesten Landes-mutterlichen Vorsorg“ jedoch die jeweiligen Obrigkeiten in den Ländern auf, sich über die praktische Durchführbarkeit der Anordnung auszusprechen bzw. auch mitzuteilen, ob Spatzen in den jeweiligen Ländern auch tatsächlich eine Gefahr für das Getreide darstellten. Die erste Seite dieser Anordnung sehen Sie im heutigen Titelbild.

Die „gutachtlichen Gedancken“ dazu aus Innsbruck sind in unserem Archiv leider nicht erhalten (wohl eher im Landesarchiv), allerdings wurde die Anordnung, wie angekündigt noch im November des Jahres 1749 auch öffentlich verlautbart, daher scheint es keinen großen Widerstand aus Tirol gegeben zu haben. Wie diese Anordnung dann jährlich konkret durchgeführt wurde, sollte dann auch nach Wien berichtet werden, worüber sich bei uns jedoch keine spezifischen Aufzeichnungen finden. Die städtischen Rechnungsbücher aus der Zeit sind nur sehr lückenhaft überliefert und in den wenigen Bänden ergab eine Stichprobe kein Ergebnis. Aus dem Jahr 1762 haben wir jedoch eine Aufforderung an den Magistrat, die Zahlen für dieses Jahr an die Repräsentation und Kammer zu melden. Daher kann man davon ausgehen, dass die Spatzenvertilgung durchgeführt und auch kontrolliert wurde. Wie viele Tiere diesen Aktionen zum Opfer gefallen sind, kann ich allerdings nicht sagen. Für Oberösterreich gibt es Zahlen, die von etwa 200.000 Tieren in 14 Jahren ausgehen. Rechnet man das auf alle österreichischen Erbländer hoch, dann kann man von einem massiven Eingriff durch die Verordnung ausgehen.

Im Jahr 1774 erfuhr die Anordnung indes eine kleine Erweiterung, indem es den Untertanen nun freigestellt war, anstatt Spatzen „Scher- oder Wielmäuse“ (also Maulwürfe oder Wühlmäuse) abzuliefern, weil die „Scher- und Wielmäuse den Wiesen und Äckern weit schädlicher als die Spatzen sind“. Als Umrechnung galt dabei, dass ein/e Maul- oder Wühlmaus zwei-drei Spatzen entsprach.

Im Jahr 1782 hat Kaiser Joseph II. den Erlass seiner Mutter (zwei Jahre nach ihrem Tod) wieder aufgehoben (siehe das Bild oben). In der knappen Resolution sind keine Gründe für das Abkommen von der bisherigen Anordnung genannt. Ein Grund war aber offenbar, dass die Erfahrung gezeigt hatte, dass Spatzen sich zwar unter anderem von Getreide ernährten, sie andererseits aber auch Insekten fraßen, die wiederum selbst Schädlinge waren und dem Wachstum des Getreides schadeten. Damit war die Jagd auf Spatzen jedoch nicht für immer vorbei. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte gab es regional immer wieder ähnliche Verordnungen und Kampagnen zur Ausrottung von Spatzen, wobei unterschiedliche Methoden angewandt wurden. Mehrfach gab es auch Aufrufe zur Erhöhung der Zahl von Katzen, die Mäuse und Spatzen jagen sollten. Beides war außerdem nicht nur in der Habsburgermonarchie beschränkt, sondern auch in anderen Teilen Europas bzw. der Welt gab es ähnliche Versuche.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Historische Sammlung/Akten 481/1749 sowie 2105/1782)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Ja, selbst der große Genosse Mao Tse Tung mußte wegen des darauffolgenden Ungezieferüberschusses im Reiche der Mitte von einer ebensolchn Verordnung wieder Abstand nehmen.
    Oder „Alles schon dagewesen“

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