„Brechen wir aus!“
Vielleicht haben Sie ja am kommenden Dienstag den 4. Februar abends noch nichts vor? Wir präsentieren um 18 Uhr im Plenarsaal des Rathauses (6.Stock) ein neues Buch, an dem wir jetzt ein gutes Jahr gewerkt haben. Der Bericht von Leokadia Justman über ihre Flucht und Rettung in Tirol wird nun endlich in deutscher Übersetzung vorgelegt. Der Band erschien gerade im Tyrolia Verlag und in unserer stolzen Reihe des Stadtarchivs als Band 81 der Neuen Folge. Eine Anmeldung für den Abend ist nicht nötig…
In einem interdisziplinären Forschungsprojekt der Universität Innsbruck wurde bereits vor einem Jahr begonnen, die Geschichte wissenschaftlich aufzubereiten. Dabei wurde zunächst buchstäblich jede Silbe des Textes umgedreht und alle darin genannten Personen und Bezüge zu Ereignissen der Stadtgeschichte verifiziert. Die Kurzfassung dieser Forschung ist, dass sich Leokadia Justman in ihrem gleich nach dem Krieg in ihrer polnischen Muttersprache aufgeschriebenen Text penibel an Namen und Fakten erinnert und so gut wie keine Namen verändert oder verschleiert hat. Somit wird ihr Buch zu einer Quelle, die auch deshalb einzigartig ist, weil es der ausführlichste Eigenbericht einer in Innsbruck verfolgten und mit dem Tod bedrohten jungen jüdischen Frau ist, den wir haben.
Damit noch nicht genug, haben wir rund um das Buch auf Initiative des Kulturamtes des Landes Tirol und mit hervorragender Unterstützung aus Politik und Verwaltung eine Ausstellung über Leokadia Justmans Bericht im ehemaligen Gauleiter-Hofer-Zimmer gestaltet. Diese ist bis zum Nationalfeiertag jeweils Montag bis Freitag 9-17 Uhr frei zugänglich und platziert die Geschichte an bekannten und vergessenen Orten des Stadtgebiets. Unter anderem wurden die Gebäude des Polizeigefängnisses rekonstruiert, die mit Plänen aus dem Stadtarchiv und auch der genauen Schilderung der dort fast ein Jahr lang inhaftierten Leokadia Justman. Dort fiel am 18. Jänner 2025 auch der Satz, der nun im Titel des Buches zu finden ist: „Brechen wir aus, Marysia!“
Vergangenen Montag wurden im Landhaus am 27.1., dem internationalen Holocaust-Gedenktag im Beisein dreier Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde bereits erstmals das Buch präsentiert und die Ausstellung von Landeshauptmann Anton Mattle eröffnet; auch die Familie war anwesend, Sohn Jeffrey und die Enkel Justin und Brandon Wisnicki sind mit ihren Ehepartnerinnen aus Amerika gekommen.
Vieles im Buch von Leokadia Justman ist versöhnlich und sie räumt ihren großteils aus unerwarteter Richtung kommenden Helfer:innen aus Innsbruck viel Platz ein. Aber es ist natürlich auch ein Augenzeuginnenbericht über das sinnlose Morden des NS-Regimes, beide Eltern von Leokadia wurden, nur weil sie Juden waren, von den Nazis umgebracht. Ihr Vater Jakob Justman, dessen Namen man auf dem jüdischen Friedhof in Innsbruck finden kann, der aber auch auf dem Widerstands-Erinnerungszeichen auf dem Landhausplatz-Denkmal steht, wurde im Innsbrucker KZ Reichenau von einem Wärter erschlagen. Sein vom Lagerarzt Alois Pizzinini ausgestellter Totenbeschau-Befund im Innsbrucker Stadtarchiv ist, was die Todesursache betrifft, natürlich gefälscht.