„Bei bester Laune vergeht die Zeit im Fluge“
Der „Seewirt“ in Amras erfreute sich einst sowohl bei den Einheimischen als auch bei Ausflüglern und Sommerfrischlern großer Beliebtheit. Die wechselvolle Geschichte dieses Gasthofes reicht bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Im Jahr 1650 erhielt ein gewisser Fabian Rossi, seines Zeichens Tafel- und Silberdiener bei Erzherzog Ferdinand Karl, die Konzession in seinem kurz zuvor erbauten Anwesen Wein auszuschenken.
Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer und Wirtsleute wiederholt, auch der Name änderte sich. Sprach man zunächst vom Neuwirth zu Pänzing, so bürgte sich im ausgehenden 18. Jahrhundert der Name Seewirtshaus ein, der 1792 auch „offiziell“ übernommen wurde.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert, als die Familie Tripp den Betrieb führte, lockte der Seewirt u.a. mit kleinen, aber feinen Veranstaltungen. So fand organisierten die Wirtsleute für den 26. Dezember 1893 eine „gemüthliche Hausunterhaltung“.
Allen Kriegen, Krisen und kleineren wie größeren Katastrophen zum Trotz schlossen sich die Türen des Seewirts erst kurz vor dem Abbruch des Gebäudes im Jahr 1991. Seine letzte Blüte hatte der Betrieb in den Jahren des Wirtschaftswunders erlebt, woran die Eröffnung eines eigenen Campingplatzes im Jahr 1953 wesentlichen Anteil hatte.
„Vom Frühjahr bis zum Spätherbst ist der zum Hause gehörende Campingplatz bis weit über sein Gelände hinaus von hunderten von Zelten, Wohnwagen und Autos besetzt und man kann hier sehr viele Sprachen hören“, schrieb der Heimatforscher Adolf Schuler 1963 in seiner Geschichte des Hauses „Seewirt“.
Anschaulich schildert Schuler auch die Atmosphäre, die in jenen Jahren in diesem alten Amraser Wirtshaus herrschte:
„Der Gasthofbetrieb ist mit eigener Landwirtschaft glücklich verbunden, sodaß es neben den bekannten guten Südtiroler Rotweinen auch eine gute Küche gibt. Der ‚Rötel‘ löst die Zungen, und Sommerfrischler und Einheimische kommen dann bald miteinander ins Gespräch und es entwickelt sich oftmals eine nette gegenseitige Unterhaltung. Wenn unerwartet dann und wann ländliche Musik und auch Volkstänze zur Aufführung kommen, dann erreicht die Stimmung meisten den Höhepunkt, und bei bester Laune vergeht die Zeit im Fluge.“
(StAI, RM-Pl-1548 / Nachlass Adolf Schuler)
Mit diesem Gasthaus verbinden mich schöne Erinnerungen aus meiner Jugend- und Erwachsenenzeit. Ich trat 1965 der Schützenkompanie Amras bei. Der Schützenhauptmann Hermann Wanker und seine Frau Grete betrieben zu dieser Zeit und noch Jahre danach das Gasthaus. Für uns war es auch das Schützenheim, in dem auch der jährliche Schützenball veranstaltet wurde.
In diesem Wirtshaus verbrachte ich mit Freunden auch viele schöne Stunden beim Kartenspiel.
Mit Wehmut denken die älteren Schützen der Schützenkompanie Amras an diese Idylle zurück; war der Seewirt doch über Jahre quasi das Schützenheim der Kompanie. Hier fanden die Sitzungen und Veranstaltungen statt. Im ersten Stock wurden die Trachtenteile und Gerätschaften aufbewahrt. Unvergesslich sind die Schießveranstaltungen in der Veranda, wo der Schießstand jedes Mal neu aufgebaut werden musste und der alte Riemenboden so schwankte, dass man beim Schießen keinen festen Halt finden konnte. Ab und zu musste beim Schießen auch eine Fensterscheibe der Veranda daran glauben. Der Wirt des Gasthauses war Hermann Wanker, der von 1962 – 1970 die Funktion des Hauptmanns und von 1964 – 1970 auch jene des Bataillonskommandanten innehatte.