Was Linda nach Imst brachte: Mit den Augen des unbekannten Fotografen XVII
Als wir Linda – darf ich sie nun immer noch so nennen, wo sie doch Theodolinde hieß und eine Frau Gräfin war? – kennengelernt heben, befand sie sich auf dem Weg nach Imst. Manfred Roilo hat damals sehr scharfsinnig die Frage gestellt, was sie wohl in diesen eher abgelegenen Ortsteil geführt haben mag. War sie vielleicht eine Imsterin? Ist der unbekannte Fotograf wegen ihr dorthin gekommen?
Das ist nun so ein Mosaiksteinchen, das erst durch die Zusammenhänge richtig eingefügt werden kann. Die Antworten lauten: Nein, denn sie ist in Schwaz geboren. Und nein, es war genau umgekehrt. Es war Theodolinde, die wegen ihres Mannes nach Imst kam. Rudolf Graf Vetter von der Lilie fungierte dort nämlich von 1898 bis 1905 als Bezirkshauptmann.
Der Bericht über die feierliche Verabschiedung Graf Vetters am Sonntag, den 2. Juli 1905 deutet darauf hin, dass er dort recht beliebt gewesen ist. Nachdem die Presseberichterstattung gegenüber der Obrigkeit in dieser Zeit meist recht respektvoll (um nicht zu sagen unterwürfig) ausfiel, darf man sich aber von vornherein keinen besonders kritischen Blick erwarten. Dies umso mehr, als der Bericht mit den Worten „Aus Imst schreibt man uns“ beginnt, woraus man schließen kann, dass der Text im Bereich der dortigen Verwaltung entstanden ist.
„In dem bis aufs letzte Plätzchen gefüllten Saale des Posthotels“ drängten sich Vertreter sämtlicher Gemeinden des Bezirks, die Graf Vetter eine kunstvoll gestaltete Dankadresse überreichten. Wie bei solchen Anlässen üblich, waren Vertreter von Landtag, Verwaltung, Geistlichkeit, Militär präsent. Der Landtagsabgeordnete Haid schilderte in seiner Festrede den Grafen als Menschen „der den Edelmann von Geburt mit dem wahren Volksmanne in sich vereine“.
Dank wurde aber nicht nur dem Grafen selbst zuteil: „Herr Landesgerichtsrat v. Schmidt gedachte der Gemahlin des Gefeierten und pries deren Hochherzigkeit, Mildtätigkeit und unermüdliche Fürsorge für die Armen“. Hier spiegelt sich ein typisches Muster dieser Zeit wieder: Der Mann ist Amtsträger in Verwaltung, Politik und Militär, aber auch seine Frau erfüllte eine (eher informelle) Funktion im gesellschaftlichen und sozialen Bereich, die ganz dem Rollenbild von weiblicher Fürsorglichkeit entsprach.
„Tiefbewegt dankte Graf Vetter für die ihm zuteil gewordenen Ehrungen und betonte, wie sehr auch ihm der Abschied von seinem Bezirke und der hiesigen Bevölkerung nahegehe.“ Und als sich tags darauf die ihm untergebenen Beamten von ihm verabschiedeten, konnte er darauf nur „mit tränenerstickter Stimme“ antworten. Die Gemeinden Mils, Imsterberg, Karres, Karrösten und Gramais ernannten Vetter im übrigen zum Ehrenbürger.
Ach ja, laut Umschlag befindet sich Linda – in durchwegs wandertauglichem Outfit – auf dem obigen Bild auf der Landecker Straße. Nicht sehr passend! Schließlich führte der Weg 1905 von Imst zurück nach Innsbruck.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-Pl-621; anno.onb.ac)
Ist das nicht der Abschnitt zwischen Zams und Starkenbach, der heute von der Autobahn als verfallener Rest am Hang noch erkennbar ist? Die Neubaustrecke verläuft in einem Tunnel, ich weiss allerdings nicht, wann der gebaut worden ist. Die Autobahn von Schönwies bis Zams wurde 1984 fertiggestellt.
