Map Stories: #Baulandgewitter
Das Thema Wohnen erregt die Gemüter, das ist mittlerweile selbst fast schon so eine Binsenweisheit wie das seit Jahrzehnten plakatierte und versprochene „Leistbare Wohnen“. Wenn Sie am vergangenen Freitag auf Ö1 die Sendung punkt.eins gehört haben, mit einer österreichischen Expertin zum Sozialen Wohnbau und einem bundesdeutschen Verfechter des Neoliberalismus, dann wissen sie allein schon aus dieser Sendung, wie weit hier die Wunschvorstellungen auseinanderliegen können. Der Markt soll es regeln, sagt der Think-Tank, die Politik muss es lösen, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt hier nur die Resignation, nicht wie bei Meister Erich Fried, die Liebe.
Wir haben vor 10 Tagen eine neue Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum eröffnet („Suche Wohnung! Von der Baracke zum Leerstand„), die sich Montag-Freitag 9-17h dieser Thematik in unserer Stadt zuwendet. In den kommenden Wochen werden Sie hier davon noch mehr lesen und wir laden Sie natürlich auch alle herzlich ein, sich die Ausstellung anzusehen.
Eines der brandaktuellen Themen der Stadt ist diese Geschichte mit den Vorbehaltsflächen. Von der Politik forciert, von den Eigentümer:innen gefürchtet und bekämpft. Leider muss sich der Soziale Wohnbau immer zuerst zentimeterweise in die Zustimmung der Grundbesitzer:innen vorarbeiten, auch wenn diese zwar wissen, dass sie Baugrund besitzen, aber bisweilen ein wenig so tun, als hätten sie noch nie gehört dass man darauf auch Häuser bauen kann und soll.
In der Ausstellung bemühen wir uns, mit historischen Analogien die Probleme der Gegenwart zu verstehen. Das ist manchmal bedrückend, wenn man die Wohnungsnot der Nachkriegszeiten beleuchtet und manchmal frappant, wie sich die Gemeinderatsdiskussionen zum Wohnen der letzten 100 Jahre verblüffend ähneln.
Die Karte des Titelbilds dieses Beitrags ist vor 50 Jahren entstanden (und kann hier interaktiv gestartet werden). Die darin gestellte Schlüsselfrage ist, verblüffend aktuell: Wo ist überhaupt unbebautes gewidmetes Bauland? Die Antwort ist natürlich nicht mehr dem heutigen Planstand entsprechend, dafür genügt ein kurzer Blick auf die Hungerburg, das seinen städtebaulichen Weg per cortenstählernem Villenblockbau eher als Antithese zum leistbaren Wohnen genommen hat. In der Höttinger Au sind die Kartoffelstreifen der Innsbrucker Gärtnerfamilien mittlerweile tiefgaragenunterkellerten Reihenhauszeilen gewichen; in Sadrach und Hötting wurde seither jedes Fleckerl bebaut, die Hinterwaldnerstraße ist für Menschen, die dort 1976 arglos in die Höttinger Volksschule spazierten, heute (architektonisch gesprochen) ein gar arges visuelles Durcheinander aus Altbestand, Baumeisterfantasien und Großmannssucht.
Die offenen Gewerbeflächen der Rossau sind mittlerweile versiegelt, mit Ausnahme des Baggersees werden die Häuser und Plätze dort genützt und nicht geliebt. Irgendwann wird ja vielleicht eine zwei- oder dreistöckige Variante mit Wohnraum die jetzt meist einstöckigen Hallen ersetzen. Jedenfalls gibt es da eine wirklich lässige Grätzelverschönerungskommission, die das Thema klug, langsam und demokratisch angeht.
Als Wiltener ist man versucht, sich die lokalen roten Polygone genauer anzusehen. Ganze drei davon versprechen Bauland in Veldidena. Auf einem (ehemaliger Tyrolia-Parkplatz in der Lieberstraße) hat gerade die Strabag unter dem für Kenner der Ecke etwas holprigen Motto „Zwischen Bergpanorama und Goldenem Dachl“ frei finanzierte Wohnungen fertiggestellt (bzw. letzte Woche first gefeiert). Der zweite Parkplatz ist jener der TIWAG, der zwar vielbefahren aber noch unbebaut ist, und, wenn sich die Anrainer:innen durchsetzen, einem Park Platz machen sollte (gegenüber dem Landesarchiv, was die Mittagspausen für Historiker:innen natürlich verschönern würde). Das dritte Fleckerl ist auch gerade in den Medien, da die Seniorenresidenz Veldidena aus nur ihr bekannten Gründen ihr Geschäftsmodell beendet und ihre monatlich mehrere tausend Euro zahlenden hochbetagten Kunden zeitnah hinauswirft.