Patrozinien in und rund um Innsbruck V – Der Hl. Martin von Tours – Nachtrag
Zum Beitrag zum Hl. Martin in Vill braucht es noch einen Nachtrag: Beim Titelbild handelt es sich um eine Darstellung des Hl. Martin von Tours in Vill. Die Leser*innen H.S. und K.H. identifizierten das Fresko als eine Abbildung, die sich in der alten Gluirschkapelle befindet. Die beiden Abbildung haben tatsächlich eine besondere Ähnlichkeit, allerdings handelt es sich nicht um dasselbe Bild.
Zur Verwirrung führte die von mir verwendete Bezeichnung „Kriegerkapelle“. Das kam so: Das Bild, das ich im Beitrag verwendet habe, wurde zu Beginn der 1970-er Jahre von Franz-Heinz Hye aufgenommen und gelangte 1973 in den Bestand des Stadtarchivs. In unserer Datenbank vermerkt ist Kriegerdenkmal in Vill. Wie man hier am Bild sehen kann waren damals noch links und rechts Bronzetafeln angebracht, die vermutlich die gefallenen Krieger Vills auflisten. Heute sind diese offenbar anders platziert (siehe hier). Es handelt sich natürlich mehr um einen Bildstock als eine Kapelle. Dieser ist in die Friedhofsmauer integriert und befindet sich gegenüber dem ehemaligen Gasperer Hof, Viller Dorfstraße 4. Das Gemälde des Hl. Martin stammt laut Kunstkataster aus der Kunstanstalt Adolf Vogl und wurde 1877 angefertigt.
(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-8166)
Also Herr/Frau H.S., gell, so pflanzen lassen wir uns nicht nocheinmal, gell? 🙂
Lustiger Weise ist das obere Bild auch nicht das, welches jetzt in der Kapelle prangt, der Rahmen ist anders und entspricht genau dem Gluirschen Model, Leider kommt man mit Google Maps nicht besser heran. Aber für den Vergleich reichts.
https://postimg.cc/dLxzc2bm
Ich hoffe, meine Entrüstung wurde als gespielt erkannt.
Es ist schon auffällig, wie sich diese beiden Bilder aufs Haar zu gleichen scheinen. Da ist nicht eines dem anderen so ungefähr ähnlich nachgemalt worden. Die Verbindung zwischen beiden wäre interessant. Leider habe ich die Größe des Bildes in der Gluirschkapelle nimmer in genauer Erinnerung, aber es tät mich nicht wundern, wenn auch hier eine Identität bestünde. Wenn der Künstler im Jahr 1888 geboren wurde, dann stand zur Zeit der Erschaffung des Bildes auch schon die Kapelle am Gluirschhof, Hat dem Gluirschbauer der Martin in Vill so gefallen, daß er es für sich auch haben wollte? Kam das eine zeitnah nach dem anderen oder hat man gleich zwei identische Bilder in Auftrag gegeben. Ein Jahr drauf hätte es der Künstler vielleicht anders gestaltet. Kleines Zusatzrätsel.
Jedenfalls spannend – diese Zwilligsbilder.
Kunstanstalt Vogl? Was wissen wir darüber?
Ohne irgend jemanden verdächtigen- – oder gar falsche Gerüchte verbreiten – zu wollen : Eine kleine Erinnerung aus der Kinderzeit. Da gabs eine Mappe mit Bildern zum Anschauen. Alles Mögliche. Bunt gemischt.
Darunter auch ein glänzendes farbiges Bild – die Oberfläche leicht relief-iert – ein die Augen zum Himmel schlagender dornengekrönter Christuskopf.
Mir wurde erklärt: Nein, das sei kein gemaltes Bild, sondern ein Öldruck….
….und gleich darauf kam die Geschichte von einem Künstler, der solche Öldrucke mit Ölfarbe und Pinsel noch ein bißl „ausgebessert“ – und als ORIGINALE verkauft habe…
Mich macht die Bezeichnung „Kunstanstalt“ stutzig – und diese Gleichheit der Bilder.
