skip to Main Content
#bilderschauen --- #geschichtenlesen --- #gernauchwiederimarchiv
Ein Velodrom In Innsbruck?

Ein Velodrom in Innsbruck?

In meinem letzten Beitrag über den Kunstradfahrer Felix Brunner ist mir mehrfach ein Velodrom in der Anichstraße untergekommen, das mir bis dahin vollkommen unbekannt war. Grund genug, dem etwas auf den Grund zu gehen.

Als Velodrome werden in der Regel Radrennbahnen bezeichnet, diese können im Freien oder auch in Hallen sein (analog zu Hippodrom oder Autodrom). Solche Velodrome entstanden besonders ab den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts parallel zum ersten Fahrrad-Boom. In Innsbruck gab es seit 1896 eine Radrennbahn im Saggen, die jedoch in den Wintermonaten nicht benützt werden konnte. Daher eröffnete im Winter 1898 der umtriebige Geschäftsmann Anton Schlumprecht auch eine Winterbahn – das in der Einleitung genannte Velodrom in der Anichstraße 36. Dieser Bau war dabei Teil einer umfangreichen Marketingstrategie, um seine Veldidena-Fahrräder besser vermarkten zu können.

Errichtet wurde die Halle von Olga Heid (geb. Walter). Diese brachte im März 1898 beim Magistrat das Gesuch ein, auf dem dem ihr gehörenden Grund zwischen den Häusern Anichstraße 36 und Innrain 37 eine „Fahrradhalle“ bauen zu dürfen. Leider sind die entsprechenden Pläne hierfür nicht erhalten, ein paar Details zum Vorhaben gehen aber aus einem Protokoll einer Begehung mit der Bauwerberin, den Anrainern und dem Sachverständigen des Magistrats (Stadtoberingenieur Klingler) hervor: Die Halle sollte einen bestehenden Schankgarten ersetzen. Außerdem sollte die Halle gemauerte Außenwände und eine hölzerne Dachkonstruktion erhalten sowie mit elektrischem Licht versehen werden. Von Seiten des Bausachverständigen gab es keinerlei Einwände, lediglich bei der Ableitung von Regenwasser mussten die Pläne noch etwas nachgebessert werden.

Mit dem Bau wurde daher umgehend begonnen und schon im Dezember 1898 stellte Heid das Ansuchen, die Halle benützen zu dürfen. Auch hierzu war wieder eine Begehung erforderlich, diese erfolgte am 17. Dezember. Hierbei wurde lediglich die fehlenden Schneefänge am Dach bemängelt, ansonsten aber war aber „gegen die Benützung der Halle vom techn. Standpunkte nichts einzuwenden“. Diese beanstandeten Mängel wurden rasch behoben, sodass mit Beginn des Jahres 1899 die Halle tatsächlich in Betrieb gehen konnte, wobei Anton Schlumprecht für den Betrieb verantwortlich war.

Inserat zur Eröffnung der Halle – die geplante Eröffnung konnte wegen der noch fehlenden behördlichen Abnahme des Baus allerdings nicht wie geplant, sondern erst einige Tage später erfolgen. (IN, 7.12.1898)

Schlumprecht warf in den kommenden Monaten die Werbemaschinerie für das Velodrom an: er bot dort Fahrradkurse an und schuf auch die Möglichkeit, sich vor Ort Räder auszuleihen. Mit Felix Brunner und dessen Frau engagierte er außerdem einen Fahrlehrer. Allerdings scheint dem Unternehmen kein großer Erfolg beschieden gewesen zu sein – so wie im Übrigen der Fahrradproduktion von Anton Schlumprecht.

Schon im kommenden Juli, als die Produktion von Veldidena-Fahrrädern in Wilten schon eingestellt war, scheint dann auch eine neue Betreiberin für die Halle auf: A. Polheim. Dabei handelte es sich wohl um Therese Anna Polheim, die Besitzerin der „I. Fahrrad-Leih-, Reinigungs- und Aufbewahrungsanstalt“, die ihr Geschäft von der Leopoldstraße in die Anichstraße verlegte. Allerdings scheint auch dies nur eine Episode gewesen zu sein, im folgenden Jahr annoncierte unter der Adresse des Velodroms dann nämlich Hugo Bohrer mit seiner „I. Innsbrucker Auction- und Commissions-Waren-Handlung“ – in der er unter anderem die Restbestände der Veldidena-Fahrradfabrik verscherbelte.

Das weitere Schicksal der Halle erschließt sich dann aus einem Bericht in den Innsbrucker Nachrichten vom März 1903. Dort berichtet Ferdinand Billot, dass er im Auftrag des Innsbrucker Stadtpfarrers Johann Kometer (aber mit eigenen Mitteln) die Halle gekauft habe und zu einem Versammlungsort des katholischen Arbeitervereins umbauen ließ. Zu Ehren von Papst Leo XIII. wurde der Veranstaltungsort Leosaal genannt. Ein Foto desselben dient als heutiges Titelbild. Der Saal wurde im folgenden vor allem als Theaterbühne verwendet. 1956 wurde der Saal schließlich zu einem Kino umgebaut und verpachtet und ist heute als Leokino wohl Allen ein Begriff.

Die Geschichte der ersten Fahrradhalle in Innsbruck war damit eine äußert kurze, nur ein knappes Jahr wurde sie tatsächlich als solche genutzt. Daher verwundert es auch nicht, dass es keine Fotos davon gibt. Leider muss daher auch offenbleiben, wie Fahrradhalle im Inneren genau ausgehen haben mag. Der Bau des Velodroms zeigt aber, wie sehr der Fahrradboom um 1900 auch unterschiedlichste (gute oder schlechte) Geschäftsideen befeuerte.

Olga Heid hat im Übrigen (wohl mit dem Geld aus dem Verkauf der Immobilien in der Anichstraße und am Innrain) die Pension Schönruh in Amras eröffnet, die dann deutlich erfolgreicher war.

(Stadtarchiv Innsbruck Bau 1011/1899; Titelbild Sommer_6-94)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar
  1. Daneben gibt’s noch das Hypodrom (nicht zu verwechseln mit dem Hippodrom, wie Herr Hirsch sicher bestätigen kann), das Laserdrom, das Aerodrom, das Loxodrom (auch Lodrom genannt, in Innschbruckch gab’s ja den Lodromischen Hof), das Palindrom (mein Lieblingsdrom) und ganze Häufn andere -droms, wie z.B. das Edardrom (umgangssprachlich auch Drom-Edar genannt) hi hiii…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top
×Close search
Suche