Der Bau der Nordtiroler Eisenbahn – Das Viaduct
Wer einmal mit der Bahn vom Innsbrucker Hauptbahnhof gen Osten gereist ist, ist unweigerlich über eines der prägendsten Bauwerke der Stadt gefahren, das Bahnviadukt. Seit den 1850er Jahren prägt es die städtische Landschaft und teilt die Stadt, ursprünglich allerdings ohne größere städtebauliche Konflikte, denn das Viadukt lag damals noch am Stadtrand. Mit dem Wachstum Innsbrucks änderte sich die Wahrnehmung. Die Bögen des Viadukts wurden zunehmend für Lager, Arbeitsstätten und sogar als Wohnraum genutzt. Dadurch rückte das Bauwerk immer mehr in den Blick der Stadtbewohner nicht nur als technische Meisterleistung, sondern auch als trennendes städtebauliches Element.
Über die eigentliche Baugeschichte des Viadukts ist online erstaunlich wenig zu finden. Umso spannender ist, dass es in unserem Album eine detaillierte Baubeschreibung gibt, die ich unseren Leser*innen natürlich nicht vorenthalten will:
„Der Viaduct beginnt am Ende des Innsbrucker Stationsplatzes mit der Ueberbrückung der Museumstrasse und endet an der ersten Innbrücke mit dem Durchgange für den Schiffsritt. Er hat einschliesslich der Ueberbrückungen für drei Strassen der Stadt, dann für einen Mühlkanal und für den bezeichneten Schifftritt eine Gesammtlänge von 917 Klaftern (ca. 1,7 km) und eine mittlere Höhe von 24 Fuss (ca.7,6m), von der Terrainebene bis zur Schienenoberkante gemessen. Die 174 eigentlichen Viaductöffnungen sind von 21 bis 24 Fuss weiten und durch regelmässig eingetheilte respectieve Pfeiler in Gruppen abgetheilt. Auf jede drei Oeffnungen entfällt ein Gruppenpfeiler, welcher 9 Fuss (ca. 2,8m) dick ist, während die beiden Mittelpfeiler eine Dicke von 4’6“ (ca. 1,4m) haben. Das Pfeilermauerwerk besteht theils aus Quadern, theils aus Bruchsteinen von der an der Nordseite des Thales vorkommenden rötlichen Nagelfluh; die Sockel, die Eckverkleidungen der Pfeiler, dann je nach der Höhe derselben ein oder zwei Lager aus auflaufenden Schichten, und die Anlaufsteine für die Gewölbe hingegen durchgehends aus Quadern. Die Gewölbe sind Segmentbögen mit 2/7 Pfeilhöhe bei den 21 Fuss weiten und mit 1/4 Pfeilhöhe bei den 24 Fuss weiten Oeffnungen, und wurden aus Ziegeln mit einer Stärke von 2′ 6“ am Anlauf und 2′ 3“ am Schluß hergestellt. Sie sind mit einer 4 Zoll dicken Lage von hydraulischem Mörtel überdeckt. Durchlaufende Abdeckplatten und Parapete aus den Pfeilern aus demselben Steinmateriale und ein leichtes eisernes Geländer krönen den Viaduct. Von den übrigen im Viaducte angebrachten Ueberbrückungen ist die erste unmittelbar am Ende des Stationsplatzes befindliche für die Passage über die Museumstrasse errichtet, mit einer Eisenconstruction aus Blechträgern über der mittleren Oeffnung im Lichte 24 ½ Fuss und jede der beiden Seitenöffnungen 11 Fuss weit sind. Die Mittelpfeiler mit Widerlager dieser Ueberbrückung sind aus weissem Hagauer Marmor ausgeführt. Die andern Ueberbrückungen haben Quadergewölbe in Segmentbögen, jene über dem Mühlbach und für den Schiffstritt schief eingewölbt.“
In der Lithographie im Titelbild ist das ganze Viaduct inklusive Innbrücke mit Blick zum Bahnhof zu sehen. Die Brücke wurde im Album aber nochmals separat gewürdigt, weshalb ich sie hier noch ausspare, und wir uns ihr in einem eigenen Beitrag widmen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Bi-k-652-15)