….oder wir holen uns einfach Rat und Erklärung vom Kunst-und-Krempel – Sachverständigen aus Wien, Dr.Herbert Giese – der hat schon manches alte „Gemälde im Familienbesitz“ als Öldruck identifiziert.
Ich bin zwar kunsthistorisch unbedarft in allen Dingen, die die Spätantike überschreiten, aber ich wäre hier eigentlich auch bei Frau Stepanek. Ich könnte mir vorstellen, dass der Hl. Martin zeitweise so in Mode war, dass sich Massenproduktion schon rentiert hat. Der gute Mann ist ja doch einer der ganz Großen.
Im Buch von Reinhard Rampol(Hrsg.) „Heilige Gräber in Tirol“ habe ich auf Seite 263 einen interessanten Hinweis gefunden:
„Die einzelnen Gräbertypen wurden in Katalogen vorgestellt. „Gräberkataloge“ gab es beispielsweise bei der Anstalt für kirchliche Kunstarbeiten von Adolf Vogl in Innsbruck, auch die nordmährische Firma Zbitek aus Olmütz..usw.“
(Womit ich schon wieder bei „Kunst und Krempel“ wäre. Da wurde einmal so ein „süßes“ Schlafzimmerbild
präsentiert – mit der Bemerkung „Ja, man wisse wohl, daß das nur ein Druck sei…“, aber da müßte es doch vorher ein Original gegeben haben, das dann eben vervielfältigt worden sei – und man hätte so gerne den Namen des Künstlers gewußt und ob vielleicht ein Original von diesem Künstler noch irgendwo…
Die Antwort damals: „Fragen Sie in einer Kunsthandlung nach alten Katalogen, in denen diese Bilder angeboten worden sind, denn da könnten Sie eventuell….“
Na ja, fragen kann man ja – dachte ich mir und rannte in die nahe Rahmenhandlung – ob nicht vielleicht…
– aber – leider – die hatten in den 50-er Jahren noch diese Bilder mit Madonnen in rosarot und himmelblau im Schaufenster – und durchwegs blondgelockte Jesuleins – aber – nein – alte Kataloge – jedoch habe er einmal gehört, das seien Mönche gewesen, welche diese später tausendfach vervielfältigten Bilder damals gemalt hätten.
Ja, das hat jetzt nichts mehr mit dem Hl. Martin zu tun, wohl aber mit dem Kunstgeschmack und -handel in der 2. Hälfte des 19.Jhdts bis – sagen wir… 1955… ungefähr um diese Zeit war der ganze Spuk verschwunden.
Man sollte in diesem Buch auch die „Künstlerbiographien“ nachschlagen.
Seite 321, Vorletzter auf dieser Seite:
ADOLF VOGL (1850 – 1925)
Adolf Vogl, der eine Lehre als Buchhändler absolvierte und zunächst als Vertreter für Andachtsgegenstände arbeitete, führte seit 1896 in Hall in Tirol eine Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten, in der er verschiedene Tiroler Künstler wie Paul Costa, Peter Pizzinini, Hans Lechner oder Andreas Crepaz beschäftigte Die Kunden konnten Altäre, Statuen Heilige Gräber (wie jenes in Grins) per Katalog bestellen.
Aus Vogls Werkstätte stammen z.B. die Hochaltäre von Stumm im Zillertal, Thaur, Mieming, Kaltern und Haiming.
Langsam seh ich die Sache so: Die Kunstanstalt Vogl lieferte sakrale Kunst als Meterware zum Kilopreis. Das wußten die Kunden auch und fühlten sich nicht betrogen, sondern freuten sich über das im Vergleich zur Arbeit eines „richtigen“ Künstlers nicht ungünstige Angebot. Vielleicht war es im Doppelpack noch billiger. Dem mit dem Viller Geschehen sicher vertrauten Bauern vom Gluirschhof gefiel das Bild „Des mecht i a!“, und die Gemeinde hatte auch nichts dagegen.
Hätte nicht gedacht, welche Kreise das zieht, als ich damals das Foto schoss.