Der Blaue Nil (Abessinien Teil 12)
„Das waren nun etliche recht warme Tage, so dass ich wegen Mangel an geistiger Regsamkeit zu faul war, meine täglichen Zeilen zu schreiben.“ (aus dem Brieftagebuch vom 9.3.1930)
Nach diesen Worten resümiert Erwin Hammerle die vergangenen Tage:
Sie zogen weiter ohne Weg durch die Steppe. Erst nach Osten, dann nach Nordosten, dem Blauen Nil entgegen. Um besser vorankommen zu können, brannten sie die Steppe immer wieder nieder.
„Die langen Ritte durch die frisch gebrannte Steppe verschafften uns übrigens das Aussehen von Kaminkehrern, da alles voll Russ war und überdies die stehengebliebenen ausgekohlten Halme über Gesicht und Kleidung Pinselten“ (aus dem Brieftagebuch datiert für den 24.2.1930)
So reisten sie in tiefer liegende Gefilde, wodurch die Temperaturen deutlich anstiegen. So schrieb Hammerle etwas später: „Die Temperatur in der Sonne konnte ich nicht messen, da mein Thermometer ‚nur‘ bis 55°C ging; im beiderseits offenen Doppelzelt hatte es jedoch 43°C!“
Vom Lager aus machte sich Hammerle mit einigen Begleitern auf den Weg zur Einmündung des Dabus in den Blauen Nil. Etwa 3 km führte die Landzunge zwischen den Flüssen hindurch, bis sie sich zu einem schmalen Schotterstreifen verengte und weit ins Niedrigwasser hineinragte.
Zurück im Lager, das ebenfalls am Fluss lag, beschrieb Hammerle die Atmosphäre: „Grelles Zirpen der Zikaden erfüllte die Luft, Perlhühner und Nilgänse belebten da und dort flüchtig den Boden, der von der Regenzeit her, wo er wohl ganz versumpft und teilweise überschwemmt sein dürfte, waschschüsselgrosse Fusspuren von Nilpferden aufwies. Abends und nachts zeriss das dumpf dröhnende Grunzen dieser grossen Dickhäuter die Stille des einsamen Lagers.“ (Beschreibung vom 1. März 1930)
Ein weiteres Tier wird von Hammerle genauer beschrieben. Der Honigvogel:
Von ihrem Lager am Nil machten sie sich dann langsam wieder zurück auf den Weg ins Hochland, wo sie mit deutlich angenehmeren Morgentemperaturen um die 10°C empfangen wurden.
Am 9.3.1930 erreichten Sie nach einigen weiteren Tagen den Ort Mendi wo sie sich wieder mit dem Rest Ihrer Karawane trafen, welche sie von Nedscho aus vorausgeschickt hatten, bevor sie den etwa 260km langen Abstecher zum Blauen Nil gemacht hatten. In Mendi sammelten Sie sich um die nächste Reise zu planen um nun zu den Arbeitsgebieten von Herr Kegel und Herr Stier zu gelangen.
Über diese Reise lesen Sie in meinem nächsten Beitrag.
Amelie Sturm (Stadtmuseum Stadtarchiv, SammelA-501-07, Ph-Pl-3072)