Anrüchiges Handwerk (II.)
Nach den zuvor beschriebenen Arbeitsschritten teilten sich die Gerber in die bereits erwähnten Weiß- und Loh-/Rotgerber. Erstere verarbeiteten die Blößen mithilfe von Alaun weiter, letztere hingegen verschiedene Arten von Baumrinde. Während Alaun das fertige Leder weiß bleichte, gab die Rinde ihm einen rötlichen Ton – daher die Namen der Handwerkszweige.
Der Lohgerber verfrachteten die vorbereiteten Häute in Gruben und bestreuten jede einzeln mit einer Schicht von „Lohe“ – feingeriebener Baumrinde. So stapelten sie dutzende Häute in den bis zu drei Meter tiefen Gruben, die anschließend mit Wasser gefüllt wurden. Nach rund drei Monaten wurden sie ausgehoben und erneut eingelegt, dieser Schritt wurde bis zu vier Mal wiederholt. Je nachdem von welchem Tier die Häute stammten und für welchen Zweck sie gedacht waren, blieben sie teils jahrelang in den Gruben, ehe sie zuletzt gewalkt und gepresst wurden. Wenn der Gerber das Leder nicht auch noch selbst weiterverarbeitete, war seine Arbeit damit getan und er konnte das Produkt Schuster, Sattler oder andere Handwerker verkaufen.
Die Weißgerber verwendeten hingegen statt der Lohe Alaun, eine Verbindung aus Kalium- und Aluminiumsulfaten. In der Regel ging der Gerbprozess damit schneller von statten (er dauerte nur einige Monate). Sie verarbeiteten auf diese Weise weichere Häute (von Kälbern, Ziegen und Schafen) zu geschmeidigem Leder, das vor allem für Bekleidung begehrt war.
(Willkommensbecher der Zunft der Lederer und Gerber, Signatur Ph-A-882-4-088)