Nein, Sebastian, das stimmt nicht – siehe meinen Eintrag um 21:20
Das war eine richtige Überraschung für einen Wahlimster aus Innsbruck: Diese herrliche Aufnahme vom „Imster Gstoag“ und dazu die sehr interessante, aufschlussreiche Geschichte, warum unsere Linda bei uns in Imst war!
Für die Nicht-Oberlandler: Linda befindet sich hier auf der Straße von Imst nach Landeck und zwar schon auf dem nach Mils und damit in den Talboden absteigenden Abschnitt. Diese Trassenführung ist heute noch gleich, die B 171 Tiroler Straße wurde nur verbreitert und etwas begradigt. Das „Gstoag“ ist berüchtigt wegen der zahlreichen Steinschläge, es ist ratsam, hier sehr vorsichtig zu fahren!
Die Blickrichtung ist nach Osten, also in Fließrichtung des darunterliegenden Inns. Zwischen Bergfuß und Inn führt heute die Autobahn A 12, die Richtungsfahrbahn Arlberg sogar in einer Steinschlaggalerie. Herrlich sieht man die noch intakte Imster Au am Talboden rechts.
Zu den Bergen: Der spitze Berg links ist der Tschirgant (2.370 m), der das Imster Becken beherrschende Inselberg mit wunderbarer Rundsicht, zwischen dem Inntal und dem Gurgltal gelegen. Ganz rechts sieht man den ersten Dreitausender des Ötztales (der allerdings in den Stubaier Alpen liegt), den Acherkogl (3.007 m). Rechts vom Berg in der Mitte, dem Pirchkogel (2.828 m), liegt Kühtai. Am Fuße des Acherkogel fließt die Ötztaler Ache zum Inn, zwischen dem ersten bewaldeten Bergrücken vorne rechts und dem zweiten Bergrücken (die gehören nun schon zu den Ötztaler Alpen) die Pitztaler Ache.
Schadet nicht, wenn die Stadtler ein bissl etwas vom Oberland lernen!!
Danke für den Beitrag, Herr Bürgschwentner!
Danke für die Korrektur! (War meine 2. Vermutung)
Rätselhaft ist das horizontal verlaufenden Feldhölzband oberhalb der Imsterau. Mittlerweile liegt es zur Gänze im Wald und ist ein Forstweg der beim KW Imsterau beginnt und zum Gewerbgebiet Arzl i.P. führt. Ich hatte den Verdacht es könnte ein Waal sein, aber das Längsprofil des Forstwegs sieht nicht so aus.
Auch mir ist dieser damals noch so gut sichtbare Weg sofort aufgefallen. Ich war gestern am Imster Gstoag und habe versucht, ein Foto mit dem gleichen Aufnahmestandpunkt zu schießen. Ich habe es Herrn Bürgschwentner bereits übermittelt. Ich konnte dabei auch feststellen, dass diese Hangwiesen im Bereich des Arzler Waldes mittlerweile alle zugewachsen sind.
Eine Frage, Herr Schönherr: Haben Sie Imster Beziehungen, da Sie sich hier so gut auskennen?
Ich bin gern im Oberland unterwegs. Nicht nur im Raum Imst.
Danke, Herr Schönherr, für die Antwort! Warum ich (etwas scheinheilig) gefragt habe? Der Amtsdirektor der Stadtgemeinde Imst, also unser höchster Beamter, schreibt sich auch Martin Schönherr – deshalb!
http://www.imst.tirol.gv.at/system/web/person.aspx?typ=211&letter=S&menuonr=219119344
Eine Richtigstellung noch – bevor mich die Milser köpfen und vielleicht noch sagen: „Du Zuagroaster, geah oi von wo herkimsch“ (natürlich im Oberländer Dialekt). Es ist das MILSER GSTOAG! Eh klar eigentlich: Die Steigung geht von Mils herauf, dann geht es eh fast eben nach Imst