Na dann Prost!
Den Winter 1937/38 verbrachte der Sohn des bekannten Innsbrucker Malers Anton Grubhofer (1855-1935) in Kopenhagen. Am 2. Jänner 1938 setzte sich Anton Grubhofer jun. (1900-1976), der sich auch Antonio Grubhofer-Mingotti nannte, an seine Schreibmaschine, um seiner in Innsbruck lebenden Mutter einen ausführlichen Brief zu schreiben. Darin schilderte er durchaus launig, wie er das Weihnachtsfest verbracht hat:
Ich habe also Weihnachten bei Dr. Kirstensens sehr nett verbracht. Ich war schon um zwölf Uhr zum Frühstück dort, dann fuhren wir in die Kirche, wo ein protestantischer Weihnachtsgottesdienst stattfand. So was ist für unsere katholischen Begriffe ziemlich stimmungslos, dafür sind aber die protestantischen Kirchen schön geheizt und das ist auch was wert. Um 6 Uhr war dann das Weihnachtsmittagessen Sahnemilchreis, man kann dagegen nichts machen und in einem Teller ist eine Mandel für die man was kriegt. Die Mandel hatte nat[ürlich] ich und ich bekam einen schönen Bleistift. Weiterhin gab es Gans mit Umgebung [sic] dazu reichlich alkoholische Flüssigkeiten. Giesst man diese hinter die Binde, muss man immer den Hausherren und [die] Hausfrau anschauen, verbindlich lächeln, was man schon zusammenbringt, wenn der Wein gut ist und Skaal sagen. Man kann also nicht so ungeniert darauf los saufen, wie bei uns, eine gewisse Etikette muss eingehalten werden. Da aber der Hausherr nachdem man ihn angesakaalt hat sehr bald wieder zurückskaalt, worauf man selbst wieder nicht umhin kann etc. etc., so kommt man schon auf seine Rechnung und sauft sich ganz nett durch. Das Endstadium wird hier mit Björn bezeichnet d. h. Bär und kommt dem in den südlichen Regionen vorkommenden Affen gleich. Um in der Weihnachtsgeschichte fortzufahren fand also nach dem Frass die Bescherung statt. Alles giebt sich im Zimmer, in dem der Baum steht, die Pfoten und macht einen nicht enden wollenden Ringelreigen um den Juletrae [sic] unter Absingung von Weihnachtsliedern mit allen Strophen. Ich brummelte nat[ürlich] auch mit und betrachtete die Sache als eine zweckmässigen Verdauungsspaziergang. Unser liebes „Stille Nacht“ darf natürlich nicht fehlen, allerdings wird es Dänisch gesungen. Endlich also die Bescherung, die durch den Jubel der jüngsten, zehnjährigen Tochter Seelige [sic] hervorrief. Ich bekam dänische Bücher auf Wunsch und Zigarren. Kaum hat sich der Tumult in Darmsta [sic] einigermassen gelegt, geht schon ein neuer los, indem man sich zu einem sich biegenden Tisch mit Smörrebrod setzt. Darunter hat man sich überdimensionale Sandwiches, besser Apetittbrote vorzustellen, deren Belag die Phanstasie der Hausfrau zu unerherhörten Exzessen aufstachelt. Von diesem Smörrbrot [sic] lebt man in Skandinavien zu 9 [sic]. Dazu giebt [sic] es herrlichen Kaffee und eine Menge Kuchen; an dieser Fresserei, die immer um halb zwölf Uhr nachts stattfindet, kann der normale Mitteleuropäer nur mit Ächzen und Stöhnen konkurrenzfähig teilnehmen, ich habe schon bei manchem Essen in Gesellschaft die unerhörte Fressfähigkeit smarter schlanker Damen bewundert und sie in Verdacht gehabt, dass sie sich eines externen Magensystems […] bedienen, ein Blick unter den Tisch hat mich aber überzeugt, dass dem nicht so ist. Den Neujahrsabend, an dem ich 4fach eingeladen war, an dem ich aber nur 2 Einladungen annahm, verlief ähnlich, stellte aber noch grössere Anforderungen bzgl. der Bewältigung von Kompaktem und Flüssigem.
Der oben abgebildete Weihnachtsgruß eines „Brummbären“ stammt zwar nicht von Anton Grubhofer junior. Nach der Lektüre seines Briefes würden wir ihm aber ohne weiteres so eine launige Weihnachtskarte zutrauen. Jedenfalls wünsche ich Ihnen schon jetzt (und ganz ohne Brummen) ein frohes Weihnachtsfest und erholsame Feiertage! Lassen Sie es sich gut gehen 🙂
StAI, Teilnachlass Sophie Grubhofer.
Titelfoto: StAI, Ph-26650.
Hi hi, echt witzig, der Brief…