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Alle Wege Führen Nach …

Alle Wege führen nach …

Im heurigen Jahr wird es wieder außergewöhnlich viele Menschen nach Rom ziehen, denn für 2025 hat Papst Franziskus ein Jubeljahr verkündet. Den Brauch, periodisch ein Heiliges Jahr zu feiern, gibt es schon seit dem Jahr 1300, wobei seit 1475 gilt, dass ein solches alle 25 Jahre stattfinden soll. In einem Jubeljahr können Gläubige einen vollständigen Ablass erlangen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Lange Zeit war eine Pilgerreise nach Rom und der Besuch mehrerer Heiliger Stätten in der Stadt notwendig. Heute gibt es dafür auch andere Möglichkeiten (alle Bedingungen siehe hier).

Neben den regulären Jubeljahren gab es schon mehrere außerordentliche Jubeljahre. Zuletzt fand ein solches 2015/16 statt. Auch das im heutigen Titelbild zu sehende Prospekt wurde anlässlich eines außerordentlichen Heiligen Jahres herausgegeben: im Jahr 1933 verkündete Papst Pius XI ein außerordentliches Jubeljahr zur Erinnerung an den laut katholischer Überlieferung 1900 Jahre zuvor stattgefundenen Tod Jesus.

Wie üblich zog dieses Ereignis und die Aussicht auf eine Ablass hunderttausende Pilger und Pilgerinnen an. Die Jubeljahre waren von Beginn an ein riesiges Geschäft und auch in Tirol wollte man davon profitieren. In dem Faltblatt wurden nach Rom Pilgernde eingeladen, auch Tirol zu besuchen und sich auf der Durchreise auf ihren Aufenthalt in Rom vorzubereiten oder sich auf der Rückreise vom Trubel der Ewigen Stadt zu erholen. Das Prospekt betont dabei – wie nicht anders zu erwarten – das Bild vom Heiligen Land Tirol, wie es im 19. Jahrhundert ganz besonders gefördert wurde und hier noch nachwirkt.

Innenteil des Prospekts. FI-1531_2

In Österreich hatte das außerordentliche Heilige Jahr allerdings noch eine weitere Dimension, fand doch im September 1933 der Allgemeine Deutsche Katholikentag in Wien statt, der als Beginn der austrofaschistischen Diktatur angesehen werden kann. Bei dieser aufwändig inszenierten Massenveranstaltung verkündete Bundeskanzler Engelbert Dollfuß das Ziel einen sozialen, christlichen deutschen Staat „auf ständischer Grundlage“ schaffen zu wollen. Der Katholikentag war der Höhepunkt des politischen Katholizismus in Österreich und signalisierte den Schulterschluss zwischen Kirche und der Regierung Dollfuß. Mit dieser Positionierung Österreich als christlichem Bollwerk wollte sich die österreichische Regierung auch vom nationalsozialistischen Deutschland abgrenzen. Die Organisatoren in Wien bezogen sich dabei auch besonders auf die Befreiung Wiens von der Belagerung durch die Osmanen vor damals 250 Jahren. Ein Ereignis das gerade in der jüngeren Vergangenheit wieder vermehrt politisch vereinnahmt wird.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum FI-1531)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Ah ja, das deutsche katholische Tirol der Zwischenkriegszeit!
    „Deutsch“ scheint im damaligen Schrifttum geradezu gleichbedeutend für alles Allerbeste auf Erden verwendet worden zu sein.
    Im Bändchen „Tiroler Heimatbücher“, herausgegeben von der Landesgruppe Tirol des Vereines für christliche Erziehungswissenschaft Band i — Wilten Nordtirols älteste Kulturstätte – steht schon in den Geleitworten von Hermann Wopfner (Vorsitzender der Landesgruppe Tirol des Vereines für christliche Erziehungswissenschaft) der so wunder- wunderschöne Satz:
    „Unser deutsches Volk hat aus den Schätzen seines tiefen Gemüts so viel des Schönen geschaffen, …“usw.
    Wann das herauskam? August 1924 – also nicht im Heiligen Jahr.
    Und der Prospekt im obigen Beitrag – ao Hl. Jahr 1933 – das „Deutsche“ Innsbruck…
    Der deutsche Acker war bestellt, die Saat konnte auch in Innsbruck reich aufgehen und geradezu aus dem Boden „schießen“.

  2. Mir wird ganz übel, wenn ich daran denke und das mit aktuellen politischen Entwicklungen verknüpfe. Deutschnationale, rechtsextreme Burschenschafter und Identitäre dürften neben gefährlichen Schwurbler:innen und Agitator:innen bald wieder regierend im Kanzleramt und in den Ministerien sitzen. Ins Parlament sind sie schon längst eingezogen. Da werden wir vielleicht vieles von dem aufbringen müssen, was wir aus der Vergangenheit und den Widerstandskämpfen voriger Generationen hoffentlich gelernt und mitgenommen haben. Umso wichtiger ist die archivarische Konservierung von allem, was die damaligen und die heutigen Geschehnisse dokumentiert.

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