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Archivding Der Woche

Archivding der Woche

Diese Dankadresse hat eine weite Reise hinter sich. Entworfen und ausgeführt wurde sie von Leutnant Wilhelm Kimm im Feber 1916 im Kriegsgefangenenlager Dauria (Sibirien). Dieser Internierungsort lag in der Nähe der Grenze zur Mandschurei, bestand aus mehreren Kasernen und beherbergte zu diesem Zeitpunkt rund 260 Offiziere und 11.050 Soldaten der Mittelmächte. Auch einige Tiroler bzw. Innsbrucker, wie der 1888 geborene Fähnrich in der Reserve Franz Zebisch (FJB 7), der Kaiserjäger Ferdinand Grameiser (Jahrgang 1892) und der 1889 geborene Einjährig-Freiwillige-Sanitätsunteroffizier Alois Pirpamer (3. TKJR), befanden sich dort.

Eine Rot-Kreuz-Delegation, der auch die österreichisch-ungarische Rot-Kreuz-Schwester Anna Gräfin Revertera angehörte, konnte das Lager Ende März 1916 inspizieren. Sie stellte fest:

Die Offiziere bewohnten 5 als Offizierswohnungen eingerichtete Kasernen und konnten sich den ganzen Tag in einem von einem Stacheldrahtzaun begrenzten Hof frei bewegen; dieser Hof schien jedoch in Anbetracht der zur Verfügung stehenden grossen Raumfläche unnötig klein, und hätte sich bequem auf das Doppelte erweitern lassen können, so dass man genügend Platz gehabt hätte, etwas Sport zu treiben. – In einem der Gebäuden befand sich ein grosser Theatersaal, in dem die Offiziere und Mannschaften bis vor kurzem Konzerte und Theatervorstellungen veranstaltet hatten. Es ereignete sich indessen leider folgendes: eines Abends wurde eine Vorstellung gegeben, die stark applaudiert wurde, zufälligerweise war es gerade ein Tag, an dem die Nachricht von einer russischen Niederlage das in der Nähe des Lagers befindliche Dorf erreicht hatte; die dortigen Einwohner glaubten, dass es sich um Demonstrationen aus diesem Anlass handelte und beschwerten sich bei dem Garnisonskommandanten, welcher darauf sowohl Orchester- als Theatervorstellungen verbot.
Die Mannschaften schienen den Umständen nach gut untergebracht zu sein und waren dank der von dem schwedischen Roten Kreuz vorgenommenen Verteilung von Liebesgaben mit Kleidern, Wäsche und Schuhwerk ziemlich gut versehen. Die Quantität der Essens war auch hier absolut ungenügend, während die Qualität durchwegs befriedigte. Die Mannschaften erhielten 5 Mal die Woche die übliche Fleischration. Gute Waschvorrichtungen sowie eine Badeanstalt, in der jeder Mann monatlich 2 Mal ein Bad bekam, waren vorhanden.
Es gab ein grosses, besonders gutes Spital mit einer Abteilung für ansteckende Krankheiten; z. Z. befanden sich daselbst 358, bezw. 132 Patienten, welche letztere am Flecktyphus litten. Diese Epidemie war vor ein paar Monaten ausgebrochen und durch einen Transport von türkischen Kriegsgefangenen eingeschleppt worden. Sie trat ziemlich mild auf mit einer Sterblichkeit von 5-10 pCt. und war jetzt in der Abnahme begriffen. Den Äusserungen der Ärzte nach, waren Arzneien und Verbandstoffe momentan in genügender Menge vorhanden. Ausser dem Spital gab es in jedem Kasernengebäude ein Marodenzimmer, z. Z. befanden sich in diesen im ganzen ca. 250 Kranke, sowie eine Baracke für Genesende mit 252 Rekonvaleszenten. Obwohl das Lager auf einem abgelegenen und öden Platz lag, scheint es doch der Delegation zu den besseren Lagern zu gehören. Zu dieser Ansicht trug auch der günstige Eindruck bei, den man von dem Lagerkommandanten erhalten hatte, sowie der Umstand, dass sich hier kein Kriegsgefangener im Gefängnis befand – wohl das einzige Lager, wo dies der Fall war.

BERICHTE ÜBER DIE BESICHTIGUNG DER GEFANGENENPLÄTZE IN OESTERREICH-UNGARN UND IN RUSSLAND DURCH ABORDNUNGEN DES DANISCHEN ROTEN KREUZES, Russland III, Kopenhagen 1916.


Wie diese Schilderung zeigt, war selbst in den besseren Lagern die Verpflegung der Mannschaft unzureichend. Während die Soldaten und Unteroffiziere in den Lagern vielfach hungerten, konnten sich die Offiziere, die ja auch in der Gefangenschaft Anspruch auf ihre Gage hatten, bis zu den Revolutions- und Bürgerkriegswirren meist gut verpflegen. Nicht selten schlossen sich mehrere Offiziere zu einer „Menage“ zusammen, um den Einkauf und Speiseplan gemeinschaftlich zu organisieren. So auch in Dauria. Der Berufsoffizier Heinrich Bergauer (1881-1945) leistete als Leiter der dortigen Offiziersmenage offenbar ganze Arbeit, wie die – etwas holprigen – Verse illustrieren:

Menagemeister gibt es viel
Doch er weiss gut, was er will
Ob es jetzt Krenfleisch , Diverse Strudeln
Bofesen oder aber Nudeln.

Alles ist stets erster Sorte
wozu jedoch der vielen Worte:
„Der Trost in unserer bösen Lage
Er lebe hoch der Meister der Menage!“

Der „Meister der Menage“, Heinrich Bergauer, aufgenommen im Sommer 1918 in Irkutsk.

(StAI, Kleinsammlung Heinrich Bergauer – Mathilde Cubasch)

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