Auf die Grüne Wiese
Die beiden Häuser waren wahrscheinlich noch gar nicht ganz trocken, als das Foto geschossen wurde. Sie wurden in der Wiesengasse errichtet, wie bei diesem Rätsel schnell herausgefunden wurde, auch wenn sich bei dem oben rechts abgebildeten Haus die Fassade nach dem Kriegsende 1945 noch etwas verändert hat.
Vier fast gleich gebaute Häuser stehen hier seit 1914/1915 mit den Adressen Wiesengasse 4, 6, 8 und 10. Alle wurden von Beamten der Staatsbahn errichtet:
Die Herren Franz Kronberger (*1872 in Weng, O.Ö.), Karl Heil (*1873 in Zakany, Ungarn), Hermann Greuter (*1879 in Imst) und Josef Franzoi waren keine hohen Angestellten sondern stehen als Lokführer, Kondukteur und Adjunkt im Adressbuch. Josef Franzoi wohnte dann gar nie in diesem Haus, die anderen drei allerdings von Anfang an. In der Ausgestaltung unterschieden sich die Häuser nur in Nuancen, man kann davon ausgehen dass sie vom selben Baumeister gleichzeitig errichtet worden waren. Beim Foto oben fehlt jedes Grün, auch wenn die Spaliere schon hart auf ihre Bepflanzung zu warten scheinen.
Am 11. Dezember 1914 berichteten die Innsbrucker Nachrichten, dass „der Zugangsweg zu den vier neuen Villen dem Antrag der [Bau-]Sektion entsprechend Wiesengasse“ getauft worden war.
In diesem schönen Rätselbeitrag sieht man ein weiteres Haus aus der Wiesengasse:
https://innsbruck-erinnert.at/unbekannte-haeuser-vi/
Im Garten des Hauses Wiesengasse 10 wurde seinerzeit interessanterweise ein römischer Münzfund gemacht. In der Nähe wurde bei einem Neubau in der Wiesengasse 2 sogar ein Skelett gefunden, wie der Tiroler Anzeiger vom 20. März 1926 berichtet:
„Am Mittwoch, 17. März, stieß man oberhalb der Sillhöfe
beim Sandgraben zum Neubau Gugler-Steiner, Wiesengasse
Nr. 2, in einer Tiefe von 1 Meter auf ein menschliches Ske-
lett. Da man anfangs an einen Kriminalfall oder an einen
zur Zeit der Freiheitskriege hier begrabenen Krieger dachte,
wurde die Polizei verständigt, welche sich wegen Beerdigung
der Gebeine an das Stift Wilten wendete, von wo aus jedoch
der Fund als historisch äußerst interessant erkannt und sofort
dem Universitätsdozenten Prof. Dr. Gero Merhart ge-
meldet wurde. Dem großen Interesse der Nachbarbesitzer
Kronberger und Direktor Schlemmer und der Aufmerksam-
keit eines Arbeiters, der die Gebeine sorgfältig sammelte
und einen Bronzering barg, sowie dem Entgegenkommen
des Architekten Widmann ist es zu danken, daß der Fund
der Wissenschaft nicht verloren ging. Es handelt sich um das
Skelett einer älteren Frau, mit mangelhaften und fein
abgeschliffenen Zähnen, die an dieser Stelle in der
Zeit um 300 bis 400 nach Christus, also zur Römerzeit, be-
graben wurde. Für die römische Herkunft spricht ein
niederer Becher aus Lavez (Topfstein), der am Schädel
des Skelettes lag und am linken Unterarm ein schmaler,
ornamentierter B r o n z e r e i f, der beiderseits in einen
zierlichen, flachen Schlangenkopf endet. Der Lavezstein ist
ein weicher Serpentinstein, der auf der Drehbank bearbeitet
werden kann. Der grüngefarbte Unterarmknochen deutet auf
Patinareste des daran befindlichen Schlangenarmreifes.
Da bisher ein römischer Grabfund am östlichen Sillufer
nicht festgestellt werden konnte, hat unser Fund große Be-
deutung. Die Baureste von Veldidena, der römische
Meilenstein auf den Amraser Feldern, ein
römischer Münzfund im Garten des Direktors Schlemmer,
Wiesengasse 10, dann die östlich vom Garnisonsspitale in
den Amraser Feldern gefundenen Münzen aus der röm.
Kaiserzeit (siehe Wiltener Heimatbuch 1, S. 34) geben uns
einen Fingerzeig über die beiläufige Richtung des von Veldi-
dena abzweigenden und nach Unterinntal und Bayern füh-
renden Römerstraße. Die Richtung fällt vielleicht mit
der Wiesengasse und deren Fortsetzung durch die Amraser
Felder zusammen. Dieser Amraser Feldweg ist auf der älte-
sten Ansicht des Stiftes Wilten aus dem Ende des 15. Jahr-
hunderts ganz deutlich erkennbar. Der hart am Waldes-
rand nach Schloß Amras führende Fürstenweg ist jüngeren
Datums.— Am 18. März wurde das Skelett nach genauer
Untersuchung der Fundstelle von Prof. Merhart geborgen
und samt den Beigaben ins Museum Ferdinandeum gebracht.“