Aus dem Bautagebuch der NKB – Teil 9
Haben Sie gleich erkannt, wo hier gearbeitet wird? Gut, nachdem das Foto in dieser Serie erscheint, ist es nicht allzu schwer, sich zu orientieren đ
Wir befinden uns auf der Baustelle der Talstation auf der Hungerburg. Im Laufe des Novembers beginnt diese erste Formen anzunehmen. Es wird verschalt, die Betoneisen verlegt und betoniert. Am 28. November besichtigt Architekt Franz Baumann (1892-1974) gemeinsam mit Oberingenieur Angerer, Ing. Erhart und Bauleiter Ing. Thurner die StĂŒtzmauer auf der Westseite der Talstation:
„Es wurde vereinbart, Versatzbeton mit der Höttinger-Breccie zu mauern, da sich der eine zur Probe ausgefĂŒhrte Ring, welcher die AuĂenflĂ€che der StĂŒtzmauer mit der Höttinger Breccie ohne Versatzbeton verkleidet, als nicht schön, bezw. nicht zweckentsprechend erwiesen hat.“
Daher wird in weiterer Folge der Beton fĂŒr die StĂŒtzmauer aus gebrochener Breccie und Quetschsand angemischt. Mit 5. Dezember 1927 ĂŒbernimmt der junge, aufstrebende Architekt Siegfried Mazagg (1902-1932) „die BaufĂŒhrung fĂŒr die Talstation.“ Drei Tage spĂ€ter beginnt die „Betonierung der Eisenbetondecke ĂŒber dem Keller bzw. Magazinsraum [sic]. Mischung 1:4. Die Decke wurde in einem fertig betoniert“, heiĂt es dazu im Bautagebuch.
In den folgenden Tagen und Wochen gehen die Arbeiten an der Talstation, vermutlich bedingt durch die Jahreszeit und Witterung, nur langsam voran. Jedoch ruht die Baustelle auch zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Sylvester nicht ganz. So sind in den letzten Tagen des Jahres 1927 durchschnittlich 25 Arbeiter auf der Baustelle tÀtig, darunter drei Zimmerleute und einige Eisenbieger am Bauplatz der Talstation.
Dennoch ist der Baufortschritt zwischen dem Sommer und dem Jahresende 1927 beachtlich, zumal wenn man die logistischen Herausforderungen bedenkt. Immer wieder musste die Bauleitung auf unvorhgesehene Ereignisse reagieren. Beispielsweise musste sie am 2. November kurzfristig die Arbeitsplanung umstellen, da – bedingt durch einen Seilriss bei der Hilfsseilbahn – der Materialtransport ausschlieĂlich mittels TrĂ€ger bzw- Tragtieren erfolgen konnte.
Und auch die StraĂenverbindung von Hötting auf die Hungerburg – wir befinden uns noch vor Fertigstellung der HöhenstraĂe – sorgt fĂŒr Probleme, wie ein Blick in das Bautagebuch zeigt. Dort lesen wir unter dem 29. November 1927:
„Begehung der Höttinger HöhenstraĂe [sic] durch Ing. Thurner, da die Fuhrleute ĂŒber den schlechten Zustand bei der alten Höttinger Kirche klagen. Die StraĂe dort mĂŒĂte eingeschottert werden in Hinblick auf die zu erwartenden schweren Transporte der eisernen StĂŒtzen. Vorsprache beim Höttinger BĂŒrgermeisteramt. Bgm. Dr. GraĂmair war jedoch nicht anwesend.“
Thurner setzte sich daher direkt mit Stadtrat Dr. Walter Pembaur und BĂŒrgermeister Dr. Andreas GraĂmair in Verbindung und erhieltdie gewĂŒnschte Genehmigung. Am 2. Dezember 1927 notierte er dazu: „Mit Bgm. Dr. GraĂmair Hötting wurde vereinbart, daĂ Montag, den 5. XII. 4 Mann von uns vor dem Gemeindehause stellig gemacht werden, welche unter Leitung des dortigen StraĂenmeisters die ausbesserungsbedĂŒrftigen StraĂenstellen oberhalb der alten Höttinger Kirche beschottern sollten.“
Sehr beeindruckende Bilddokumente, vielen Dank fĂŒr diese spannende Baustellen-Serie!
Hinten sieht man die Villa Karwendel, wie auch auf dieser kolorierten Ansichtskarte:
https://innsbruck-erinnert.at/villa-karwendel/
Von Siegfried Mazagg stammt auch der Entwurf fĂŒr den Wiederaufbau des Hotels Mariabrunn. Es war eines seiner letzten GebĂ€ude.
Mich als Baumensch interessieren natĂŒrlich diese Bilder in erster Linie vom Bautechnischen her, besonders diese GerĂŒst- und Schalungskonstruktionen, alles nur aus Holz!
Auch die FachausdrĂŒcke haben sich stark verĂ€ndert: Eisenbeton, Quetschsand, Eisenbieger, Mischung 1 : 4!
Das Betonieren der Decken „in einem“ hieĂ natĂŒrlich arbeiten in Tag und Nachtschicht. Leider sieht man nirgends die Betonmischmaschine (von einer „Anlage“ möchte ich gar nicht sprechen) und die Art der Zubringung des Betons zur Einbausstelle. Wenigstens eine, wenn auch abenteuerliche Beleuchtung, gibt es, ohne Kabel, nur mit DrĂ€hten auf Keramikisolatoren!!
ZufÀllig ist auf dieser Seite auch der Beitrag https://innsbruck-erinnert.at/technikexperten-aufgepasst/ wieder aufgetaucht. Solch eine Betonmischmaschine wird wohl auch droben auf der Hungerburg gestanden sein.