Das bisschen Haushalt reicht doch (oder?)
Eigentlich war ich letztens auf der Seite der Universitätsbibliothek nur auf der Suche nach einigen Pädagogikbüchern für mein Studium. Aber was ich dann gefunden habe möchte ich euch, liebe Leserinnen und Leser, keineswegs vorenthalten. Zwischen den ganzen wissenschaftlichen Wälzern stach mir ein Buchtitel besonders ins Auge:,, Das Mädchenschulwesen in Innsbruck und die Errichtung einer weiblichen Fortbildungsstelle‘‘. Hierbei handelt es sich um ein kleines Büchlein aus dem Jahre 1885, in dem darüber diskutiert wird, ob Frauen eine höhere Bildung erfahren sollen oder ob die reine Hauswirtschaftslehre in den eigenen vier Wänden genüge.
Geschrieben wurde das gute Stück von Anton von Schullern und entgegen meiner Erwartung ist dieser überhaupt nicht zufrieden mit dem zeitgenössischen Bildungsangebot für die Innsbrucker Mädchen. Zwar hatte laut ihm keine andere Stadt so viele unterschiedliche Lehranstalten wie Innsbruck, aber dennoch wies die Ausbildungsskala erhebliche Lücken auf, vor allem wenn es um die weibliche Bildung ging. Während für Knaben vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten, wie etwa Gymnasien und Realschulen, zur Verfügung standen, mussten sich die Mädchen lediglich mit einer vierklassigen Mädchenschule in Dreiheiligen, einer fünfklassigen in St. Nikolaus, einer staatlichen Übungsschule und der Lehrerinnen-Bildungsanstalt begnügen. Aber auch Mädchen hatten eine achtjährige Schulpflicht einzuhalten, was aber insofern gelöst wurde, dass die Volksschulklassen in zwei Abteilungen geteilt wurden, in denen das bereits Gelernte einfach nochmal wiederholt wurde. Herr von Schullern betrachtete es daher als Ding der Unmöglichkeit, dass die Mädchen in einer Volksschule die gleichen Kenntnisse und Fertigkeiten erlernen konnten, wie in einer Schule, deren Klassenzahl den Jahren der Schulpflicht entsprach. Natürlich gab es damals auch schon Privatschulen für Mädchen, wie etwa die auch heute noch existierende Ursulinenschule in Innsbruck, aber Herr von Schullern verlangte vor allem im öffentlichen Bereich eine gewisse Gleichberechtigung in Sachen Bildung.
Zwar war die Erziehung des Mädchens zu einer braven, arbeitsamen sowie tüchtigen Gattin und Hausfrau ebenfalls im Sinne des Autors, aber gleichzeitig sollte sie auch in den Genuss kommen eine hohe geistige Bildung zu erfahren, da sie neben dem Dienst gegenüber Mann und Familie, auch einen Selbstzweck zu erfüllen hatte und für den Fall, dass ihr es nicht gelang ihrer Bestimmung als Mutter und Ehefrau nachgehen zu können, sollte sie immerhin in der Lage sein eine selbständige Existenz zu gründen. Herr von Schullern hatte sogar einige Konzepte für mögliche Lehrpläne für eine fortgeschrittene Mädchenbildung entwickelt. So sollten die Mädchen unter anderem in Deutsch, Geographie und Geschichte, Religion, Naturlehre, Arithmetik usw. vertiefend unterrichtet werden. Allerdings durfte auch der Unterricht in ,,weiblichen‘‘ Tätigkeiten nicht zu kurz kommen, wodurch es auch Fächer wie die weibliche Handarbeiten oder die Sittenlehre (Belehrung über die Pflichten des Weibes) gab.
Trotz dieser fortschrittlichen Denkweise muss man aber auch sagen, dass Anton von Schullern ein ganz klares Frauenbild im Kopf hatte. Er setzte sich zwar für eine umfassendere Bildung von Mädchen ein, allerdings duldete er nur jene Art von Bildung, die der ,,Fassungskraft‘‘ der Frau entspricht, das heißt, dass alles vermieden werden musste was das reine Mädchen mit ihren religiösen Gefühlen in Zwiespalt versetzen könnte. Der weibliche Egoismus sollte bekämpft und der religiöse Sinn der Frau musste gepflegt werden. Die eigene Bildung durfte nur dann zur Selbstverwirklichung dienen, wenn Heirat und Familiengründung misslang. Tja, damals war die Welt eben noch eine andere. Vielleicht sind heutzutage nicht mehr alle Frauen in der Lage zu nähen oder zu sticken. Die Familiengründung mag auch nicht mehr für jede Frau die oberste Priorität sein, aber dafür dürfen wir heute unseren eigenen Weg gehen, Universitäten besuchen und vor allem Widerstand zeigen, wenn uns etwas gegen den Strich geht. Und dafür, liebe Leserinnen und Leser, bin ich gern bereit die Nähmaschine aus dem Fenster zu schmeißen, wenn es sein muss. (Verena Kaiser)