Carl Rappo, der Innsbrucker Herkules. Teil 3
Carl Rappo und seine Aufführungen wurden im Laufe der Jahre immer bekannter und die gezeigten Kunststücke immer gewagter und spektakulärer. Die Zeitschrift „Österreichisches Morgenblatt“ berichtete am 7. November 1836 ausführlich über sein vielfältiges Repertoire: „Für die, welche Rappo nicht sahen, oder für unsere Leser in der Provinz diene hier die Mittheilung einiger seiner Productionen, darunter die vorzüglichsten: die Balance des Eies auf einem Strohhalm; der horizontale Stand an einer hohen Säule, wo Rappo, gleichsam in der Luft sitzend, sie schwierigsten Exercitien ausführt, und zuletzt einen schweren Schiffsanker, worauf oben eine Bombe liegt, in horizontaler Lage auf der Nase balancirt; seine Luftfahrt mit der Windmühle, wo er seine Füße an einen Flügel anschnürt, und wenn dann die Mühle im raschesten Schwunge ist, sich in der Luft, ohne seine gerade Stellung nur im mindesten zu ändern, im Kreis bewegt. Ärzte erklären dies Experiment als lebensgefährlich. Herrn Rappo erscheint das als Kleinigkeit. In Petersburg hat er dies an einer natürlichen Windmühle im Freien producirt. […]
Als Carl Rappo 1933 Berlin nach einigen erfolgreichen Aufführungen verließ, wurde für ihn zum Abschied folgendes Gedicht von einem unbekannten Autor verfasst:
„Was Menschenkraft vermag wenn sie mit Kunst vereinet, hast Du zum letzten Mal uns heute noch gezeigt; Und wenn dein Riesenspiel auch noch so leicht erscheinet: Dich hat in Deiner Kunst noch keiner erreicht. Man muß dich sehen, um der Fama zu vertrauen, und sieht man Dich, man schwankt und glaubt es nicht; Man wird geblendet, staunt, und schaut mit bangem Grauen zu Dir hinauf und fragt sich: ist’s kein Traumgesicht? So hast als Meister dich bewähret, mit Anstand, Grazie, das schwere Spiel gespielt; Als Herkules, als Athlet, den Beifall stets vermehret, den auch Dein kleiner Sohn, Dein Lehrling schon erhielt. Nun kannst Du hochbeglückt aus unsern Mauern scheiden, wo Du geehrt, und wo der treuen Freundschaft Band Dich innig warm umschlang: – mögst du den Schein stets meiden! – Leb‘ wohl! und kehre froh in’s biedre Alpenland.„
Die Bühnenshow Carl Rappos und seiner Künstlergruppe wurde immer professioneller: Es wurden Schriftsteller und Komponisten beauftragt, Bühnenstücke samt passender Musik zu verfassen. So schrieb zum Beispiel der Wiener Vorstadt-Dramatiker Friedrich Kaiser – allerdings unter einem Pseudonym – das Bühnenstück „Sisifus auf der Oberwelt“. Der Komponist, Dirigent und Geiger Anton M. Storch komponierte ein Musikstück für Carl Rappos aus zwölf „Gruppen“ bestehendes Programm.
Carl Rappo setzte sein wachsendes Vermögen auch für wohltätige Zwecke ein. So berichtete die „Wiener allgemeine Musik-Zeitung“ vom 29. Februar 1848, dass Carl Rappo sich entschieden hatte, den Reingewinn seiner Wiener Auftritte im Jahr 1848 für verschiedene soziale Einrichtungen zu spenden: „Die 20., athletische und plastische Kunstproduktion des Herrn Carl Rappo und seiner Gesellschaft fand am 25. d. M. zu einem wohlthätigen Zwecke statt. Herr Carl Rappo bestimmte nämlich mit der menschenfreundlichsten Bereitwilligkeit seinen Antheil an dem Reinertrage dieser Vorstellung dem Besten der unter dem Schutze Sr. k. k. Hoheit des durchl. Herrn Erherzogs Franz Carl stehenden Versorgungsanstalt für erwachsene Blinde. Wie wir vernommen haben, wird Herr Rappo von nun an jeden Freitag, so lange noch seine Produktionen fortdauern, seinen Antheil am Reinertrage einer Wohlthätigkeitsanstalt widmen, und schon am dritten März wird dieser menschenfreundliche Entschluß für die Armen des Josephstädter Polizeibezirkes die reichlichsten Früchte tragen. […]“
Carl Rappo verstarb 1854 in Moskau an den Folgen einer Typhuserkrankung. Sein Sohn François Rappo, der sich seit seiner Kindheit ebenfalls als Arkobat, später als Kraftjongleur und Arrangeur lebender Bilder betätigte, führte das Unternehmen seines Vaters erfolgreich weiter. Die folgende Abbildung zeigt die Ankündigung eines Auftritts François Rappos mit seiner aus 30 Personen bestehenden „Künstler-Gesellschaft“ im K. K. priv. Carltheater in Wien.
(Titelbild: Wikimedia Commons)