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Blutiges Heilmittel

Blutiges Heilmittel

Ach, der Aderlass!

Eine gängige Behandlungsmethode, welche größtenteils auf der antiken Viersäftelehre oder auch Humoralpathologie basiert und sich bis ins 19. Jahrhundert hinein auch durchaus vereinzelt als anerkannte Heilmethode gehalten hat – bevor man um den Blutkreislauf wusste. Hierbei wird eine Krankheit auf ein Ungleichgewicht oder gar eine schlechte Qualität der Leibessäfte zurückgeführt. Wer zum Beispiel zu viel schwarze Galle hatte, der konnte von Schwermut betroffen sein. Um das Gleichgewicht im Körper wieder herzustellen, wurde dem Patienten Blut entnommen, indem eine Ader punktiert wurde. Der Aderlass sollte so überschüssige und schädliche Säfte entfernen.

Die Behandlung klingt aus heutiger Sicht natürlich barbarisch, aber man glaubte damals fest daran, dass es wirkt. Ob es nun wirklich effektiv war, steht nicht zur Debatte. Ungefährlich war es aber sicherlich nicht. Mal abgesehen von Infektionen, hervorgerufen durch Keime oder Verunreinigungen der Instrumente (die Erkenntnis setzte sich erst nach Mitte des 19. Jahrhunderts durch), war es für den Patienten durchaus suboptimal, wenn sich am Ende der Behandlung zu viel Blut außerhalb des Körpers befunden hat. Anwendung fand der Aderlass auch immer wieder zu Zeiten von Pestausbrüchen.

Den Erfolg dahingehend kann man sich ja denken.

Heutzutage können wir die Viersäftelehre und den Aderlass in seiner intendierten Form zum Glück nur noch als interessante historische Kuriositäten der Medizingeschichte betrachten. Die Abbildung oben (Ausschnitt aus einer Pestordnung ca. 1520) zeigt anschaulich, welche Stellen üblicherweise zum Aderlass herhalten mussten … und wie glücklich der Patient dabei dreinblickt!

Diese Quelle aus dem 17. Jahrhundert aus Nürnberg (Stadtarchiv A 6 Nr. 684 24 und 25) gibt sogar eine Anleitung an die Hand – ein Hoch auf flow charts – mit der sich die behandelnde Person ganz einfach an die richtige Stelle herantasten kann. Favorit ist, dass bei augenscheinlichen Pestzaichen (sic!) in den Lenden der „Barbir die Gicht Adern der kleinen Zeen“ öffnen solle.

Danke, aber nein danke.

gez. Lisa Jüriens (Praktikantin aus dem Stadtarchiv Nürnberg)

(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-G-833)

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare
  1. Im weitesten Sinne wird wohl auch das Ansetzen von Blutegeln einen kleinen „Aderlaß“ bewirkt haben. Diese liebenswerten Geschöpfe hätten sich – vollgezuzelt – einfach abfallen lassen und seien dann „im Bett herumgezwazelt“. Zumindest berichtete das (sehr anschaulich) eine Frau Jahrgang 1916, die nach der Geburt ihres 1.Kindes 1938 eine Venenentzündung bekommen hat und damals mit Blutegeln therapiert worden ist.

  2. Meiner Mutter wurden bei Rotlauf vom Hausarzt Blutegel angelegt. Nach getaner Arbeit wurden sie zum Dank im Klo entsorgt.

  3. Also heut gäbs des nimmer. I wüsst auch gar nit, obs in Innschbruck no Blutegelgschäftn gibt. Vielleicht in der Markthalle ? Bei Amazon gibts es jedenfalls nit, und de ham normal alles.

    1. z.B. https://www.meinpharmaversand.de/blutegel-animalpharma-a8925996.html oder ausführlicher https://www.blutegel.de/index.php/de/

      Früher hat der Behandler die vollgesogenen Blutegel wieder eingesammelt, nach ein paar Monaten haben sie schon wieder Hunger oder Durst. Blutegel werden bis zu 25 Jahre alt, sagt das Internet. Heute ist das natürlich schrecklich gefährlich und man muß die Tiere nach dem Essen nach Tierschutzvorschrift töten.

      1. Oh weh, na, des bring i nit übers Herz. I kann ja nit amal oan Hund oder a Katz oschlagn, geschweige denn de netten Egelen !

        1. Und was sich mir nit eröffnet: warum muss ich davor was essen, bevor ich sie töten darf (Sie schreiben doch: „…NACH dem Essen) ?

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