Auf ein Bier?
Unsere heutige Zeitreise führt uns auf den Spuren zweier Herren in einen Gastgarten. Im Jahr 1909 genießen die Beiden dort „sehr schön im großen Wald“ ein Bier. Und viele Andere haben es ihnen bereits gleichgetan: Im Restaurant Schlosskeller (oft auch als Schlosswirt bezeichnet). Der Schlosskeller liegt unweit vom Schloss Ambras entfernt zwischen schattenspendenden Kastanienbäumen. Und bis heute findet sich das denkmalgeschützte Gebäude in der Schlossstraße 16. Nur noch das 1990 restaurierte Fassaden-Fresko und das für Touristen angebrachte mehrsprachige Schild „Kein Restaurant – no restaurant – non ristorante“ erinnern noch an das Gelächter und die Stimmung im Inneren der Gaststube.
Das dreistöckige Haus wurde im 19. Jahrhundert gebaut und übernahm den Ausschank des Schloss Ambras, welcher ab 1857 vom Schloss in den Schlosskeller verlegt worden war. Der Gastgarten und vor allem der getäfelte Saal mit Holzbrandmalerei (wie er von der Wirtin Maria Schaffenrath stets in Zeitungsannoncen angepriesen wurde) zog allerlei Besucher*innen an. Schon unsere Ansichtskarte deutet auf reges Besucheraufkommen in- und außerhalb des Gasthauses hin und auch in Zeitungen finden sich zahlreiche Beschreibungen vom Trubel im Schlosskeller. Im Mai 1904 spricht man in den Innsbrucker Nachrichten besonders nach Mitternacht von regem Treiben. Kaum einer konnte noch Sitzplätze ergattern, lediglich um im Stehen „die Becher kräftig zu schwingen und zum Munde zu führen“ war noch genügend Platz vorhanden. Kulinarisch hatte der Schlosskeller für Jeden etwas zu bieten. Von feinen Weinen, Fass- und Flaschenbieren aus dem Bürgerbräu bis hin zu Limonade wollte man jeden Geschmack treffen. In der Küche wurden kalte und warme Speisen angeboten und auch Erzherzog Eugen ließ es sich nicht nehmen, bei seinem Besuch des Schloss Ambras im Mai 1900 „eine kleine Erfrischung“ im Schlosskeller zu sich zu nehmen.
So munter und lustig es in dem Gasthaus auch zugegangen sein mag, manch einer ließ am Heimweg nach ein paar Bier zu viel, durchaus auch ein Tüchlein oder Jäckchen liegen und annoncierte den Verlust dann in der Zeitung. Im August 1911 wurde das Gasthaus sogar zum Schauplatz eines Verbrechens! Nachdem sich ein (bereits recht angeheiterter) Hochstapler als Verwandter der Wirtin ausgegeben hatte um der Fiaker-Rechnung zu entrinnen, ließ er den Kutscher auf den 10 Kronen, welche die Fahrt gekostet hatte, sitzen. Anschließend wickelte er auch noch eine Kellnerin und ein Zimmermädchen mit derselben Lüge um den Finger und war nach einer (gratis) Nacht im Schlosskeller am nächsten Tag bereits über alle Berge verschwunden. Um Mithilfe bei der Identifizierung des Schuldigen wurde/wird gebeten:
„Der Hochstapler […] ist ungefähr 58 bis 60 Jahre alt, von großer, korpulenter Statur, hat graue Haare, solchen Schnurrbart, etwas vorgebeugte Haltung, trägt dunklen Anzug, grauen Hut und ist angeblich Händler. Die Geschädigten erachten sich für betrogen.“
Innsbrucker Nachrichten, 29.08.1911, S. 3-4.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-39205)
Eva Haslinger